- Auswirkungen von Musk-Rücktritt wären überschaubar
- Musk sperrt Konten von Journalisten und entsperrt sie kurze Zeit später
- EU droht Twitter abzuschalten
- Trump darf wieder twittern
- Twitter-Mitarbeiter haben keine Lust auf Musks Ultimatum
- Musk: Twitter könnte pleitegehen
- Massenentlassungen waren geplant
- Elon Musk ist Twitter-Chef
- Was hat Musk mit Twitter vor?
- Musk und seine Auffassung von Meinungsfreiheit
- Elon Musk und der Trubel um den Twitter-Kauf
Irgendwo in einer Luxus-Villa in Beverly Hills flossen wahrscheinlich bittere Tränen, denn der reichste Mann der Welt musste feststellen, dass er doch nicht so beliebt ist, wie er immer denkt. Elon Musk soll als Firmenchef von Twitter zurücktreten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die Musk auf seinem Account selbst gestartet hatte. 17,5 Millionen Twitter-User haben darüber abgestimmt, ob er als Twitter-Chef zurücktreten soll. „Ich werde mich an die Ergebnisse halten“, hatte er versprochen. DIe Umfrage endete am 21. Dezember: 57,5 Prozent der User sagten „ja“, 42,5 Prozent wollen, dass Musk Twitter-Chef bleibt.
Bisher hielt sich Musk an die Ergebnisse seiner Umfragen. Es dauerte zwar etwas, bis sich der Noch-Twitter-Chef nach seiner Umfragenniederlage meldete, aber: Er schrieb, er werde als CEO zurücktreten, sobald er jemanden gefunde habe, „der blöd genug ist, den Job zu übernehmen“.
Auswirkungen von Musk-Rücktritt wären überschaubar
Durch die vielen Skandale in der letzten Zweit hat Musk immer mehr an Beliebtheit eingebüßt. Sollte er als Chef von Twitter jetzt tatsächlich das Handtuch werfen, würde das aber kaum Auswirkungen haben. Denn als Mehrheitseigentümer wird er auch künftig Einfluss auf das Unternehmen haben.
Der 51-jährige Tesla-Chef hatte Twitter im Oktober für 44 Milliarden US-Dollar übernommen und einen großen Teil der Belegschaft entlassen, um die Kosten zu reduzieren – Twitter schreibt schon seit Längerem rote Zahlen.
Als Musk Twitter übernahm, gab es sofort kritische Stimmen, dass er den weltweit wichtigsten Kurznachrichtendienst nach seinem Geschmack nutzen und die demokratische Meinungsbildung negativ beeinflussen könnte. Es gab zum Beispiel die Sorge, dass er kaum noch gegen Falschinformationen vorgehen lässt.
Was seit Musks Twitter-Kauf alles passiert ist, fasst SWR3-Silicon-Valley-Reporter Nils Dampz in 120 Sekunden zusammen:

Nachrichten Das Twitter-Chaos in 120 Sekunden
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Jahresrückblick: Das Twitter-Chaos in 120 Sekunden.
Elon Musk hat Twitter Ende Oktober also wirklich übernommen – nach langem Hin und Her. Und dann? Ja, dann konnte man schnell den Überblick verlieren, es ist sehr viel passiert. In San Francisco ist die Twitter-Zentrale. Unser Korrespondent vor Ort, Nils Dampz, fasst die letzten knapp zwei Monate in zwei Minuten zusammen.
Musk sperrt Konten von Journalisten und entsperrt sie kurze Zeit später
Auch andere Aktionen des kontroversen Unternehmers sorgten für scharfe Kritik. Musk hatte am 15. Dezember 2022 Konten renommierter Medien und Journalisten wie der Washington Post und der New York Times gesperrt. Die Journalisten hätten gegen das Verbot der Weitergabe persönlicher Informationen – auch Doxxing genannt – verstoßen.
Nach erheblicher internationaler Kritik hat Musk die Sperrung wieder aufgehoben. Er begründete dies mit einer kurzfristigen Umfrage auf Twitter, bei der sich eine Mehrheit von knapp 59 Prozent der Teilnehmer für eine Freischaltung ausgesprochen hatte. „Das Volk hat gesprochen“, twitterte er.
