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AUTOR/IN
Jessica Brandt
Jessica Brandt (Foto: SWR3, Niko Neithardt)
INTERVIEW
Sascha Kaub

Nur positive Bewertungen im Internet? Wir haben mit einer Agentur gesprochen, die positive Bewertungen verkauft. Warum dieses Geschäftsmodell aber mindestens fragwürdig ist und was wir selbst dagegen tun können, erfahrt ihr hier.

Bewertungen bestimmen ganz häufig unser Kaufverhalten. Sei es bei der Suche nach einem Restaurant oder der Urlaubsplanung – aber sind diese Rezensionen alle echt und kann man ihnen vertrauen?

Fake-Bewertungen von Agenturen: Gibt es sie oder gibt es sie nicht?

In der heutigen digitalen Wirtschaft ist ein Kundenfeedback entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens. Deswegen helfen unsere Bewertungen Verbrauchern, Entscheidungen zu treffen wie zum Beispiel in ein Café zu gehen oder in einem Onlineshop einzukaufen“, sagt der Mitarbeiter der Agentur. Pro Tag entstünden in dem vierköpfigen Team der Agentur durch Servicetests, also reale Tests eines Produktes oder einer Dienstleistung durch die Mitarbeiter der Agentur, der anfragenden Kunden zwischen 100 und 400 positive Bewertungen, so ein Projektmanager der Agentur.

Bei dieser Agentur kann man Google-Bewertungen kaufen. Der Screenshot zeigt, wie viel Rezensionen kosten. (Foto: Screenshot der niedersächsischen Agentur, Stand 14.11.2023)
Eine Bewertung kostet bei der niedersächsischen Agentur je nach Paket zwischen zehn und 13 Euro.

Die Agentur ist der Meinung, dass so auch keine Fake-Bewertungen entstünden. Jedes Unternehmen, das bei der Agentur also Bewerbungen kaufe, würde von Testern geprüft werden und erst anschließend Bewertungen erhalten.

Auf jeden Fall ist das ein sehr fragwürdiges Geschäftsmodell. Zum einen ist es mir nicht ganz ersichtlich, wie Tester deutschlandweit unterwegs sein wollen für schon nur ganz wenige angeblichen Bewertungseinheiten.

Das Angebot beginne bei fünf Bewertungen, die ein Unternehmen bei der Agentur kaufen könne und somit wäre der Aufwand enorm, wenn da wirklich Tester für fünf Bewertungen dann irgendwo vor Ort etwas testen würden, so Oliver Butler. Vor allem werbe das Unternehmen ja auch dafür, so Butler weiter, dass die Bewertungen schnell zur Verfügung gestellt werden würden. Das sei bei einem kleinen Betrieb wie diesem dann doch wirklich schwer nachvollziehbar, wie das gelingen solle.

Insofern kann ich das nicht ganz glauben, was durch solche Agenturen gerne vorgegeben wird. Ganz im Gegenteil: Ich vermute hier eher, nachdem dieses Geschäftsmodell so ja nicht zulässig ist, dass man durch marketingtechnisch andere Begrifflichkeiten hier nicht mehr ganz so offensiv wie früher damit wirbt: Hundert positive Bewertungen kosten x und 1.000 Bewertungen kosten dann y. Also man versucht das jetzt einfach, sprachlich anders zu verpacken.

Gekaufte Bewertungen: Wie neutral sind sie?

Zudem gibt Oliver Butler zu bedenken, dass eine Bewertung, die gekauft wurde, ja nicht mehr neutral sein kann. „Die Abhängigkeit von dem Tester zu dem Anbieter, der ja positive Bewertungseinheiten für sein Geld mehr oder weniger einfordert, ist ja gar nicht von der Hand zu weisen.

Auch der juristische Aspekt sei an dieser Stelle immer noch fraglich, denn es handele sich ja nicht um echte Verbraucher, sondern um Tester. Wenn ein Unternehmen allerdings mit Kundenbewertungen wirbt, dann sind Tester keine realen Kunden und durch die finanzielle Abhängigkeit nicht wirklich neutral. Anders sei dies bei Stiftung Warentest. Hier stünde die neutrale Testung auf der Grundlage bestimmter festgelegter Kriterien im Vordergrund und Stiftung Warentest nehme sich nicht ein Produkt heraus, sondern arbeite mit Vergleichen von Produkten. Das sei eine andere Kategorie von Tests, so Oliver Butler.

Der einzig gangbare Weg“, so Butler, „wäre, dass ein Unternehmen jedem Kunden einen verifizierbaren Link zur Verfügung stellt, der einmal pro echtem Kunden auch abgestimmt werden kann. Dann hätten wir ein echtes und neutrales Meinungsbild über einen Anbieter.

Gekaufte Bewertungen sollen kleinen Unternehmen helfen

So argumentiert der Mitarbeiter der Agentur. „Aktuell gibt es sehr viele Firmen, die einfach den Markt dominieren. Das sind riesige Unternehmen mit viel Marketing-Potenzial dahinter. Und dann gibt es einfach Unternehmen, die vielleicht der kleine Tante Emma um die Ecke, die kaum Umsatz beziehungsweise Neukunden generieren können, weil die einfach zu klein sind. Vielleicht nicht genügend Geld haben für Marketing. Und dann wird so ein Service von uns in Anspruch genommen.

