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AUTOR/IN
Sara Talmon
SWR3 Moderatorin Sarah Talmon (Foto: SWR3)

Obwohl wir aus heutiger Sicht wissen, dass es ‚Menschenrassen‘ nicht gibt, erleben wir seit Jahrhunderten Rassismus. Aber woher kommt der Begriff ‚Rasse‘? Seine Entwicklung erklärt uns der Literatur- und Kulturwissenschaftler am Afrikazentrum der Universität Würzburg, Julien Bobineau.

Definition ‚Rasse‘ – wie entstand der Begriff?

Schon im Mittelalter wurde der Begriff ‚Rasse‘ verwendet, um Tiere zu kategorisieren. Doch vor mehr als 500 Jahren gab es einen Wandel, wie Julien Bobineau erklärt. „Nachgewiesen ist das vor allem in Spanien im Zuge der sogenannten Reconquista“. Vereinfacht erklärt, versuchten damals die weißen katholischen Spanier, die aus ihrer Sicht ungläubigen Araber und Juden zu vertreiben. Die Folge: Aus Angst vor Tod und Verfolgung konvertierten Muslime und Juden reihenweise zum Katholizismus. Aus diesem Grund funktionierte die Religion allein nicht mehr als Unterscheidungsmerkmal. Seitdem – so Bobineau – wurde eine Art „Reinheit des Blutes propagiert“. Die Menschen wurden aufgrund von äußerlichen Merkmalen und Religion in Rassen eingeteilt.

Beim Rassebegriff des Menschen ging es von Anfang an nicht darum, etwas neutral zu unterscheiden, wie man das etwa bei der Tierzucht macht, sondern es geht darum, zu werten und zu hierarchisieren. Also Übergeordnet vs. Untergeordnet. Das war der Beginn des institutionellen Rassismus.

Warum der über 500 Jahre alte Rassismus heute noch in unseren Köpfen steckt

Im weiteren Verlauf der Geschichte – insbesondere in der Kolonialzeit – entdeckten europäische Seefahrer neue Länder, Völker und Kulturen. Gleichzeitig wurden die Rassentheorien und -hierarchien weiter verschärft, um die sogenannten „zivilisierten Europäer“ von den sogenannten „unzivilisierten Völkern der außereuropäischen Welt“ zu unterscheiden, erläutert Julien Bobineau weiter.

Der Mensch in Rassen unterteilt – von unseren Vorbildern

Auch Philosophen und Naturforscher wie Kant, Hegel oder Voltaire entwickelten Theorien, um die Welt und die aus ihren Augen fremden Kulturen neu zu ordnen. Laut Bobineau war das Ziel unter anderem „zu rechtfertigen, warum man diese Fremden Völker nach wie vor unterdrücken durfte“.

So schrieb etwa der französische Philosoph Voltaire:

Die Rasse der N**** ist eine andere Art von Menschen als die unsere, wie die Rasse der Spaniels von den Windhunden [...]. Man kann sagen, dass ihre Intelligenz, wenn sie nicht von einer anderen Art ist als unser Verstand, sehr minderwertig ist.

Ähnliche Zitate lassen sich auch bei Immanuel Kant finden:

Die N***** von Afrika haben von der Natur kein Gefühl, welches über das Läppische stiege.

Und der Philosoph Hegel schrieb:

Was wir eigentlich unter Afrika verstehen, das ist das Geschichtslose und Unaufgeschlossene.

Diese rassistischen Konzepte und Aussagen gelten, laut Bobineau, als Vorläufer der Rassentheorien im 19. und 20. Jahrhundert und damit auch als Grundlage für den Nationalsozialismus.

Rassismus ist nicht nur ein Problem der Vergangenheit

Das große Problem sei, dass sich diese rassistischen Stereotype teilweise bis heute in unseren Köpfen halten, urteilt Bobineau. Zum Beispiel das Bild vom „nackten, wilden und sexualisierten Afrikaner“, oder das Klischee „Schwarze Menschen würden immer gut singen und tanzen“.

Was tun gegen konstitutionellen Rassismus?

Bobineau wünscht sich unter anderem, dass die Geschichte des Rassismus und des Kolonialismus intensiver an Schulen und Universitäten behandelt wird. Außerdem müssten Medien mehr darüber berichten: „Wir müssen uns aktiver mit der eigenen Rolle in der Geschichte und auch mit unserer eigenen Rolle in der Welt beschäftigen“.

Außerdem müssten weiße Menschen ihre eigenen Privilegien erkennen, nicht von Rassismus betroffen zu sein: „Dass sie eben nicht von Racial Profiling betroffen sind, Nachteile bei der Wohnungssuche haben und keine Nachteile im Job“, so Bobineau.

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