Bereits am Mittwoch (14. Dezember) hatte Musk das Konto @elonjet gesperrt. Ein Account, der in Echtzeit frei zugängliche Informationen zu Bewegungen von Musks Privatjet mitgeteilt hatte. Ob die gesperrten Journalisten im Zusammenhang mit @elonjet stehen, war zunächst nicht klar. Einige Journalisten hatten den Berichten zufolge über den Vorfall und Musks Äußerung, er und seine Familie seien durch die Weitergabe von Standortdaten gefährdet worden, berichtet.
Die Sperrung der Journalisten löste international Sorgen um die Meinungsfreiheit auf Twitter aus. Unter anderen UN-Generalsekretär António Guterres, aber auch die Bundesregierung oder das Auswärtige Amt kritisierten das Vorgehen scharf.
Das Auswärtige Amt twitterte, dass es mit der Sperrung von Journalisten-Accounts ein „Problem“ habe.
Die UN zeigten sich trotz der Entsperrung weiter in Sorge: „Es besteht weiterhin Sorge“, schrieb UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk auf Twitter. Er rief Musk dazu auf, eine grundsätzliche Linie in der Veröffentlichungspolitik des Kurznachrichtendienstes festzulegen. Diese müsse rechtliche Grundsätze und die Meinungsfreiheit berücksichtigen.
Die Bundesregierung, aber auch Ministerien und Politiker nutzen Twitter bisher als Plattform für ihre Öffentlichkeitsarbeit.
EU droht Twitter abzuschalten
EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton droht Twitter mit Abschaltung, sollte sich die Plattform nicht an europäische Regeln halten. Bei Missachtung könnten Strafzahlungen verhängt werden, sagte Breton den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung Ouest-France.
Wenn sich die Regelverstöße fortsetzen, können wir die Plattform in Europa abschalten. Niemand sollte sich täuschen: Wir werden das auch tun, wenn es nötig wird.
Die EU beobachte Twitter seit der Übernahme durch Elon Musk sehr genau. Das Gesetz über digitale Märkte und das Gesetz über digitale Dienste, die im November in Kraft getreten seien und ab dem kommenden Sommer angewendet würden, böten wirkungsvolle Instrumente, um die Verbreitung von Lügen und Hass einzudämmen, sagte Breton weiter. „Twitter muss diese Kriterien erfüllen, wenn es auf dem europäischen Markt weiter tätig sein will.“ Noch vor Weihnachten werde es ein weiteres Gespräch zwischen ihm und Musk geben.
Musks Unterstützer werfen der bisherigen Führung von Twitter Zensur vor. Kritiker befürchten dagegen, dass der Kurznachrichtendienst unter dem Tesla-Chef nicht entschieden genug gegen Desinformation, Hassrede und Falschnachrichten vorgehen wird.
Trump darf wieder twittern
Mehr als 88 Millionen Follower hatte Ex-US-Präsident Donald Trump, zeitweise haute er Tweets im Minutentakt heraus. Nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021 war Trump von Twitter verbannt worden. Der neue Twitter-Chef Elon Musk hat die Twitter-Community befragt, ob Trumps Profil wieder entsperrt werden soll. Eine knappe Mehrheit bejahte.
Nach Ablauf der Befragung schrieb Musk: „Das Volk hat gesprochen. Trump wird wiederhergestellt. Vox Populi, Vox Dei“ (Latein für „Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes“). Kurz danach war @realDonaldTrump wieder erreichbar – mit dem letzten Eintrag vom 8. Januar 2021. Die Tweets, wegen denen er gesperrt worden war, sind nicht mehr sichtbar und die Abonnentenzahl wurde auf null gesetzt – die dürfte sich aber schnell wieder erholen. Trump selbst hatte allerdings erklärt, nicht auf die Online-Plattform zurückkehren zu wollen, sondern lieber bei dem von ihm selbst gegründeten Netzwerk Truth Social zu bleiben. Eine größere Reichweite wäre ihm allerdings bei Twitter sicher – und die bräuchte er für seine anstehende Präsidentschaftskandidatur.
