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Lea Kerpacs
Lea Kerpacs: Website-Redakteurin bei SWR3 (Foto: SWR3, Niko Neithardt)
Johannes Seiler
Johannes Seiler (Foto: Johannes Seiler)

Die App Temu lockt mit unglaublichen Schnäppchen. Doch die Bundesregierung will gegen die Plattform vorgehen. Der Grund: Kaufanreize mit teilweise glücksspielartigen Methoden.

Temu ist ein Onlineshop und Temu ist ÜBERALL. Besonders auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und Tiktok schaltet die App viel Werbung und erreicht dabei eine Menge potenzieller Kunden.

Bundesregierung will gegen Temu vorgehen

Doch jetzt möchte die Bundesregierung gegen den Onlinehändler konsequenter vorgehen, denn die Internetseite verstößt gegen das Digitale Dienste-Gesetz der Europäischen Union. In diesem ist die manipulative Gestaltung von Online-Plattformen verboten. Doch Temu macht offenbar genau das und versucht seine Nutzer zu mehr Käufen zu verleiten. „Spiele, Glücksräder, Rabatt-Countdowns et cetera suggerieren unglaubliche Rabatte und Schnäppchen“, sagte die Verbraucherschutz-Staatssekretärin Christiane Rohleder. Aus diesem Grund fordert Rohleder ein umfassendes Vorgehen gegen manipulative oder süchtig machende Praktiken bei Onlineshops.

Temu ist besonders günstig. Deshalb bestellen vor allem viele jungen Leute dort. Aber: Einige Produkte sind Fälschungen und dürften deshalb eigentlich gar nicht in die EU eingeführt werden. Weil es aber so viele Päckchen gibt, kann das oft gar nicht kontrolliert wird. Mehr dazu und zu den Manipulationsvorwürfen gegen Temu kannst du dir im SWR3 Top Thema mit Anno Wilhelm anhören:

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SWR3 Top Thema Kritik an Temu: Und ewig lockt das Angebot

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Er ist ein großer Erfolg: Der Online-Marktplatz Temu wächst schnell. Über Temu werden Billigartikel vor allem aus China in die ganze Welt verkauft. Die Bundesregierung wirt Temu manipulative Kaufanreize vor und will konsequent gegen die Plattform vorgehen. Und ewig lockt das Angebot - Das ist das SWR3 Top Thema mit Anno Wilhelm

Habt ihr das vielleicht schon bei uns gehört? Mehr aktuelle Nachrichten im Webradio:

Verbraucherzentralen mit Mängelliste an Temu

Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband hat den Onlineshop Temu stark kritisiert und sogar eine ganze Liste an Mängeln zusammengetragen. Die Verbraucherschützer prüfen grade, ob sie gegen das Unternehmen rechtlich vorgehen. Doch was ist Temu eigentlich genau? Was steckt dahinter? Kann ich die Ware überhaupt zurückschicken? Wir haben die wichtigsten Informationen zusammengesucht!

Was ist Temu?

Screenshot der App Temu (Foto: SWR3, SWR3)
Die Shopping-App Temu lockt mit günstigen Angeboten und umso höheren Rabatten.

Was man bei Temu kaufen kann, ist gar nicht so einfach einzugrenzen, denn im Grunde bietet der Shop fast alles an, was man sich vorstellen kann – außer Tiernahrung. Im Ernst: Von Motorradzubehör über Spiegeleiförmchen und vermeintlichen Markenkopfhörern bis hin zu Abendkleidern ist quasi alles dabei.

Das Besondere daran: Die Produkte sind wahnsinnig günstig. Besagte Kopfhörer gibt es in vielfacher Ausführung ab circa vier Euro. Obendrauf kommen nochmal Rabattaktionen, die man sich von anderen Shops nur wünschen kann.

Shoppen wie ein Milliardär“ ist der Werbeslogan von Temu. Aber bekommt man auch die gleiche Qualität wie der Milliardär bei seinem Shopping-Trip?

