Fast niemand ist sich rechtlich sicher, aber fast jeder hat mindestens eine Blitzer-App auf dem Handy. Ist das erlaubt oder nicht? Hier klären wir die wichtigsten Fragen.

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Die Polizei kontrollierte letzte Woche verstärkt in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern. Hier checken, wie es gelaufen ist!

Sind Blitzer-Apps während der Fahrt verboten?

Blitzer-Apps sind im Straßenverkehr während der Fahrt nicht erlaubt. Das steht so, oder zumindest so ähnlich, in der Straßenverkehrsordnung:

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen. Bei anderen technischen Geräten, die neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden können, dürfen die entsprechenden Gerätefunktionen nicht verwendet werden.

Übersetzt bedeutet das: Alles, was vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen warnen kann, darf während der Fahrt nicht benutzt werden. Egal ob es sich um stationäre oder mobile Blitzer handelt. Elektronisches „Schmiere-Stehen“ ist also nicht. Ganz nach dem Motto: Wer zu schnell fährt, muss auch mit dem Knöllchen leben.

Darf der Beifahrer eine Blitzer-App während der Fahrt benutzen?

Der Fahrer selbst darf also keine Blitzer-Apps bei der Fahrt benutzen, der Beifahrer aber schon und die Warnung weitergeben oder? Auch hier gibt es ein ganz klares Nein. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat im Februar 2023 entschieden, dass auch dieses Szenario verboten ist. Denn sobald die Mitfahrenden die Infos der Warnapp dem Fahrer mitteilen, ist es rein rechtlich genau so, als würde der Fahrer direkt die Warnapp nutzen.

In dem vorliegenden Fall lag das Handy mit der App auch noch in der Mittelkonsole zwischen Fahrer und Beifahrerin. Der erwischte Fahrer schob es schnell zur Beifahrerin rüber, was die Polizei überhaupt erst darauf aufmerksam gemacht hat. 

Die Hintergründe zu dem Fall lest ihr bei unseren Kollegen von SWR-Aktuell:

Heidelberg

Urteil Oberlandesgericht Karlsruhe Heidelberger muss zahlen: Blitzer-Apps auch für Beifahrer verboten

Die Nutzung einer Blitzer-App ist auch für Beifahrer verboten. Das hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden. Das Gericht wies damit die Klage eines Mannes aus Heidelberg ab.

Welche Strafen drohen für Blitzer-Apps?

Wer Blitzer-Apps benutzt, kann damit sogar das eigene Punktekonto belasten: Für die Ordnungswidrigkeit gibt es einen Punkt und ein Bußgeld in Höhe von 75 Euro. Mit einem Anfangsverdacht auf eine Blitzer-Warnapp darf die Polizei auch das Handy kontrollieren – der könnte zum Beispiel durch einen Warnton oder die sichtbar geöffnete App entstehen.

Auf Nachfrage teilten die Innenministerien in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz mit, dass auch bei jeder Verkehrskontrolle ganz allgemein auf Radarwarngeräte geachtet würde. Nach den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes aber eher mit mäßigem Erfolg. Im vergangenen Jahr hat die Polizei in beiden Bundesländern insgesamt 272-mal die Nutzung von Radarwarngeräten festgestellt. Zum Vergleich hat die Polizei in beiden Bundesländern zusammen 102.834 Handyverstöße beim Autofahren registriert.

Kann man Blitzer-Apps auch legal verwenden oder gibt es Alternativen?

Alternativen sind auf dem Markt schnell zu finden – extra dafür ausgelegte elektronische Helfer beispielsweise, die man im Auto montieren kann. Aber auch hier greift der Auszug aus der Straßenverkehrsordnung: Was direkt vor Verkehrsüberwachsungsmaßnahmen warnen soll, darf nicht genutzt werden. Der Besitz ist grundsätzlich aber nicht verboten.

Eine legale Alternative sind ironischerweise: die Blitzer-Warnapps. Noch vor der Fahrt kann man bei vielen Apps die Strecke kontrollieren – und das ganz legal. Die Standorte müsste man sich dann allerdings merken. So wird eine ähnliche Situation wie bei den Hinweisen im Radio geschaffen: Den ungefähren Standort eines Blitzers zu erfahren, ist okay. Unmittelbar davor gewarnt zu werden, eben nicht.