Was die Entsperrung von Trumps Profil bedeuten kann – SWR3-Reporterin Katharina Wilhelm:

Nachrichten Trump zurück auf Twitter: Was bedeutet das, wie geht es weiter?
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Trump darf wieder twittern. Was bedeutet das? SWR3-Reporter Katharina Wilhelm mit Antworten.
Twitter-Mitarbeiter haben keine Lust auf Musks Ultimatum
Der Konzernchef Elon Musk setzt nach seiner ersten Entlassungswelle den restlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Pistole auf die Brust: Er warnte die Angestellten in der Nacht zu Mittwoch in einer von verschiedenen US-Medien veröffentlichten E-Mail, dass es „extrem hardcore“ sein werde, seine Vision „Twitter 2.0“ umzusetzen. Wer bis Donnerstag (17. November) 17 Uhr (Ortszeit New York) nicht über einen Link bestätige, Teil des „neuen Twitter“ sein zu wollen, werde gekündigt und erhalte drei Monatsgehälter Abfindung.
Es ist zwar unklar, wie viele Mitarbeiter den „Ja“-Button für ein Verbleiben bei ihrem Arbeitgeber geklickt haben – einer Umfrage der App Blind zufolge haben viele aber keinen Bock auf „lange Arbeitszeiten mit hoher Intensität“, die der neue Twitter-Chef von seinen bleibenden Angestellten fordern wird.
42 Prozent der 180 Teilnehmer wollten das Unternehmen lieber verlassen. Ein Viertel bleibe nur widerwillig. Außerdem schätzen die Befragten, dass etwa die Hälfte der Belegschaft Twitter verlassen wird. In einem internen Messaging-Dienst hätten am Donnerstag mehr als 500 Beschäftigte Abschiedsnachrichten geschrieben, sagte ein Insider. Ein anderer berichtete von Teams, die geschlossen ihren Hut genommen hätten.
Politiker wollen Twitter prüfen lassen
Sieben US-Senatoren wollen die Vorgänge bei Twitter prüfen lassen – von der US-Verbraucherschutzbehörde FTC. „In den vergangenen Wochen hat der neue Twitter-Chef Elon Musk alarmierende Schritte unternommen, die die Integrität und Sicherheit der Plattform untergraben haben“, schreiben die Politiker. Musk selbst machte sich mit einem Tweet über die Forderung der Senatoren lustig:
Musk: Twitter könnte pleitegehen
Seit der Übernahme Ende Oktober hatten viele Mitarbeiter nur über Tweets erfahren, welche Änderungen es bei Twitter geben soll und warum dafür schon Tausenden Angestellten gekündigt worden war. In der ersten direkten Mail an seine Mitarbeiter am 10. November zeichnete Musk ein dramatisches Bild der finanziellen Lage des Unternehmens.
Die wirtschaftliche Lage sei „schlimm“, besonders für ein Unternehmen, das von Werbeeinnahmen abhänge. Twitter leidet derzeit stark unter dem schwächelnden Werbegeschäft. Das ist aber die Haupteinnahmequelle. Große Firmen wie General Motors, Volkswagen und Pfizer hatten ihre Werbeausgaben bei Twitter nach der Übernahme durch Musk zunächst pausiert. Die Hälfte der Einnahmen müssten zudem von Abo-Kunden kommen, führte Musk in seiner Mail weiter aus: „Ohne erhebliche Einnahmen aus Abonnements ist die Chance groß, dass Twitter den bevorstehenden wirtschaftlichen Abschwung nicht überlebt.”
Twitter-Massenentlassungen waren geplant
Die Büros waren zu am Freitag, den 4. November: Eine Woche nach der Twitter-Übernahme von Elon Musk haben zahlreiche Mitarbeitende ihre Kündigung erhalten. Sie sollen per Mail über ihren Verbleib in dem Social-Media-Konzern informiert worden sein. Genaue Zahlen, um wie viele Angestellte es sich handelt, hat Twitter nicht bekannt gegeben. Laut Berichten einiger Medien soll etwa die Hälfte der weltweit rund 7.500 Mitarbeiter eine Kündigung erhalten haben.
