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Ferdinand Vögele
Ferdinand Vögele (Foto: SWR3)

Was für Christen Weihnachten ist, ist für Muslime das Zuckerfest am Ende des Fastenmonats Ramadan. Für Familie Kilcik, die eine türkische Bäckerei in Kehl betreibt, bedeutet das vor allem Dauerstress – aber auch viele leuchtende Kinderaugen.

Um kurz nach halb acht Uhr abends gehen Sena Kilcik und ihr Mann Resit nochmal die Auslagen ihrer Bäckerei durch: Baklava, Kadaeh, Künefeh – von den türkischen Süßspeisen sind genug Portionen vorbereitet. In der Küche steht das Personal bereit und wartet auf den großen Ansturm im Restaurantbereich.

Zuckerfest und Ramadan: Besuch in einer türkischen Bäckerei in Kehl

Denn in etwa 45 Minuten wird in der Bäckerei in der Kehler Hauptstraße Hochbetrieb herrschen. Dann beginnt dass abendliche Fastenbrechen und es wird richtig voll. „Für uns ist Ramadan der anstrengendste Monat im ganzen Jahr“, sagt Sena. „Tagsüber ist nicht viel los, weil die meistens fasten und abends kommen dann alle auf einmal. Das heißt für uns Stress pur.

Ramadan-Fastenbrechen: Kurz nach Acht wird es plötzlich richtig voll

Schon jetzt kommt aber immer wieder Laufkundschaft, die für zu Hause Gebäck mitnimmt. Hauptsächlich Süßes aber auch ein paar herzhafte Sachen.

Dann geht es plötzlich ganz schnell: Innerhalb weniger Minuten sind die rund 15 Tische im Restaurant besetzt. Familien, Paare, Freunde, die den ganzen Tag nichts gegessen und getrunken haben, sind angekommen und bestellen das typische Ramadan-Menü.

Als Erstes isst man typischerweise Datteln und trinkt Wasser“, sagt Sena. Dann geht es weiter mit einer Suppe, einer Hauptspeise, dann Dessert und Tee. Topseller ist dabei Ramadan-Pide. „Die backen wir mit einem speziellen Brot“, erklärt Resit.

Fasten am Ramadan: Für das Bäckereipersonal ist das besonders schwierig

Das Fasten im Monat Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islams und vielen Muslimen auch ziemlich wichtig. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang essen und trinken sie nicht. Die Fastenzeit soll vielmehr zur Besinnung und dem Gebet dienen. Natürlich gibt es Ausnahmen, beispielsweise für Schwangere, bei schwerer körperlicher Arbeit, Reisen oder bei Frauen, die ihre Periode haben.

Wir versuchen unser Bestes“, sagt Sena. Bei den langen Tagen in der Bäckerei sei es aber nicht immer möglich, das Fasten durchzuhalten – schließlich öffnen sie schon um 6 Uhr morgens und an den Öfen ist es ziemlich heiß.

Zuckerfest – der Höhepunkt des Fastenmonats Ramadan

Der Höhepunkt des Ramadans ist das Zuckerfest am Ende der Fastenzeit. Dieses Jahr wird es vom 9.4 auf den 10.4. gefeiert.Für uns ist das nochmal dreimal so viel Arbeit“, sagt Sena und lacht. Nach dem Moschee-Besuch kommen die Familien zusammen und frühstücken nach 30 Tagen zum ersten Mal wieder. Ganz viele kommen dafür auch in die Bäckerei, wo es ein großes türkisches Frühstücksbuffet gibt. „Wir feiern dann hier unser Zuckerfest“, sagt Sena – am anstrengendsten Tag im Jahr. Doch sie kennt es nicht anders und hat es selbst schon als Kind so in den Bäckereien ihres Vaters in Stuttgart gefeiert.

Ende des Fastenmonats Ramadan Zuckerfest: So wichtig ist das Fastenbrechen im Islam

Das Zuckerfest beendet den Fastenmonat Ramadan mit einem großen Fest. Was steckt dahinter und was kann ich zum Zuckerfest wünschen? Fragen und Antworten rund um das Fest des Fastenbrechens findet ihr hier!

Und auch ihre beiden Kinder werden gemeinsam mit dem Personal im Geschäft in Kehl feiern. Sie küssen dann die Hand der Älteren, wünschen ein frohes Zuckerfest und bekommen Geld und Süßigkeiten – so will es die Tradition.

Für ihre eigenen Kinder sei das Zuckerfest in der Bäckerei eine große Freude und einfach eine ganze Nummer größer, sagt Vater Resit. „Anstatt nur Mama und Papa zu sehen, feiern sie das Zuckerfest mit 300 bis 400 Leuten“, sagt er. „Wir sind auch hier im Betrieb wie eine Familie“, ergänzt Sena.

Das Zuckerfest ist der Moment, zu dem sich alle wiedersehen

Ich finde, das Schönste ist, dass alle glücklich sind an diesem Tag,“, sagt Resit. Freunde und Familie kommen zusammen, auch die von weiter weg, so wie an Weihnachten erklärt er. Und auch, dass das Zuckerfest ein Moment der Versöhnung sei, wenn man in der Vergangenheit mal Streit hatte.

Ab heute feiern Muslime das Ende des Fastenmonats Ramadan. Drei Tage lang wird gemeinsam gegessen, gefeiert und gebetet....Posted by SWR3 on Monday, May 2, 2022

Viele Nichtmuslime würden zwar den Ramadan kennen, wüssten aber nicht so viel über das Zuckerfest, sagen Sena und Resit. Das liegt vielleicht auch daran, dass es eher innerhalb der Familie gefeiert wird. „Es ist eigentlich nicht so ein Fest, bei dem man feiert und tanzt“, sagt Sena. Vielmehr seien es ruhige, besinnliche Tage, an denen die Familie zusammenkommt. In der Bäckerei herrsche aber Multikulti. Jeder könne kommen, sagt sie.

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