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Von Autor/in Vanessa Valkovic

Für die einen sind sie das größte Glück im Leben, die anderen können sich ein Leben mit ihnen nicht vorstellen: Kinder. Können sich Frauen in Deutschland schon unter 30 sterilisieren lassen?

Celine ist 22 Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Mutter und ihren beiden Katzen in der Nähe von Tübingen. Und: Sie will keine Kinder. Bei Celine ist das aber nicht nur eine Idee oder ein Plan – sie setzt auch einen Punkt dahinter: Celine möchte sich sterilisieren lassen.

Ich empfinde nichts für Kinder. Also ich finde sie nicht süß. Ich weiß nicht. Mich interessieren sie halt einfach nicht.

Warum Celine keine Kinder will

Das ist für Celine aber nicht der einzige Punkt. Im Interview mit der SWR3-Vomittagsshow sagt sie: „Ich selber finde einfach das Leben nicht fair. (...) Es ist halt einfach meistens so, dass viele Menschen im Leben einfach leiden.“ Krieg, Pandemie – in den letzten Jahren ist viel passiert. Celine möchte kein Risiko eingehen. Sie findet: Sie kann einem Kind ja kein schönes Leben garantieren. Auch Angst vor einer Schwangerschaft spielt für die 22-Jährige eine Rolle. Und: Viele Menschen würden ein Baby wollen und seien dann mit der Situation überfordert.

Es ist nicht einfach nur ein Baby zu haben, es ist ja eine Verantwortung, die viele nicht sehen. Und das ist dann egoistisch meiner Meinung nach.

Keine Kinder bekommen wollen als Frau – das ist eine Haltung, die polarisiert. Eine, die oft für viel Gegenwind und Kritik sorgt. Für Celines Familie war ihre Entscheidung ein Schock: „Meine Cousine hat geweint. Weil sie gesagt hat: 'Guck mal, wir hatten doch so eine schöne Kindheit.' Und sie möchte doch auch ein Kind und dann können unsere Kinder genau das zusammen erleben, was wir auch erlebt haben. Aber das ist kein Grund für mich.“ Auch ihre Oma sei bestürzt gewesen, ihre Eltern würden nicht wollen, dass sie sich sterilisieren lässt. Was ihnen Sorge bereitet: Was, wenn Celine ihre Meinung ändert? Ist die Entscheidung zu einer Sterilisation unumkehrbar? Ist das in Deutschland überhaupt erlaubt?

Sterilisation bei der Frau: Wie funktioniert das?

Eine Sterilisation ist nur schwer rückgängig zu machen. Eine künstliche Befruchtung ist theoretisch möglich, ganz einfach ist das allerdings nicht. Der Erfolg einer künstlichen Befruchtung sei genauso groß, wie vor der Sterilisation, bestätigt Frauenärztin Vera Schoeder, bei der Celine einen Termin bekommen hat.

Für den Berufsverband der Frauenärzte spielt auf SWR3-Anfrage auch das Alter eine Rolle: „Aus der Literatur geht hervor, dass vor dem 30 Lebensalter eine Sterilisation nur dann durchgeführt werden sollte, wenn medizinische Gründe vorliegen.“ Also wenn zum Beispiel eine Geburt aus gesundheitlichen Gründen eine Gefahr für eine Frau sein könnte, aber auch, wenn sie schon mehrere Geburten hinter sich hat. Der Eingriff sei ein Risiko, Frauen, die keine Kinder bekommen möchten, könnten auch auf Verhütungsmittel zurückgreifen, so der Berufsverband. Celine hat noch keine Kinder, über gesundheitliche Risiken hat sie mit uns nicht gesprochen. Für sie kamen die Verhütungsmittel nicht in Frage. Sie habe verschiedene Präparate ausprobiert, die Pille aber nicht vertragen.

Eine Eileiter-Sterilisation ist aus ärztlicher Sicht betrachtet, ein medizinisch invasiver und folgenreicher Eingriff in einen gesunden Körper.

Außerdem würden „nicht wenige Frauen“ ihre Einstellung zum Kinderwunsch irgendwann bereuen, so der Berufsverband und beruft sich dabei auf zwei Studien aus den USA.

So bereuen etwa 6 % der Über-30-Jährigen und 20 % der Unter-30-Jährigen später den Eingriff, wobei der Wunsch nach einem weiteren Kind als häufigster Grund genannt wird.

Nach Recherchen des ARD-Reportageformats Rabiat sind In Deutschland 8 Prozent aller Frauen und 2 Prozent aller Männer sterilisiert. Die meisten davon haben demnach bereits Kinder.

Der Berufsverband gibt Ärztinnen und Ärzten beim Thema Sterilisation von Frauen keine eindeutige Empfehlung: Ob ein solcher Eingriff durchgeführt wird oder nicht, ist eine individuelle Entscheidung:

Es ist medizinethisch und moralisch nicht verwerflich, wenn eine Ärztin oder ein Arzt einen solchen Eingriff im Rahmen der Gesamtschau individueller Gegebenheiten ablehnt durchzuführen. Ärztinnen und Ärzte müssen sich dafür nicht rechtfertigen. Umgekehrt müssen sich auch Ärztinnen und Ärzte, die solche Situationen anders beurteilen und eine Sterilisation bei jüngeren Frauen trotz ihrer Bedenken durchführen, nicht moralisch rechtfertigen, solange die Aufklärung gewissenhaft und umfassend durchgeführt worden ist, eine rechtskonforme Einwilligung vorliegt und der chirurgische Eingriff regelrecht erfolgt.

Viele Frauenärzte führen keine Sterilisation bei jungen Frauen durch

Für Celine war es gar nicht so einfach, einen Arzt oder eine Ärztin für den Eingriff zu finden. Nach fünf Absagen findet sie eine Praxis, die 2,5 Autostunden von ihrem Zuhause entfernt ist. Die Kosten liegen in ihrem Fall bei knapp 1.000 Euro, die Krankenkasse übernimmt den Eingriff nicht. Ihre Frauenärztin hat eine klare Haltung zum Thema Sterilisation:

Wir schicken 18-jährige Frauen und Männer in den Krieg, wenn sie Soldaten sind. Die dürfen an einem Maschinengewehr und in einem Panzer selbstverständlich ihren Kopf hinhalten und diese Entscheidung für ihr Leben treffen. Aber sie dürfen als junge Frau nicht entscheiden, dass sie keine Kinder wollen.

Celine muss noch sparen, sie hat erst in ein paar Monaten einen Termin. Für sie ist klar: Sie möchte selbst über ihren Körper Entscheidungen treffen. Hat sie Angst, dass sie den Eingriff irgendwann bereut?
„Ich habe keine Angst davor. Weil, ich denke mir immer so, wenn ich mich jetzt für etwas entscheide und ich es schon seit Jahren als richtig sehe, sollte ich es später auch nicht bereuen. Und die Ärztin hat auch gesagt: Wenn, dann wäre es trotzdem möglich, auch eine künstliche Befruchtung zu machen.“

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