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Von Autor/in Brigitte Egelhaaf, SWR3

Wofür ist Stuttgart bekannt? Für schlechte Luft und Stau. Und wenn man schon so ein mieses Image hat, dann kann man ja wenigstens einen Tatort daraus machen. Die Kommissare Lannert und Bootz ermitteln im Stau. Und bis der sich auflöst, muss auch der Fall gelöst sein.

Das mit dem Stau finde ich ist eine super Idee. Lannert und Bootz unter Zeitdruck, an einem ungewöhnlichen Ort. Aber der Stau muss sich erst noch bilden, deswegen gibt’s erstmal einen Kitapersonalmonolog auf schwäbisch. Über Hetze im Alltag und die „koschdbahre“ Zeit mit den „drolligen Kindern“. Zwei Minuten dauert dieser Monolog. Ein rasanter Einstieg geht anders. Aber, es bleiben, abzüglich Vorspann, noch 87 Minuten. Los geht's.

Der dreijährige Luis hat was aus seinem Kinderzimmerfenster gesehen. Ein Mädchen liegt draußen auf der Straße. Gudrun Höppner, 14 Jahre alt. Sie ist tot. Wahrscheinlich überfahren, und der Täter, das lässt sich zeitlich eingrenzen, steht auf einer der Hauptverkehrsstraßen im Stau.

Wer ist der Mörder?

Einer der Stausteher ist Herr Tremel, dem sein Chef gerade in der Mitarbeiterführungsfortbildung gelernte Floskeln an den Kopf geworfen hat. „Das ist noch keine Abmahnung. Nehmen sie's mal als Feedback um an der ein oder anderen Stellschraube noch so'n bisschen zu drehen.“ Herr Tremel steigt ins Auto und dreht die Musik bis zum Anschlag auf. Hardrock. Aber fährt er deswegen ein Kind tot?

Oder was ist mit dem Ehepaar im Stau auf dem Weg zur Paartherapie. „Gut, dass wir keine Kinder haben. Die hättest du längst totgefahren“, wirft sie ihm an den Kopf, weil er gerne schnell fährt. Noch 78 Minuten dauert der Tatort jetzt. Drinnen in den Autos der gesellschaftliche Mikrokosmos, draußen rennt Kommissar Lannert im Stau und Regen rum und sagt immer wieder folgenden Satz: „Gegen Sie besteht Anfangsverdacht wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr sowie unerlaubtes Entfernen vom Unfallort. Es steht Ihnen frei, sich zur Sache zu äußern, oder auch nicht, und Sie können jederzeit, auch schon jetzt, einen Anwalt zu Rate ziehen und Sie können zu ihrer Entlassung Beweiserhebung beantragen.“

Nur Klischees?!

Erst 50 Minuten vorbei. Geht das jetzt so weiter? Ja! Wird das noch was mit der Spannung? Nein! Denn auch für ein Open-Air-Kammerspiel braucht es interessante Charaktere, mit denen man mitfühlen kann, die spannend sind. Was es nicht braucht, sind flache Figuren, die ständig Klischees erfüllen und – Achtung, persönliche Meinung – alberne „Wir-wollen-raus-Sprechchöre“ der Stausteher.

Noch 12 Minuten. Mir ist langsam egal, wer es war. Der Chauffeur der Geschäftsfrau vielleicht? Ja gut, er habe da was überfahren. Fuppfupp habe es gemacht. Irgend so was Weißes. Er glaube aber, es sei wohl eher ein Hund gewesen. Egal ob Hund, Kaninchen oder Hamster. Von mir gibt’s zwei Elche für den Stau aus Stuttgart. Die Idee war gut.

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