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Autor/in
Kira Urschinger
Kira Urschinger
Redakteur/in
Milena Wassermann (SWR3-Rechtsredaktion)

Müssen Überstunden bezahlt werden? Können sie verfallen, wenn ich sie nicht abbaue? 👉 Hier gibt es einen Überblick übers Arbeitszeitgesetz und einen Rechner für Überstundenvergütung.

Überstunden in Deutschland in Zahlen – bezahlt und unbezahlt

Etwa 1,3 Milliarden Überstunden haben deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Jahr 2022 geleistet. Das sind die aktuellen Zahlen vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Überstunden, die jeder Einzelne macht, zwar deutlich zurückgegangenmehr als die Hälfte der Zusatzstunden bleiben aber weiterhin unbezahlt. 2022 gab es pro Kopf 14,1 bezahlte Überstunden und 16,5 unbezahlte.

Experten sagen, dass die zurückgehenden Überstunden auch ein Effekt sind von Kurzarbeit und Betriebsschließungen während der Corona-Pandemie sowie der Energie- und Wirtschaftskrise, die auf den Ukraine-Krieg folgte.

Infos zum Arbeitszeitgesetz Pausen bei der Arbeit – wann und wie lange müssen sie eigentlich sein?

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Überstunden und Arbeitszeitgesetz – das sind deine Rechte!

Aber muss ich überhaupt Überstunden machen? Ist es okay, wenn im Arbeitsvertrag steht, dass die Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind? Und gibt es eigentlich Obergrenzen für Überstunden? Wir checken die wichtigsten Punkte im Arbeitsrecht – dafür haben wir mit der SWR3-Rechtsredaktion zusammengearbeitet, die sich damit besonders gut auskennt und weiß, was die Klauseln im Arbeitszeitgesetz genau bedeuten.

1. Muss ich Überstunden machen, wenn der Chef es will?

Der Arbeitgeber kann Überstunden grundsätzlich nur dann anordnen, wenn das im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt ist. Wichtig ist also vor allem, dass du deinen Arbeitsvertrag genau prüfst. Wenn es da nicht drinsteht, musst du nicht damit rechnen, dass du zu Überstunden verpflichtet wirst. Freiwillig kannst du aber natürlich mehr arbeiten als vereinbart. Infos dazu, wann du Arbeit ablehnen darfst und wann nicht, findest du in unserem Faktencheck zu Arbeitsverweigerung.

Es gibt übrigens auch noch einen Sonderfall: Wenn eine Notlage oder ein Katastrophenfall erfordert, dass Mitarbeitende länger da sind, dann kann der oder die Vorgesetzte ebenfalls Überstunden anordnen. Das ist aber nun sicherlich nicht daily business.

Überblick Arbeitsverweigerung In diesen Fällen darfst du in der Arbeit „Nein“ sagen!

Wer Arbeit verweigert, kann eine Abmahnung oder Kündigung kassieren. Alles mitmachen müssen Arbeitnehmer aber nicht. Hier ist der Überblick zu Rechten und möglichen Konsequenzen.

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2. Müssen Überstunden bezahlt werden?

Zuerst einmal gilt wie immer im Arbeitsrecht: Ein Blick in den Arbeits- oder Tarifvertrag hilft! Gibt es eine ausdrückliche Regelung, wie Überstunden bezahlt werden, gilt diese.

Aber auch ohne ausdrückliche Regelung ist eine Bezahlung für Überstunden möglich. Weil der Chef über die Arbeitszeit entscheidet, gibt es eine Bezahlung aber nur dann, wenn die Überstunden von ihm gewollt sind. Wichtig ist also, ob der Chef es dir konkret angeordnet hat oder ob du einfach nur länger geblieben bist, ohne dass es abgesprochen war – das solltest du eher vermeiden. Es gibt auch den Fall, dass der Chef oder die Chefin dir Aufgabe übertragen, die man nicht in der normalen Arbeitszeit schaffen kann. Dann kann ich als Arbeitnehmer auch darauf vertrauen, dass meine Überstunden bezahlt werden.

Anders ist das übrigens bei Besserverdienern: Weil sie sowieso schon viel verdienen, können sie in der Regel nicht erwarten, dass sie auch noch Überstunden bezahlt bekommen. Insbesondere für Führungskräfte ist das in vielen Fällen zu beachten.