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Neuer Onlineshop aufgetaucht Temu-App: Wie kann das Angebot so günstig sein?

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Ziehen uns die anderen Unternehemen nur ab oder hat Temu einen besonderen Trick, warum die Produkte so angeboten werden können? Max Dehling aus der SWR3-Wirtschaftsredaktion hat uns diese Fragen beantwortet.

Ist Temu seriös und wer steckt dahinter?

Temu ist kein Fake-Shop oder ein anonymer Briefkasten, der das Geld einsackt. Der Onlineshop existiert. Das heißt: Wer etwas bestellt, sollte das Bestellte auch bekommen. Im Impressum ist auch ein Unternehmen angegeben: Whaleco Technology Limited. Das sitzt für den deutschsprachigen Raum in Irland und hat seine Ursprünge in China.

Der Haken an der Sache: Wer ein Produkt bei Temu in den Warenkorb legt und bezahlt, schließt genau genommen keinen Kaufvertrag bei Temu ab, sondern mit dem Anbieter dieses einzelnen Produkts – und dessen Seriosität ist nur schwer nachzuweisen. Informationen über die Anbieter findet man kaum. Reklamationen oder Ähnliches werden da schwierig.

Und natürlich kommt die Qualität der Kopfhörer für vier Euro nicht an die der Markenprodukte ran. Hier wird getrickst: Weil die Originalmarke nicht genannt wird, ist das gekaufte Produkt auch nicht fake – stand ja nirgends, dass es das Markenprodukt sein sollte. Die Markenhersteller könnten zwar wegen Copyrightverletzungen klagen, dem Käufer wurde aber nicht mehr versprochen als geliefert wurde. Genau hinschauen lohnt sich also. Diese weiteren versteckten Haken hat der Onlineshop laut Max Dehling aus der SWR3-Wirtschaftsredaktion:

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Schnäppchen oder Gefahr Hat das Temu-Shop-Konzept auch einen Haken?

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Super günstige Preise, eine riesige Auswahl und noch mehr Rabattaktionen: Klingt doch fast zu schön, um wahr zu sein. Gibt es einen Haken? Ja, sagt Max Dehling von der SWR3-Wirtschaftsredaktion.

Wo kommen die Produkte von Temu her? Erfahrungsbericht aus dem Lager

Eigentlich gibt es nicht nur ein Lager von Temu. Zwar kommen alle Bestellungen als Zwischenstation in Guangzhou – im südlichen chinesischen Landesteil Guangdong an, allerdings sind sie dann schon fertig verpackt und werden direkt weiter zu den Kunden verschickt. Verpackt werden die Produkte in der ost-chinesischen Zwei-Millionen-Stadt Yiwu im Landesteil Zhejiang. Sie ist bekannt als der weltweit wichtigste Markt für Kleinwaren und alltägliche Gebrauchsgegenstände. Von dort kommen beispielsweise 80 Prozent der Weihnachtsdeko für die ganze Welt her.

Yiwu gilt als weltweit wichtigster Markt für Kleinwaren

Unsere Reporterin Eva Lamby-Schmitt war vor Ort in Yiwu und lief an Unmengen von Paketen und in Plastik verpackten Shirts, Haushaltswaren und Kinderspielzeug vorbei. Viele der Bewohner nutzen die Nachfrage von Temu, um nach ihrer eigentlichen Arbeit noch nebenbei Pakete zu packen, bei anderen ist das Paketepacken der Hauptberuf. Dafür mieten manche sogar extra Kellerabteile, um mehr Platz für die Ware zu haben.

Gewinn trotz Billigpreise – wie geht das?

Zwischenhändler, die auch was verdienen wollen und ein Lieferweg von beispielsweise 10.000 Kilometern: Wie kann sich das Geschäft mit Temu überhaupt für die Leute in Yiwu lohnen?!

