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Björn Widmann
Björn Widmann (Foto: SWR3)
Amelie Heß
Amelie Heß (Foto: SWR)

Philipp da Cunha von der SPD in Mecklenburg-Vorpommern ist bundesweit eigentlich nicht besonders bekannt. Das hat sich nach einem Interview schlagartig geändert.

Ein Video von Politiker Philipp da Cunha geht zur Zeit viral. Ein NDR-Reporter fragt den parlamentarischen Geschäftsführer der SPD im Landtag Mecklenburg-Vorpommern zehnmal zu den Kosten für ein SPD-Bürgerforum.

Diese Veranstaltung war Anfang Juli im Hotel Golchener Hof im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Dazu waren etwa 250 Gäste gekommen. Aber: da Cunha weicht aus und gibt Zehnmal die gleiche nichtssagende Antwort. Über die Kosten spricht er nicht.

SPD MV: da Cunha kannte die Kosten beim Interview noch nicht

Der Generalsekretär und Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, Julian Barlen, sagte dem NDR einen Tag nach dem Interview, die Kosten hätten „pro Kopf bei 59 Euro und ein paar Cent“ gelegen, insgesamt also etwa 15.000 Euro. Das habe da Cunha zum Zeitpunkt des Interviews aber nicht gewusst, da der Partei die Schlussrechnung am 3. Juli – dem Tag des Interviews – noch nicht vorgelegen habe. Sie sei erst einen Tag später, am 4. Juli bei der SPD eingegangen und dann auch gleich offengelegt worden.

Philipp da Cunha sagte SWR3 jetzt, dass er nicht damit gerechnet hätte, dass das ungeschnittene Video im Netz lande: „Hätte ich eine solche Veröffentlichung erwartet, hätte ich selbstredend den – dem NDR seit 30. Juni schriftlich vorliegenden – Kontext erneut referiert und auch auf die Nachlieferung der konkreten Kosten nach Vorliegen der Schlussrechnung hingewiesen.

Politiker da Cunha kritisiert Veröffentlichung von Ausschnitt aus Video

Dass der NDR die „Frage-Antwort-Schleife ausschließlich zu den Kosten und ohne den umfangreich von uns dargestellten Kontext“ veröffentlicht hat, findet da Cunha schade. Das sei „unüblich und zeichnet natürlich ein unglückliches und unvollständiges Bild“, sagt da Cunha. Das halte er für sehr bedauerlich.

Wer das ungeschnittene Video, das warum auch immer gänzlich ohne vorliegenden Kontext und Vorgeschichte ausgespielt wurde, jetzt beispielsweise auf Twitter angezeigt bekommt, dürfte es naturgemäß als wenig erhellend einordnen.

Es werde durch den Video-Ausschnitt der Eindruck vermittelt, „ich würden nicht offen Rede und Antwort stehen. Das ist und bleibt nicht mein Anspruch – im Gegenteil.“ Deshalb habe er auch Verständnis für die unterschiedlichen Reaktionen auf das Interview.

Spott und Häme: da Cunha nimmt's locker

Das er von vielen Menschen nach dem doch eher unglücklichen Interview jetzt bundesweit belächelt wird, nimmt der Politiker sportlich.

Wie Heinz Erhardt einst treffend sagte: „Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung.“ Damit kann ich aber leben.

Politikerinnen und Politiker seien schließlich – wie jede und jeder andere auch – nicht unfehlbar. „Ich habe schlicht nicht damit gerechnet, dass die Frage-Antwort-Schleife ungeschnitten, isoliert und ohne den vorliegenden Kontext ausgespielt wird.

Da Cunha: Kein Verständnis für Beleidigungen

Was den 35-Jährigen Landtagsabgeordneten aber erschüttert, ist der Ton in den sozialen Medien: „Wie viel Hass und Wut sich teilweise in Kommentaren wiederfindet. Handfeste Beleidigungen, die ohne Wissen um die Umstände leichtfertig „rausgehauen“ werden, weise ich entschieden zurück.

Er bekomme aber auch Rückmeldungen von Menschen, die regelmäßig mit politischer Kommunikation zu tun hätten, „und diese äußern sich angesichts des weggelassenen Kontextes eher verständnisvoll“, sagte da Cunha SWR3.

Da Cunha wehrt sich gegen Schweige-Vorwürfe

Kurz nachdem der Video-Ausschnitt viral ging, hatte sich da Cunha schon in einer kurzen Nachricht auf Twitter geäußert. Er schrieb, dass dem Sender schon Tage vorher Antworten auf einen Fragekatalog vorgelegen hätten und nach Vorlage der Schlussrechnung auch die Kosten.

Guten Morgen. Dem Sender lagen schon Tage vor dem Interview zwei Seiten Antworten auf einen Fragenkatalog vor, dann das Interview und nach Vorlage der Schlussrechnung auch die Kosten pro Person. Nachzulesen beim NDR und anderen.Vermutlich transparenter als viele andere.

Kritik an SPD-Bürgerforum in Hotel

Durch dieses Interview ist Philipp da Cunha, der außerhalb von Mecklenburg-Vorpommern wohl bislang nur den wenigsten ein Begriff gewesen sein dürfte, jetzt bekannt wie ein bunter Hund. Grundsätzlich ging es im Interview um die Frage, wie die SPD Mecklenburg-Vorpommern mit Fraktionsgeldern umgeht.

Denn die SPD-Veranstaltung hat einen pikanten Haken: Das Hotel, in dem das Bürgerforum stattgefunden hat, gehört dem Ehemann der SPD-Abgeordneten und Vize-Fraktionschefin Christine Klingohr, die ebenfalls mit dem Betrieb eng verflochten ist. Deshalb hatte der NDR in einem Beitrag Vetternwirtschaftsvorwürfe gegen die SPD-Fraktion erhoben.

Video sorgt für Gags im Netz

Nachdem das Kind in den Brunnen gefallen war, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Interview das Netz zu Reaktionen treibt. Und die waren vielseitig. Viele Twitter-Nutzer machten sich darüber lustig, dass da Cunha die Kostenfrage mit der immer gleichen Phrase beantwortete.

Hat Olaf Scholz vor der #Sommerpressekonferenz nochmal schnell Medientraining beim Genossen da Cunha in Mecklenburg-Vorpommern genommen?♻️♻️♻️

Jan vermutet, dass da Cunha seine Antworten auf ganz moderne Art und Weise vorbereitet hat.

Stimmt es, dass Philipp da Cunha keinen eigenen Willen hat und seine Antworten per ChatGPT generiert werden? pic.twitter.com/obs7CX8eun

Fall da Cunha: Auch echte Wut unter den Kommentierenden

Der ehemalige Kieler Stadtrat Sven Seele (Grüne) hat eine Erklärung, warum da Cunha der Frage ständig ausgewichen sein könnte.

Kein Wunder, dass Herr da Cunha den Preis nicht nennen will. Das besagte Hotel gehört dem Ehemann von SPD Vize-Fraktionschefin im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Christine Klingohr. Der Preis lag Berichten zufolge bei 15.000 Euro. https://t.co/D7rX5ESzut

So oder so: Durch das viral gegangene Video ist da Cunha jetzt in der ganzen Bundesrepublik bekannt wie ein bunter Hund.

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