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Autor/in
Lena Seiferlin
Lena Seiferlin
Tagesschau.de, SWR3

Beinahe hatte er Meghan und Harry die Schau gestohlen: Seine lebhafte, bisweilen politische Predigt auf der Royal Wedding hat US-Bischof Michael Curry berühmt gemacht. Er selbst gibt sich bescheiden.

Gleich zu Beginn hatte Bischof Michael Bruce Curry am Samstag Martin Luther King zitiert. „Wir müssen die Kraft der Liebe entdecken“, sagte der Pastor und Chef der Episkopalkirche in den USA. Mit seiner flammenden, emotionalen und bisweilen auch politischen Rede hatte er Meghan Markle und Prinz Harry bei deren Hochzeit fast die Show gestohlen.

Curry hat gedacht, die Einladung sei ein Scherz

Es scheint, als seien ihm einfach die Pferde durchgegangen. Dem britischen Fernsehnetzwerk ITV sagte er, direkt nach der Rede habe er nur gedacht: „Hoffentlich war das okay.“ Ihn hatte es offenbar überrascht, eingeladen zu werden und den Gottesdienst mitgestalten zu können.

Curry habe die Einladung zunächst für einen Witz gehalten: „Ich dachte, jemand würde sich einen Aprilscherz mit mir erlauben“, sagte der 65-Jährige. Von dem ganzen Trubel um seine Person scheint er ziemlich überrascht zu sein – ein bescheidener Typ also, der mit seiner Rede viel Lockerheit ins steife Windsor und auch einen Hauch des Kampfes gegen Rassismus brachte.

„Liebe kann helfen und heilen“

Liebe dürfe weder unterschätzt noch übermäßig sentimental betrachtet werden, hatte der Pastor außerdem gesagt. Aber: Es sei Kraft in der Liebe. „Liebe kann helfen und heilen, wenn nichts anderes das vermag.“ Diese Macht der Liebe könne man hier bei der Hochzeitsfeier beobachten, fügte er hinzu. „Zwei junge Menschen haben sich verliebt, und wir sind alle hier.“

Der 65-jährige Geistliche sprach auch über die heilsame Wirkung der von Sklaven gesungenen Spirituals – Markles Mutter stammt von Sklaven ab. Currys Worte wurden damit zu einem unerwarteten Moment der Hochzeitszeremonie. Für Aufsehen sorgte auch Currys leidenschaftlicher Predigtstil – der Bischof holte immer wieder weit mit den Armen aus und unterstrich seine Worte mit bewegtem Minenspiel und akzentuierenden Pausen.

Leicht irritierte Royals, Begeisterung im Netz

Während so manches Mitglied des Königshaus während des Gottesdienstes leicht irritiert bis befremdet wirkte, erntete Curry im Internet begeisterte Reaktionen. „Ich kann es kaum glauben, dass ein Pastor auf einer verdammten königlichen Hochzeit über Sklaven-Spirituals spricht. Willkommen im 21. Jahrhundert!“ schrieb eine Userin. Eine andere kommentierte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich bei einer Royal Wedding Zitate von Martin Luther King hören würde.“ TV-Moderator Piers Morgan stellte ein Bild von Curry ins Internet mit dem Kommentar: „Mein neuer Held!“

„Schön“, „kraftvoll“ – aber „etwas zu lang“

Zuschauer, die den Gottesdienst außerhalb der Kapelle auf Videoleinwänden verfolgten, reagierten amüsiert angesichts einiger verkniffen dreinschauender Royals und Gäste, die von der anglikanischen Mutterkirche in Großbritannien eher eine gewisse liturgische Sprödheit gewöhnt sind. Prinz Harry und Meghan fing die Kamera dagegen ein, wie sie ein Grinsen unterdrückten.

„Damit habe ich nicht gerechnet. Nett, etwas so anderes zu sehen“, sagte eine Zuschauerin, die die Feier vor Schloss Windsor vor der Großbildleinwand verfolgte. Currys Botschaft sei „schön“ und „kraftvoll“ gewesen – „aber vielleicht etwas zu lang für die britische Öffentlichkeit“.

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Lena Seiferlin
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