Dieses Vorgehen sorgt für Kritik: Musk könnte damit gegen kalifornisches Arbeitsrecht verstoßen haben, weil er die Mitarbeitenden 60 Tage vor den Entlassungen hätte warnen müssen. In einer E-Mail an die Beschäftigten, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, werden die Entlassungen so begründet: „In dem Bemühen, Twitter auf einen gesunden Weg zu bringen, werden wir den schwierigen Prozess eines Abbaus der weltweiten Belegschaft gehen.“ Die Büros seien geschlossen und Zugangskarten deaktiviert worden, „um die Sicherheit aller Mitarbeiter, der Twitter-Systeme und der Kundendaten zu gewährleisten“. Vermutlich wollte man so auch eventuellen Protesten von Mitarbeitern zuvorkommen.
Viele Ex-Tweeps – wie sich die Mitarbeitenden selbst nennen – verabschiedeten sich emotional unter #OneTeam auf ihrer Plattform.
Andere machten dort ihrem Ärger Luft, weil sie nicht einmal eine Kündigungsmail bekommen hatten, sondern einfach ihre Zugänge gesperrt wurden.
Mitarbeiterversammlungen bei Twitter abgesagt
Für Twitter-Mitarbeiter war die Rundmail die erste offizielle Mitteilung, seit Musk am 27. Oktober den Twitter-Kauf abgeschlossen hatte. Ursprünglich war für den Freitag darauf eine Mitarbeiterversammlung angekündigt worden, die sei aber – genauso wie eine weitere angekündigte Versammlung – abgesagt worden, hieß es unter Berufung auf Twitter-Mitarbeiter.
Will Oremus, Tech-Reporter der Washington Post, veröffentlichte auf Twitter das Schreiben an die Belegschaft:
Einem Medienbericht zufolge hat Twitter nur wenig später einen Teil der Gefeuerten um Rückkehr zum Kurznachrichtendienst gebeten. Twitter kontaktiere derzeit Dutzende ehemalige Angestellte, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am 6. November. Sie beruft sich auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Einigen Ex-Mitarbeitern sei fälschlicherweise gekündigt worden. Bei anderen habe man erkannt, dass ihre Arbeit und Erfahrung für künftige Pläne der Plattform notwendig sein könnten.
Musk jetzt alleiniger Twitter-Chef
Elon Musk hatte den etwa 44 Milliarden Dollar (44,2 Mrd Euro) teuren Kauf von Twitter am 27. Oktober abgeschlossen. Der Konzern hat die US-Wertpapieraufsicht SEC darüber informiert, dass sich Twitter von der Börse zurückzieht, und damit den Vollzug der Übernahme bestätigt. Unmittelbar nach dem Kauf feuerte Musk bereits das Top-Management des Online-Netzwerks: den bisherigen Twitter-Boss Parag Agrawal, Finanzchef Ned Segal und die für den Kampf gegen Hassrede und falsche Informationen zuständige Top-Managerin Vijaya Gadde.
Danach musste auch der Verwaltungsrat daran glauben. Das teilte Twitter am Montag (31. Oktober) in einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht mit. Damit hat der Tesla-Chef die alleinige Macht über Twitter. Alle neun Mitglieder des Direktoriums haben ihre Posten aufgegeben. In US-Unternehmen sind Direktorien ähnlich wie ein Aufsichtsrat dem Vorstand übergeordnet. Elon Musk hatte den Twitter-Führungskräften vorgeworfen, ihn und seine Investoren über die Zahl der Fake-Accounts angelogen zu haben. Nach offiziellen Angaben soll es weniger als fünf Prozent gefälschte Konten geben.
Am 10. November verließen weitere Manager in Schlüsselpositionen die Firma: Der für das Herausfiltern anstößiger Inhalte verantwortliche Yoel Roth und die Chefin für Informationssicherheit, Lea Kissner. Die erst seit Kurzem für die Beziehungen zu Werbekunden zuständige Robin Wheeler reichte laut Medienberichten ihren Rücktritt ein, wurde von Musk jedoch zum Bleiben überredet. Sie twitterte, dass sie immer noch dabei sei.
