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Autor/in
Gregor Glöckner
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Dirk Scherer
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Kira Urschinger
Kira Urschinger
Künstler/in
Alanis Morissette

25 Jahre ist es her, dass Jagged Little Pill rausgekommen ist – das Album, mit dem Alanis Morissette durchstartete. Ironic kann heute noch fast jeder mitsingen. Ihre Karriere begann beim SWR3 New Pop Festival. Wir erinnern uns an eine ganz besondere New-Pop-Künstlerin, aus der ein Weltstar wurde.

Es ist 1995, Alanis Morissette hat beim SWR3 New Pop Festival einen ihrer ersten Auftritte in Deutschland. Da war ihr Album Jagged Little Pill gerade auf Platz Eins der US-Charts geschossen. Der Song Ironic wird der größte Hit daraus werden.

Alanis Morissette startet durch – New Pop 1995

Die authentische, kraftvolle Sängerin aus Kanada begeisterte die Fans in Baden-Baden. Für viele war klar: Da steht eine ganz besondere Künstlerin auf der Bühne.

SWR3-Musikredakteur Helmut Milling hat das Konzert gesehen und sagte später darüber:

Das Konzert war im alten Bahnhof und was man heute so gut wie gar nicht mehr sieht: Das Trio mit Alanis hat gerockt wie Hölle! Der Dielenboden dort bebte, ich spüre das heute noch.

So reagiert die Sängerin heute auf diesen Auftritt

Musikredakteur Dirk Scherer hat Alanis Morissette gerade erst noch einmal getroffen. Mit ihr hat er über das Muttersein gesprochen, über ihre Musik und auch über ihre Anfänge damals beim New Pop Festival 1995.

Für viele in der SWR3-Redaktion und auch für treue SWR3-Hörer war Alanis Morisette in Baden-Baden eine ganz besondere Begegnung. Nicht nur, weil sie danach ein Weltstar wurde – sondern wegen einer sehr persönlichen Geschichte, die sie mit unserem Team in Baden-Baden erlebte. SWR3-Redakteur Gregor Glöckner ist Teil dieser Geschichte. Er hat Alanis damals als Reporter begleitet und erinnert sich 25 Jahre später noch ganz genau:

Es war so eher nebenbei, dass uns Kollege Georg K. von der SWR-Technik die Frage stellte: „Bei euch, beim New Pop Festival, tritt doch das Mädel aus Kanada auf. Stimmt das?“ Und dann rückte er eher vorsichtig mit der Info raus, dass bei ihm im Kirchenchor eine ältere Frau mitsinge, die Frau Keller. Und die behaupte, sie sei die Tagesmutter von der kleinen („Wie heißt sie noch gleich? Ach ja“) Alanis gewesen, damals, als deren Vater, Soldat der kanadischen Armee, in Lahr stationiert gewesen sei.

Auf der Suche nach der Frau aus dem Kirchenchor

Es braucht nicht viel, sich vorzustellen, wie sehr uns diese Nachricht elektrisierte. Sollte das wirklich stimmen? Unser nächster Schritt war klar. Besuch bei Margret Keller, einer freundlichen älteren Frau, im kleinen Ort Heiligenzell. Die servierte uns Kuchen und zeigte uns dann aufgeregt alte, etwas ausgebleichte Papierbilder von „meiner kleinen Alanis“, einem strahlenden Kindergartenkind. Den Namen sprach sie Deutsch aus und mit einem langen zweiten A: Alaaanis. Ob sie wohl ihr „Ziehkind“ nach all den Jahren gerne wiedersehen wolle? Statt einer Antwort standen ihr die Tränen in den Augen. 

Jetzt nur noch die Plattenfirma fragen, ob die sich ein Treffen der beiden am Rande des New Pop Festivals vorstellen könne? Und zwar so diskret vorbereitet, dass viele Bescheid wussten, nur eine nicht: Alanis Morissette. Die Antwort war ermutigend.

Alanis Morisette im Interview 1995
Alanis Morissette im Interview – 1995 in Baden-Baden

Wir „entführen“ Alanis Morissette in ihre Kindheit

Und so beginnt im September 1995 der Tag ihres großen Auftritts. Alanis Morissette ist sichtbar aufgeregt, als sie aus der Limousine der Plattenfirma aussteigt, die sie nach Baden-Baden gebracht hatte. Schmal, dunkles langes Haar, freundlich lächelnd. Als sie erfahren hat, dass sie in der Nähe ihres Kindheitsortes auftreten wird, hat sie selbst den Wunsch geäußert, dem Ort ihrer Erinnerungen einen Besuch abzustatten. Das macht es uns einfach, sie Richtung Lahr zu „entführen“.