Das scheint ja fast schon eine gute Tat zu sein, so klingt es, kleine Unternehmen so zu unterstützen. Doch Oliver Butler sieht das anders. Das sei vor allem Darstellungssache, wie solche Agenturen ihre Dienstleistungen an die Unternehmen bringen würden. „Aber ich glaube nicht, dass das Geschäftsmodell in dieser Form deswegen ein gutes oder ein besseres Geschäftsmodell wird, weil das Anbieten von gefakten Kundenbewertungen ist zum einen unlauter und auch von Unternehmensseite ist es unlauter, gefakte Unternehmensbewertungen für Marketingmaßnahmen zu verwenden.“ Nichts anderes sei dieses Vorgehen. Die Unternehmen würden genau wissen, das positive Bewertungen Kunden beeinflussen und das würden sich diese Unternehmen zu eigen machen.

Wie wichtig sind positive Bewertungen für Unternehmen?

Gerade bei der Vielzahl an Online-Shops, Restaurants oder anderen Unternehmen ist der Konkurrenzkampf steigend. Sei es online aber natürlich auch vor Ort. Daher sind positive Bewertungen für viele Unternehmen mittlerweile wichtiger geworden. Insbesondere Gastronomie-Betriebe können von positiven Bewertungen profitieren. Im Schnitt hatte ein Gastronomie-Betrieb im vergangenen Jahr rund 277 Bewertungen. Danach folgte die Beauty-Branche, zu denen auch der Friseur zählt, mit rund 31 Bewertungen und Ärzte belegten mit durchschnittlich 20 Bewertungen Platz 3.

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Fake-Bewertungen bei Online-Shops

Bewertungen, die nicht von tatsächlichen Kunden vorgenommen werden, finden wir natürlich auch in Online-Shops. Betreiber einer Shopseite können einstellen, dass Kommentare geschrieben oder eben auch Bewertungen abgegeben werden können. Hier ist es für die Betreiber leicht, eigene Bewertungen in das System einzutragen und zu veröffentlichen.

Wie erkenne ich gekaufte Rezensionen?

Natürlich stellt sich jetzt die wichtige Frage: Wie erkenne ich, welche Bewertung gekauft wurde und welcher ich wirklich trauen kann? Dazu hat unter anderem die Verbraucherzentrale einige Tipps:

  1. Lest mehrere Rezensionen: Schaue dir ruhig ein paar Rezensionen an, um ein Bild zu bekommen. Schreiben sie alle etwas Ähnliches oder gibt es Bewertungen, die völlig aus der Reihe tanzen?
  2. Schaut euch sowohl sehr gute als auch sehr schlechte Bewertungen an: Natürlich kann es einmal vorkommen, dass der Geschmack der Pizza in dem Restaurant nicht auf Anklang gestoßen hat. Dann wird die Bewertung wohl auch schlecht ausfallen. Und über Geschmack kann man sich natürlich hervorragend streiten. Aber wenn die positiven Bewertungen sich sehr stark von den negativen unterscheiden, könnte das ein Hinweis auf gekaufte Bewertungen sein.
  3. Schaut auf die Anzahl der Rezensionen des Profils: Wenn jemand bislang nur eine Rezension vergeben hat, könnte auch das ein Hinweis auf eine Fake-Bewertung sein.
  4. Insbesondere bei Produkt-Tester-Bewertungen vorsichtig sein: Hier wird oft die Bewertung gekauft oder zumindest das Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt, sodass eine gute Bewertung wahrscheinlich nicht ganz unvoreingenommen getätigt wurde.
  5. Bewertungen direkt auf der Shop-Seite sind oft nicht echt: Gerade bei kleineren Online-Shops werden keine Google-Bewertungen, sondern Shop-interne Bewertungen einbezogen. Ob die wirklich alle von Käufern erstellt wurden, ist fraglich.

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Auch bei Hotelbewertungen gibt es keinen Halt vor gefälschten Rezensionen. Wie ihr die entlarvt, hört ihr hier:

Logo SWR3 (Foto: SWR, SWR)

Highlights anhören Hotelbewertungen so erkennt man Fake-Rezensionen

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Hotelbewertungen so erkennt man Fake-Rezensionen

Was machen Google und Co. gegen Fake-Bewertungen?

Das Kaufen von positiven Rezensionen ist nicht direkt illegal. Man darf als Unternehmen diese Bewertungen kaufen. Beispielsweise ist das der Fall, wenn es um Produkttests geht. In diesem Fall darf das Unternehmen dem Tester kostenlos Produkte zur Verfügung stellen. Solange im Bericht des Testers dann ganz klar zu erkennen ist, dass er selbst das Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen hat, ist das in Ordnung.

Was hingegen verboten ist laut §5 Absatz 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb – kurz UWG: Ein Produkt darf nicht aus kommerziellen Gründen positiv bewertet werden, obwohl es nicht selbst getestet wurde.

Ebenso verboten: Schlechte Bewertungen für Mitbewerber zu kaufen. Das würde unter den Tatbestand der Rufschädigung fallen und könnte sogar zur Anzeige bei der Polizei gebracht werden. Seit dem 28. Mai 2022 wurde im Hinblick auf Bewertungen und Rezensionen das bisherige Gesetz noch verfeinert:

  • Bewertungen kaufen: „Die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung“ wird neu als unzulässig erklärt.“
  • Irreführung über die Echtheit von Bewertungen: „Die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen wird ebenfalls als unzulässig erklärt.

Durch diese Änderungen profitieren vor allem wir als Verbraucher!

  • Verbraucherzentralen können Abmahnungen aussprechen, wenn ein Unternehmen eine Fake-Bewertunge gekauft hat.
  • Bewertungsportale wie kununu, hubspot und Co. sind nun selbst dazu verpflichtet, gegen Fake-Rezensionen vorzugehen.

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