Das hat Musk mit Twitter vor
Ein weißes Häkchen auf blauem Grund bestätigt auf Twitter die Identität des Kontoinhabers. Das gab es bisher kostenlos. Vor allem Konten von Prominenten, Unternehmen sowie Nutzern mit vielen Followern, etwa Politiker oder Journalisten, wurden damit gekennzeichnet. Der Prozess war für viele User aber nicht transparent genug.
Musk will sich das jetzt bezahlen lassen. Künftig soll das Verifikationszeichen acht US-Dollar im Monat kosten, kündigte Musk am Dienstag (1. November) an:
Der neue Twitter-Chef will den Verifizierungshaken in das bestehende Abo-Modell Twitter Blue integrieren. Das kostet bisher 4,99 US-Dollar pro Monat und ist nur in den USA und Kanada verfügbar. Twitter Blue ist der erste Abo-Dienst der Social-Media-Plattform und wurde im vergangenen Jahr eingeführt. Mit dem Abo haben Nutzer Zugang zu Premium-Funktionen auf monatlicher Basis, einschließlich der Möglichkeit, bereits veröffentlichte Tweets zu bearbeiten.
Wieso eine bezahlte Verifizierung bedenklich sein könnte, erklärt SWR3-Silicon-Valley-Reporter Nils Dampz:

Nachrichten Twitter-Verifizierung soll kosten
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SWR3-Silicon-Valley-Reporter Nils Dampz berichtet.
Twitter: Verwirrung um Häkchen und Fake-Accounts
Der Umbau bei Twitter hinterlässt bei vielen Usern Verwirrung. Neuestes Beispiel: der Verifikations-Haken. Eine Prüfung, wie es sie zuvor gab, findet offenbar nicht mehr statt – dies führte jetzt zu Accounts, die vorgaben, von Prominenten zu stammen und die ein entsprechendes Häkchen am Profil hatten. Zum Beispiel wurde über den falschen Account des Basketball-Stars LeBron James am Mittwoch (9. November) verkündet, dass er die Los Angeles Lakers verlassen wolle. Auch ein verifizierter Account der Firma Nintendo stellte sich als falsch heraus. Die Accounts sind mittlerweile gesperrt.
Elon Musk hatte bei einer Investorenkonferenz gesagt, er gehe davon aus, dass die rund acht Dollar teure Verifikation per Abo Bots und Fake-Accounts verhindern würde. Seit Tagen gibt es Verwirrung um die Einführung des Bezahl-Häkchens. Eigentlich sollte es am vergangenen Wochenende starten, wurde dann wegen der Zwischenwahlen pausiert. Elon Musk stellte auch einen zweiten, grauen Haken für Accounts vor, der Profile als „offiziell“ kennzeichnen soll. Musk stoppte aber dessen Einführung schon am Mittwoch wieder ein, obwohl erste Profile den Haken bereits bekommen hatten.
Hintergrund: Musk und seine Auffassung von Meinungsfreiheit
Musks Pläne für eine Twitter-Übernahme hatten viele besorgt: Denn er sagte zwar, er wolle damit die angeblich bedrohte „Redefreiheit stärken“, das Vertrauen in Twitter vergrößern und die „Meinungsfreiheit“ fördern. Sie sei „das Fundament einer funktionierenden Demokratie“. Aber sein eigener Umgang mit den Themen Twitter und Meinungsfreiheit sorgte für Unruhe, als seine Kaufpläne bekannt wurden.
Über sein eigenes Twitter-Konto hat Musk in der Vergangenheit teilweise Kritiker attackiert und sich über eine Reihe von teils kontroversen Themen geäußert. Im April 2020 bezeichnete der gebürtige Südafrikaner beispielsweise corona-bedingte Ausgangssperren in Kalifornien als „Faschismus“.