Hauptsächlich, weil die Einkaufspreise für die Händler so günstig sind. Besonders in Yiwu seien die Sachen noch mal günstiger als anderswo. Die Fabriken verkaufen ihre Waren teilweise für umgerechnet unter einem Cent. Die Händler versuchen dann, wenn sie an Temu verkaufen, noch mal 100 bis 300 Prozent Profit rauszuschlagen.

Wenn der Endkunde mit seiner Ware zufrieden ist, dann geht die Rechnung auf. Ein Minusgeschäft wird es dann, wenn der Kunde die Ware zurückschickt, weil er nicht zufrieden ist. Dann trägt der Händler die Kosten. Einige Händler erzählten Eva, dass sie noch eine Strafe zahlen müssen, die fünfmal so viel ist, wie der Kunde für das Produkt bezahlt hat. Noch mehr Eindrücke von vor Ort könnt ihr hier anhören. 👇

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Reporterin Eva Lamby-Schmitt in China Wo kommen die Schnäppchen aus der Temu-App her?

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Die Shopping-App Temu des chinesischen Online-Handel-Unternehmens Pinduoduo ist in Deutschland beliebt und viele fragen sich: Wo kommen die günstigen Produkte überhaupt her? Genau dieser Frage ist Reporterin Eva Lamby-Schmitt in China nachgegangen. Und zwar in der ost-chinesischen Zwei-Millionen-Stadt Yiwu im Landesteil Zhejiang. Sie ist bekannt als der weltweit wichtigste Markt für Kleinwaren und alltägliche Gebrauchsgegenstände.

Verbraucherzentrale warnt vor Temu-App

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht den Onlineshop Temu kritisch. Gerade wegen der Bestellung im Ausland würden Fallstricke und Risiken lauern. Sie gibt deshalb folgende Tipps an Personen, die Produkte im Ausland bestellen möchten:

  1. Zollgebühren und Steuern prüfen: Je nach Fall könnten hier zusätzliche Kosten auf Käufer zukommen.
  2. Nicht in Vorkasse gehen: Ist das Produkt schon bezahlt, kommt aber nicht an, wird es schwierig, das zurückzuholen.
  3. Bewertungen checken: Was schreiben andere User über das Produkt?
  4. Temu nutzt persönliche Daten für kommerzielle Zwecke – die eigenen Einstellungen (Standortbestimmungen, Kontakte, Mikrofon,...) also besser nochmal prüfen.

Erfahrung mit Temu-Produkten: Qualität oder Schrott?

Grundsätzlich muss günstig nicht immer schlecht heißen, so können beispielsweise Zwischenhändler zwischen China und Deutschland den Produktpreis ansteigen lassen. Bei Temu fallen genau die eben weg: Die Produkte werden vom Produktionsland, meist China, aus vermarktet, verkauft und dann verschickt. Das spart außerdem Lagerkosten und Steuern.

Für jeden erschwingliche Preise – das klingt erstmal gut und manche Produkte machen auf den ersten Blick einen soliden Eindruck. Bei manchen wird es aber wirklich gefährlich, zeigt der Temu-App-Selbstversuch von HR-Redakteurin Maike Busse.

Temu-Produkte: Vorsicht Stromschlag

Wer bei Temu beispielsweise Elektrogeräte bestellt, geht zugunsten des Preises ein hohes Risiko ein: Die Produkte werden nicht auf ihre Sicherheit hin überprüft – weder nach chinesischem noch nach europäischem Standard. Klingt nicht allzu schlimm, wird ja schon nichts schiefgehen? Im Zweifel kann ein Stromschlag mit 230 Volt aus der heimischen Steckdose drinsein.

Auch andere Sicherheitsmängel drohen: giftige Stoffe, die in der EU eigentlich nicht zugelassen sind, oder schlecht verarbeitete Materialien beispielsweise. Normalerweise sind diese Dinge durch die CE-Kennzeichnung abgedeckt.

