Bei dem internen Gespräch zwischen deutschen Bundeswehroffizieren ging es unter anderem um Taurus-Lieferungen an die Ukraine. Verteidigungsexperten sind besorgt..

In dem Gesprächmitschnitt unterhalten sich vier Bundeswehroffiziere darüber, ob es möglich sei, Taurus-Waffensysteme an die Ukraine zu liefern. Das Verteidigungsministerium geht davon aus, dass der Mitschnitt echt ist. Möglicherweise sei es aber nachträglich verändert worden.

Demnach fand die Besprechung über eine ungeschützte Leitung statt, bei der die Plattform Webex zum Einsatz kam. Betül Sarikaya fasst den Fall zusammen:

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Nachrichten Um was geht es bei den Taurus-Leaks?

Dauer

Das Verteidigungsministerium hat einen Abhörfall bei der Luftwaffe bestätigt. Russische Medien hatten zuvor den Mitschnitt eines Gesprächs von Bundeswehroffizieren verbreitet.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach der Veröffentlichung schnelle Aufklärung versprochen. Am Rande eines Besuchs im Vatikan sprach er von einer „sehr ernsten Angelegenheit“.

Das, was dort berichtet wird, ist eine sehr ernste Angelegenheit, und deshalb wird das jetzt sehr sorgfältig, sehr intensiv und sehr zügig aufgeklärt. Das ist auch notwendig.

Details zu Taurus-Debatte und brisante Äußerung über Verbündete

An dem Gespräch soll unter anderem der Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz teilgenommen haben. Ziel des Gesprächs war es wohl, danach Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) aufzuklären. Die Chefin des russischen Staatssenders RT, Margarita Simonjan, hatte den Audiomitschnitt veröffentlicht, das russische Staatsfernsehen hat die 38 Minuten lange Aufnahme in voller Länge gesendet.

In der Audiodatei ist zu hören, dass die Teilnehmer des Gesprächs unter anderem über die Frage sprechen, ob Taurus-Marschflugkörper technisch theoretisch in der Lage wären, die von Russland gebaute Brücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim zu zerstören.

Ein weiterer Punkt im Gespräch war, ob die Ukraine den Beschuss auch hinbekommen würde, wenn die Bundeswehr ihr nicht dabei hilft. Allerdings ist in dem Mitschnitt auch zu hören, dass es auf politischer Ebene kein grünes Licht für die Lieferung der Marschflugkörper gibt. 

Brisante Aussagen über britisches Militär

Es gibt aber auch weitaus brisantere Details in dem Gespräch zu hören. Unter anderem sprechen die Teilnehmer darüber, dass die Briten im Rahmen ihrer Storm-Shadow-Marschflugkörper „ein paar Leute vor Ort“ hätten.

In Großbritannien gibt es ohnehin gerade Ärger über eine Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Einige britische Politiker werfen ihm vor, Geheimnisse ausgeplaudert zu haben. „Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden“, sagte Scholz.

Was er genau damit gemeint hat, hat er nicht gesagt. Der Satz wurde aber von einigen so ausgelegt, als würden Franzosen und Briten ihre Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp in der Ukraine mit eigenen Leuten unterstützen. 

Ein Sprecher des britischen Premierministers Rishi Sunak hat das umgehend dementiert: „Der Einsatz des Langstreckenraketensystems Storm Shadow durch die Ukraine und der Prozess der Zielauswahl sind Sache der ukrainischen Streitkräfte.

Mutmaßlicher Abhör-Skandal: Haben wir ein „strukturelles Sicherheitsproblem“?

Einige Politiker sind besorgt. „Sollte sich diese Geschichte bewahrheiten, wäre das ein hochproblematischer Vorgang“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, Konstantin von Notz (Grüne), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er fordert eine „umgehende Aufklärung aller Hintergründe“.

Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter vermutet, dass noch weitere Gespräche abgehört worden sein könnten. Gegenüber dem ZDF meinte er, der Zeitpunkt könnte durch Russland genau geplant worden sein, damit mögliche Taurus-Lieferungen durch Deutschland unterbunden würden.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert Konsequenzen. „Es ist weder überraschend noch verwunderlich, dass Gespräche abgehört werden“, sagt sie der Funke Mediengruppe. „Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet  offensichtlich vulnerabel.“ Ziel der Veröffentlichung der Aufnahme sei offenbar, Bundeskanzler Olaf Scholz davon abzuschrecken Taurus-Lieferungen an die Ukraine nicht mehr abzulehnen, sondern „doch noch grünes Licht zu geben“.

Bundeskanzler Scholz: Es bleibt beim Nein zu Taurus-Lieferungen

Vor wenigen Tagen hatte Kanzler Scholz erklärt, warum er gegen eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ist. Für einen Einsatz des Waffensystems würden deutsche Soldatinnen und Soldaten benötigt, um sie zu bedienen. Damit könnte Deutschland indirekt in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden. Einige Politikerinnen und Politiker der Grünen und der FDP sind dagegen offen für eine solche Lieferung.

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