Diesen Überstunden-Fact haben wir übrigens auch auf Insta zusammengefasst – abonniere gern unseren Kanal, dann bekommst du solche Infos auch gleich auf dein Smartphone.

3. Dürfen Überstunden, die ich in der Arbeit mache, verfallen?

Wenn du die Überstunden noch nicht bezahlt bekommen hast, solltest du deinen Vorgesetzten am besten schnell darüber informieren und eine Lösung einfordern. Es gilt, keine Zeit zu verlieren. Oftmals sind nämlich im Arbeitsvertrag sogenannte Ausschlussfristen vereinbart. Danach verfällt ein Anspruch, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Zeit geltend gemacht wird. Die muss aber immer mindestens drei Monate lang sein. Ist nichts vereinbart, gilt eine Verjährungsfrist von 3 Jahren.

4. Kann ich meine Überstunden auch abbauen?

Überstunden können auch durch einen Freizeitausgleich abgebaut werden. Hier gilt dasselbe wie bei der Auszahlung von Überstunden: Es muss im Tarif- oder Arbeitsvertrag festgeschrieben sein. Dann aber geht es also nicht nur um die Frage „Geld oder kein Geld“, sondern du hast auch die Möglichkeit, deine angesammelten Überstunden auszugleichen. Das geht beispielsweise mit einem früheren Feierabend am Folgetag oder einem späteren Arbeitsbeginn. Insbesondere in Jobs, bei denen in Stoßzeiten sehr viel gearbeitet wird, kann „Überstunden abbummeln“ eine Lösung sein, um dir die nötige Erholung später wieder zurückzuholen.

5. Können Überstunden pauschal mit dem Gehalt abgegolten sein?

Grundsätzlich ja, aber oft können solche Klauseln auch unwirksam sein. Denn es gelten strenge Vorgaben für den Arbeitgeber: Die von ihm verwendeten Klauseln müssen festlegen, wie viele Überstunden auf den Arbeitnehmer zukommen können. Aus dem Vertrag muss also hervorgehen, wie viel Geld du für wie viel Leistung bekommst. Ansonsten ist die Regelung unwirksam. Dann muss der Chef die Überstunden in der Regel bezahlen. Auch hier also noch einmal der beste Tipp: Prüfe am besten genau, was in deinem Arbeitsvertrag drinsteht.

Mann sitzt im Businesslook in der Arbeit in einem Büro. Er stützt sich müde den Kopf. Vermutlich hat er zu viele Überstunden gemacht, die er nicht mehr abbauen kann und ist erledigt. Auf seinen Augen kleben Notizzettel mit aufgemalten offenen Augen.
Überstunden zu machen ist kein Qualitätsmerkmal und zeigt auch nicht, dass man besonders gut seinen Job macht. Im Gegenteil: Überstunden können krank machen und sollten sich bestenfalls so weit im Rahmen halten, dass Arbeitnehmer nicht irgendwann am Rand der Belastbarkeit stehen.

6. Gibt es eine Grenze dafür, wie viele Überstunden erlaubt sind?

Arbeitnehmer werden durch Gesetze geschützt, die festlegen, wie viel sie am Tag maximal arbeiten dürfen. Diese Obergrenze liegt bei maximal 10 Stunden am Tag. Und die kann auch nur ausgereizt werden, wenn sich die durchschnittliche Arbeitszeit in einem bestimmten Zeitraum wieder auf 8 Stunden einpendelt. Unendlich Überstunden anzuhäufen geht also nicht und wird auch in vielen Unternehmen durch eigene Regeln überprüft. Wenn du zu viele Überstunden ansammelst, kann es also auch sein, dass sich die zuständige Abteilung im Haus bei dir meldet und nachfragt.

Denn auch das darf man nicht vergessen: Chefs haben auch eine Fürsorgepflicht. Es ist also eigentlich seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht beispielsweise durch eine dauerhafte Überbelastung krank werden oder gar die Arbeitssicherheit gefährden.

Überstunden-Rechner – Vergütung von Mehrarbeit

Wie viel Geld kriege ich für meine Überstunden, wenn ich sie mir ausbezahlen lasse? In diesem Rechner kannst du deine Überstundenvergütung individuell berechnen.

Überstundenvergütung berechnen

Mit diesem Rechner kannst du ganz einfach berechnen, wie hoch deine Vergütung ausfallen sollte, wenn du Überstunden machst. Trage einfach deine Informationen ein, dann erhältst du dein Ergebnis.