Eine andere Lösung können Navis sein: Viele Navigationssysteme messen automatisch die eigene Geschwindigkeit. Wer kein Knöllchen riskieren möchte, kann sich so also selbst kontrollieren. Schneller als erlaubt zu fahren, fällt dann aber weg.

Und was sowieso immer geht: Radio hören. Dort dürfen Blitzerstandorte ja genannt werden.

Warum darf das Radio vor Blitzern warnen?

Vor allem zwei Punkte unterscheiden die Blitzermeldungen aus dem Radio von denen der App:

  1. Die Genauigkeit: Im Radio kann eine ungefähre Umgebung genannt werden, selten aber auf den Meter genau der Standort. Die App ist hier viel genauer.
  2. Die eigene Position: Bei den Blitzerwarnungen aus dem Radio spielt es keine Rolle, wo man sich selbst in dem Moment aufhält. Die direkte Verbindung zwischen der eigenen Position und dem Standort des als nächstes kommenden Blitzers fehlt also.

Alexa Sinz ist Pressesprecherin vom ADAC Nordbaden. Sie findet die Regelung gut: „So wird generell Transparenz geschaffen und der Eindruck heimlichen Abkassierens vermieden.“ Auch ein Sprecher des Innenministeriums äußert sich gegenüber den BNN ähnlich:

Dadurch werden Autofahrer sensibilisiert. Zudem zeigt es, dass die Polizei am Ball ist und Tempoverstöße ahndet. Das wirkt präventiv.

Wie sieht es mit Funkknöpfen für Blitzerwarn-Apps aus?

Kurios ist die Lage bei den Funkknöpfen, die ins Auto geklebt und mit denen per Tastendruck Blitzer an die Warnapp gemeldet werden können. Man könnte meinen, dass sie speziell dazu ausgelegt sind, während der Fahrt genutzt zu werden. Auf Anfrage dazu sagte das Innenministerium von Rheinland-Pfalz, dass während der Fahrt die Blitzer-Warnfunktion ausgeschaltet sein müsse, aber über diese Knöpfe auch Stau- und Gefahrenstellen gemeldet würden.

Der Hersteller hebt auch hervor, die Verkehrssicherheit steigern zu wollen, indem vor Gefahrenstellen gewarnt werden. Werbeslogans, die damit werben, dass die Geräte helfen können, Strafzettel zu vermeiden, machten aber den eigentlichen Einsatzzweck klar ...

Sind Blitzer-Apps im Ausland legal?

Aber im Ausland ist das mit den Blitzerapps sicher viel lockerer als in Deutschland, oder? Auf jeden Fall solltet ihr den Einsatz von Blitzerwarnern im Ausland gut überdenken, denn in einigen Ländern fallen die Strafen heftig aus:

  • Laut dem Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz in Kehl ist in Frankreich sowohl die Nutzung als auch das bloße Mitführen untersagt. „Findet die französische Polizei bei einer Verkehrskontrolle einen Radarwarner, ist ein Bußgeld von bis zu 1.500 Euro fällig und das Gerät wird sichergestellt.Das Verbot betrifft sowohl mobile Navis, im Auto integrierte Navigationsgeräte als auch Mobiltelefone mit Navigations-Funktion. Gegebenenfalls droht die Beschlagnahmung des Autos bei fest installierten Geräten.“ Lediglich Point-of-Interest-Warnungen, zu denen auch erweiterte Umkreise von stationären Blitzern zählen, sind möglich.
  • Auch in der Schweiz hat man schlechte Karten: Dort ist die Benutzung und sogar das „Inverkehrbringen“ solcher Geräte (und Apps) verboten, heißt es vom Bundesamt für Straßen.
  • Und jetzt die Ausnahme: In Österreich sind Blitzerapps rechtlich erlaubt. Allerdings dürft ihr keine Geräte verwenden, die Radargeräte oder Laserpistolen der Polizei stören.
  • In einigen Ländern sind wie in Deutschland allgemeine Points of Interest und Gefahrenhinweise erlaubt, in anderen generell untersagt. Points of Interest können in manchen Ländern auch stationäre Blitzer sein. In Deutschland ist eine Warnung vor stationären Blitzern ebenfalls nicht zulässig.

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