Der lockere Umgang mit den Content-Regeln, den er angekündigt hatte, weckte die Sorge, dass die Plattform jetzt noch anfälliger für Desinformation, Hassrede und Mobbing werden könnte. Analysten an der Wall Street warnten zudem, dass Musk Anzeigenkunden vergraulen könnte, sollte er zu weit gehen.
Auch die Bundesregierung stellt ihren Account jetzt in Frage. Sie werde sehr genau beobachten, wie sich Twitter jetzt weiterentwickle. Damit meint Regierungssprecher Steffen Hebestreit offenbar, wie die Plattform in Zukunft mit Falschbehauptungen oder radikalen Äußerungen umgeht und wie sich das Diskussionsklima dort verändert.
SWR3-Silicon-Valley Reporter Nils Dampz nennt Musks Vorgehen in seinem Kommentar rücksichtslos. Drei Dinge machten ihm besonders Sorgen:

Nachrichten Kommentar von Nils Dampz: Chaoswoche bei Twitter
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Im Netz gibt es ein Bild von einer Twitter-Mitabeiterin. Die schläft im Schlafsack auf dem Boden eines Besprechungsraums. Offenbar ist die Arbeit bei Twitter gerade so stressig, dass sie sonst ihre Deadlines nicht halten könnte. Das zeigt: Der neue Twitter-Chef Elon Musk hat Twitter in nur einer Woche radikal umgebaut. Vorläufiger Höhepunkt: Die Entlassung von offenbar der Hälfte der Mitarbeitenden. Chaoswoche bei Twitter – eine Enwicklung, die unserem USA-Korrespondenten Nils Dampz Sorgen macht.
Ewiges Hin und Her um Twitter-Kauf
Anfang Oktober hatte Musk überraschend mitgeteilt, dass er den Kurznachrichtendienst doch kaufen möchte – zum ursprünglichen Preis von 54,20 Dollar pro Aktie, also den genannten rund 44 Milliarden Dollar. Das hat Musk in einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht bestätigt. Auch Twitter meldete den Eingang des Kaufgebots. Die Aktionäre hatten dem Deal bereits zugestimmt.
Der exzentrische Tesla-Chef setzte zum Thema Twitter-Kauf einen kryptischen Tweet ab:
Musk macht es zur Bedingung für sein erneutes Angebot, dass er nicht den gesamten Betrag auf einmal zahlen muss und ein anstehender Prozess verhindert wird. Über Monate hinweg hatte Musk versucht, aus dem von ihm selbst angestoßenen Deal auszusteigen – doch Twitter wollte ihn unter Verweis auf ihre Kaufvereinbarung gerichtlich zur Übernahme zum vereinbarten Preis zwingen. Fachleute schätzten, dass Musk kaum Chancen hatte, den Rechtsstreit zu gewinnen.
Was wird jetzt aus Twitter? Mit dieser Frage hat sich SWR3-Redakteur Klaus Sturm beschäftigt:
Musk: Twitter hat falsche Angaben gemacht
Musks plötzlichen Rücktritt vom Kaufvertrag begründeten seine Anwälte damit, dass Twitter falsche Angaben darüber gemacht habe, wie viele Nutzer dort tatsächlich aktiv und wie viele nur Fake-Accounts seien.
Bereits Mitte April hatte der Tesla- und SpaceX-Chef angekündigt, er wolle Twitter vollständig übernehmen. In Berichten hieß es schon damals, der vollständige Kauf würde Musk 44 Milliarden US-Dollar kosten. Zuvor hatte er bereits etwas mehr als neun Prozent der Anteile gekauft und war damit zum größten Aktionär des Dienstes aufgestiegen.
Danach hatte Musk öffentlich angezweifelt, dass wirklich so viele User auf Twitter unterwegs sind, wie von der Plattform behauptet. Er wollte von Twitter erst noch wissen, ob wirklich „nur“ höchstens jedes zwanzigste Profil ein Fake ist. Das Unternehmen soll ihm also die Zahl der echten Nutzer-Profile mitteilen, forderte er. Kritiker vermuteten, Musk wolle durch diese Aussage nur den Kaufpreis drücken.