Diese Daten werden von SWR3 nicht gespeichert, genutzt oder weitergeben. Dieser Rechner steht nur dir zur Verfügung, um einen Überblick über deine Überstundenvergütung zu bekommen.

Bruttogehalt ist der Gesamtbetrag vor Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen.

Wenn du den Zuschlag nicht kennst, trage hier 0 ein.

Podcast anhören: Grenzen setzen bei der Arbeit

Häufig machen Menschen Überstunden, weil sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie nicht da sind. Weil sie denken, dass sie es den Kolleginnen und Kollegen schuldig sind. Oder in sozialen Berufen, weil sie sich der Aufgabe und den Patienten verpflichtet fühlen. Das kann die eigene Gesundheit aber unter Umständen gefährden.

In unserem Podcast Der Gangster, der Junkie und die Hure haben wir mit Dirk Gastauer gesprochen. Er ist Diplompädagoge und setzt sich damit auseinander, wie Menschen auch bei der Arbeit Grenzen setzen können, um einer Überbelastung zu entgehen. Hier die ganze Folge anhören:

Der Gangster, der Junkie und die Hure - Maximilian Pollux, Nina Workhard und Roman Lemke stehen vor einem Sarg

Der Gangster, der Junkie und die Hure Dirk: Wie setze ich Grenzen bei zu viel Arbeit?

Dauer

Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten, sind besonders gefährdet, auszubrennen. Das weiß unser Gast Dirk Gastauer (geborener Kratz) auch aus eigener Erfahrung. Der Diplompädagoge arbeitet hauptberuflich in der Suchthilfe und engagiert sich begeistert für gemeinnützige soziale Projekte, übernimmt gerne Verantwortung. Daraus schöpft er Kraft. Seine sogenannte Leiche im Keller: Erst wenn er sich keine Zeit mehr für sportlichen Ausgleich nimmt, völlig übermüdet ist und trotzdem seinen Urlaub streicht, dämmert ihm, dass er die Verantwortung für sich selbst vernachlässigt.
Ein Thema, das Maximilian, Roman und Nina als selbstständige Unternehmer mit Berufung nur zu gut kennen. Die Parallele zu stofflichen Süchten liegt nahe. Gemeinsam versuchen sie zu ergründen: Ist für Selbstfürsorge jeder zu 100 Prozent selbst verantwortlich? Wann beginnt Arbeitssucht? Und warum ist Workaholism für Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten, ein schwieriger, vielleicht sogar falscher Begriff? Selbstfürsorge heißt dann, andere zu enttäuschen oder im Stich zu lassen, sagt Maximilian.
Dirk erklärt, wer sich im privaten Bereich für Feedback eignet, wie unentbehrlich Supervision im beruflichen Umfeld ist und was man tun sollte, wenn man bei anderen Signale für Überarbeitung erkennt.
Die Burnout-Leiche ist schwer zu packen: Es bleibt zwiespältig, ab wann Engagement zur Sucht wird. Jeder muss für sich seine Grenzen erkennen und festlegen. Dirk glaubt daran, dass ihm eine äußere Struktur mit festen Prioritäten hilft. Ob gefährliches Konsum- oder Arbeitsmuster – wichtig ist, sich immer klar zu machen: Warum tue ich das?
Schreibt uns an gjh@swr3.de.
Ehrenamt – Wenn Helfen nicht mehr gut tut: https://www.diakonie-pfalz.de/fileadmin/user_upload/moechte_helfen/Ehrenamt/Wenn_Helfen_nicht_mehr_gut_tut.pdf
Arbeitssucht erkennen:
https://www.ikk-classic.de/gesund-machen/arbeiten/arbeitssucht-erkennen
Workaholic Definition, Ursachen, Folgen und Behandlung: https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/workaholic-arbeitssucht-definition-ursachen-folgen-behandlung-100.html
Therapeutensuche: https://www.therapie.de/psyche/info/ und https://www.bptk.de/service/therapeutensuche/

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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist zuständig für den Themenbereich Arbeitsplatz und Regeln im Beruf. Im hier als Quelle verwendeten Dokument sind Erläuterungen zum Arbeitszeitgesetz veröffentlicht.

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Milena Wassermann (SWR3-Rechtsredaktion)

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