Die Sängerin in der Limousine, dazu ein Kamerateam. Ich mit dem SWR3-Elchbus, einem alten VW-Reporterbus, vorweg. Was Alanis Morissette nicht ahnt: Dass ich einen kleinen Umweg fahre, um eine sehr aufgeregte Margret Keller in Heiligenzell abzuholen und zu unserem Treffpunkt zu bringen, zum Marktplatz in Lahr. Auf dem Weg dorthin erzählt mir die ehemalige Tagesmutter, wie sie und ihre Ziehtochter  damals die deutsch-englischen Sprachbarrieren mit viel Charme und kleinen Tricks gemeistert haben. Immer wieder muss sie kichern. In der Hand hält sie den alten Zeitungsausschnitt eines Konzerts, den ihr Alanis Morissette irgendwann mal voller Stolz zugeschickt hat.

Wiedersehen nach zehn Jahren mit der Ziehmutter

Wir sind früh dran. Auf dem Marktplatz von Lahr müssen wir noch ein bisschen warten, und die Aufregung wird unerträglich. Dann endlich kommt die Limousine um die Ecke, Alanis Morissette springt heraus, sieht überrascht Margret Keller, läuft auf sie zu, und die beiden liegen sich minutenlang in den Armen. Zehn Jahre haben sie sich nicht gesehen.

Dann geht alles schnell: Alanis Morissette will nicht hierbleiben, sondern sofort in „ihr“ Heiligenzell. Sie steigt einfach und ohne Rücksprache mit dem irritierten Management durch die Schiebetür ein in den Elchbus, packt sich ihre „Mutti“ neben sich, ein Kamerateam packt sich selbst mit dazu. Also setze ich mich ans Steuer und fahre den Tross Richtung Heiligenzell. Auf der hinteren Sitzreihe halten sich die beiden Ladies an den Händen und tauschen, mal lachend mal weinend, Erinnerungen aus.

Das Abenteuer im Radio – Anke Engelke moderiert

Der Fußmarsch durch den kleinen Ort ihrer Kindheit wird für die kanadische Sängerin zu einem Bad der Gefühle. Umgeben von den Düften der Landwirtschaft grüßt sie einen Bauern, der sich als der ehemalige Vermieter der elterlichen Wohnung zu erkennen gibt. Sie zückt eine kleine Videokamera (1995 noch etwas sehr besonderes) und lässt den Bauern in breitestem Badisch Grüße aufsagen an ihre Eltern.

An einem Fußgängerüberweg mit Ampel erklärt Margret Keller, wie sie genau hier dem Kindergartenkind eine Überlebensstrategie beigebracht hat: „Red light sto, green light go“. Alanis scheint den Text damals verstanden zu haben, sonst wäre sie jetzt nicht hier.

Ein Ausflug mit sehr emotionalen Geschichten

Als sie endlich das gelbe Haus mit der Wohnung im ersten Stock erspäht, juchzt sie vor Freude. Hier hat die Familie einige Jahre gelebt. Dann will Alanis zum Kindergarten. Auf dem Weg dorthin erzählt sie die Geschichte von Sebastian, mit dem sie sich damals geneckt hat. Ob der sich auch noch erinnert?

Es wird ein Ausflug mit vielen sehr emotionalen Geschichten und Erinnerungen. Wir anderen haben das Gefühl, an einem ganz besonderen Moment teilhaben zu dürfen. Alanis schwärmt auf der Heimfahrt von diesem besonderen Erlebnis, und als sie es abends (längst wieder in der Rolle des Rockstars) oben auf der Bühne des Alten Bahnhofs so richtig krachen lässt, läuft bei mir unten im Kopf der Film des Tages ab mit Bildern, die ich nie mehr vergessen werde, erzählt SWR3-Redakteur Gregor Glöckner.

Ich bin fasziniert: Die Bandbreite eines Lebens an einem einzigen Tag.

Ironic: Die größten Hits und ihre Geschichte
Ironic – Alanis Morissette

Die größten Hits und ihre Geschichte Ironic – Alanis Morissette

Dauer

Mit ihrem Album Jagged Little Pill gelingt der kanadischen Rocksängerin Alanis Morissette mit über 33 Million verkauften Tonträgern 1995 ein riesiger Erfolg. Die Sängerin überzeugt mit wütenden Beziehungsliedern – in ihrem Hit Ironic besingt sie eher gelassen die zufälligen Wendungen des Lebens.

Noch ein Überraschungsbesuch zehn Jahre später

Zehn Jahre nach ihrem Auftritt beim New Pop ist Alanis Morissette noch einmal in Baden-Baden aufgetreten, bei einem SWR3 hautnah. Wir haben – wenig überraschend – die inzwischen hochbetagte „Mutti“ aus Heiligenzell dazu geholt. Beim Treffen hinter der Bühne haben mich die beiden in Ermangelung eines Dolmetschers zu ihrem persönlichen Übersetzer ernannt und ich konnte gar nicht so schnell liefern, wie sie sich ihre wundervollen Geschichten erzählten. Dann ging Alanis Morissette auf die Bühne. Und Margret Keller zum Stuhl in der ersten Reihe – zum ersten Rockkonzert ihres Lebens.

Alanis Morissette beim hautnah 2005
Alanis Morissette im Jahr 2005 mit ihrer Tagesmutter und SWR3-Redakteur Gregor Glöckner

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