Solingen: Attentäter verfehlte Bernd nur knapp
Das Leben von SWR3 Hörer Bernd ist seit Solingen nicht mehr wie vorher. Er steht vor der Bühne beim Stadtfest und ist dabei, als der Anschlag passiert. Sein Freund wird direkt neben ihm getötet. Der Attentäter verfehlt Bernd, weil er sich im entscheidenden Moment abwendet – weil ihm jemand Popcorn anbietet.
Bernd schreibt eine Mail an SWR3. Sie beginnt mit „Lieber Wirby ...“. SWR3 Moderator Michael Wirbitzky musste die Mail erstmal zwei Tage zur Seite legen. Wir als SWR3 Redaktion haben dann lange überlegt, wie wir mit Bernds Geschichte umgehen sollen.
Die Details vom Abend in Solingen sind nur schwer auszuhalten, deshalb haben wir uns entschieden, sie hier nicht weiter auszuführen. Aber Bernd wollte reden, über seine Geschichte und wie es ihm damit geht. Wirby verabredet sich zu einem Interview mit Bernd und möchte wissen: Wie sieht sein Alltag jetzt aus?
„Ich fühle mich wirklich ganz alt“
Bernd erzählt, dass er seit der Tat kaum etwas gegessen hat – es geht ihm hörbar schlecht: „Ich hab ganz schwere Beine seit dem Tag wirklich, ich gehe langsam. Ich fühle mich wirklich ganz alt. Und ich habe nur so bis nachmittags um zwei oder drei Uhr Energie.“ Am meisten quäle ihn immer wieder das erste Bild, was sich ihm unmittelbar nach der Tat gezeigt habe. Aber davon möchte er nicht näher sprechen, „das können wir den Leuten nicht sagen“, sagt er.
Bernd versucht, die Blutung bei seinem Freund zu stoppen. Sanitäter werden gerufen, um ihm zu helfen. Bernd ist bei ihm, so lange bis er gebeten wird zu gehen. „Dann musste ich mir erstmal irgendwo die Hände waschen. (...) Mir hat dann ein Typ in einem Bierwagen kübelweise das Wasser über die Hände gegossen“, erinnert er sich. Er habe sich dann rausgeschleppt, weg vom Fest, in Richtung seiner Stammkneipe. Dort habe er einen Freund getroffen. „Der war dann mein Ersthelfer.“ Später habe er dann auch noch die Schwester seines verstorbenen Freundes getroffen.
Hier könnt ihr das Interview mit Bernd anhören:
Das ist in Solingen passiert
- Drei Menschen sind vor einer Woche bei einem Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen in Nordrhein-Westfalen ums Leben gekommen, mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt.
- Ein 26-Jähriger soll der mutmaßliche Täter sein. Er ist Syrer, sein Antrag auf Asyl wurde eigentlich bereits abgelehnt. Er sitzt in Untersuchungshaft – unter anderem auch, weil er Mitglied der Terrormiliz „Islamischer Staat“ sein soll.
- Seither hat sich die Debatte um das Thema Abschiebung in Deutschland verschärft – als Reaktion auf den Anschlag in Solingen will die Ampel-Regierung das Migrationsrecht verschärfen und unter anderem Abschiebungen erleichtern.
Diskussion in SWR3Land Wie könnte eine Tat wie der Messerangriff in Solingen künftig verhindert werden?
Nach dem Messerangriff von Solingen mit drei Toten hat sich ein Tatverdächtiger der Polizei gestellt. Jetzt ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen einen 26-jährigen Syrer.