Im Shop von Temu tragen manche Produkte eine CE-Kennzeichnung – die ist aber oft gefälscht. Andere Produkte im Temu-Shop haben erst gar keine.

CE-Kennzeichen oder „China Export“?

Achtung, großer Unterschied: Manchmal wird das engerstehende CE-Zeichen als „China Export“ bezeichnet – auch von Produktherstellern selbst. Damit wurde in der Vergangenheit immer wieder gerechtfertig, warum es sich nicht um Verbrauchertäuschung handle. Tatsache ist aber: Ein solches Zeichen existiert im offiziellen chinesischen „System der Konformitätsbewertung“ nicht. Das bestätigt die EU-Kommission. Es bleibt also dabei: Das falsche CE-Zeichen bleibt ein falsches CE-Zeichen

Außerdem werden gesetzlich festgelegte Widerrufsbedingungen nicht eingehalten: Wer in der EU Waren kauft, hat – egal woher sie geliefert werden – ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Im Temu-Shop werden manche Produkte davon ausgeschlossen, was so nicht in Ordnung ist.

Wish, Alibaba & Co.: Die Masche der Schnäppchen-Shops

Temu ist nicht der erste Onlineshop, der mit wahnsinnig günstigen Schnäppchen lockt: Die Unternehmen Wish und Alibaba waren bisher die Platzhirsche auf dem Markt. Die Shops gehen ähnlich vor:

  • Lagerung und Versand aus den Produktionshallen, um Steuern im Ausland zu sparen
  • Kostenloser Versand durch ein geringes Gewicht
  • Vermeidung von Zollgebühren durch Preise meist unter 150 Euro (spätestens nach dem dritten Rabattcode); wenn doch etwas anfällt, muss oft der Kunde dafür aufkommen
  • Kein Geld in Produktdesign investieren: Große Marken werden nachgebaut

Unsere Quellen

Transparenz ist uns wichtig! Hier sagen wir dir, woher wir unsere Infos haben!

Auch andere Medien und Webseiten können für uns Quellen für News sein. Das sind zum Beispiel Seiten, die sich nur mit einem Themenbereich beschäftigen und deshalb Spezialisten in dem Bereich sind. Für Seiten wie hiphop.de oder raptastisch.net arbeiten zum Beispiel Musik-Journalisten, für Webseiten wie golem.de oder t3n.de Technik-Journalisten.

Auch andere Medien und Webseiten können für uns Quellen für News sein. Das sind zum Beispiel Seiten, die sich nur mit einem Themenbereich beschäftigen und deshalb Spezialisten in dem Bereich sind. Für Seiten wie hiphop.de oder raptastisch.net arbeiten zum Beispiel Musik-Journalisten, für Webseiten wie golem.de oder t3n.de Technik-Journalisten.

Der SWR ist der Südwestrundfunk. Er ist öffentlich-rechtlich und gehört mit anderen Sendern (wie zum Beispiel WDR und BR) zusammen zur ARD. Dort arbeiten Journalisten, die zu aktuellen Themen direkt mit Betroffenen sprechen und bei Behörden und Unternehmen kritisch nachfragen. Der SWR wird durch den Rundfunkbeitrag finanziert und arbeitet unabhängig von Werbung und Politik.

Die ARD - das sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Deutschland zusammen. Dazu gehören zum Beispiel der SWR (Südwestrundfunk), der BR (Bayerischer Rundfunk) und der WDR (Westdeutscher Rundfunk). Die ARD-Journalisten berichten in Radio, Fernsehen, Internet und über Social Media, was in ihrer Region oder auch weltweit passiert. Außerdem gibt es Redaktionen für spezielle Themen zum Beispiel die Politik in Deutschland oder Gerichtsentscheidungen in Karlsruhe oder Sendungen wie Tagesschau oder Sportschau.

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