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Nicola Müntefering
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Mirja Raff
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Schlafen in Intervallen soll die Leistungsfähigkeit steigern, sagt Schlaf-Coach Nick Littlehales, der schon Fußballstar Christiano Ronaldo als Schlaf-Trainer gecoacht hat. Aber stimmt das wirklich? Wir haben bei Dr. Hans-Günter Weeß, Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums des Pfalzklinikums, nachgefragt.

Der Mensch ist laut Weeß ein tagaktives Lebewesen und schläft nachts. Das macht er schon seit vier Millionen Jahren so! Dieser Schlaf-Wach-Rhythmus, der an den Hell-Dunkel-Rhythmus gekoppelt ist, der ist ganz fest in unseren Schlafgenen verankert und an diesen Rythmus sind alle biologischen Prozesse, denen wir unterliegen, fest verbunden.

Der Mensch ist ein Rhythmus-Tier.

Warum ist der nächtliche Schlaf so wichtig?

Nachts, während des Schlafens, wird zum Beispiel das Wachstumshormon ausgeschüttet. Beim Mann wird Testosteron ausgeschüttet, was er nicht nur für seine Fortpflanzungsfähigkeit, sondern auch für den Muskelaufbau braucht. Außerdem ist der nächtliche Schlaf wichtig für die Gedächtnisbildung, zur Stärkung unseres Immunsystems und er ist wichtig für unsere Emotionen, beziehungsweise für unsere Stimmung. Sobald wir am Tag schlafen, haben wir weniger davon und damit eine viel geringere körperliche Regeneration. „Aus all diesen Gründen können wir Intervall-Schlaf nicht empfehlen“, so Weeß.

Was kann passieren, wenn man nachts zu wenig schläft?

Schlaf ist das wichtigste Regenerations- und Reparaturprogramm, das der Mensch überhaupt hat.

Wenn wir nicht genügend Schlaf haben in der Nacht, da wo er stattfinden soll, das sehen wir zum Beispiel bei den Schichtarbeitern als ein ganz klassisches Beispiel, dann haben wir ein erhöhtes Gesundheitsrisiko.

So sind zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrscheinlicher. Das heißt: Das Risiko für einen Schlaganfall, für einen Herzinfarkt oder für Bluthochdruck ist erhöht. Auch das Risiko für Alterserkrankungen wie Parkinson oder Demenz und auch psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen werden viel wahrscheinlicher.

Nachts sollten wir ins Bett gehen, am Tage sollten wir aktiv und wach sein. Dann werden wir am ehesten gesund und haben die höchste Wahrscheinlichkeit auf ein langes Leben.

Ist mehrmals am Tag 90 Minuten Intervall-Schlafen gut?

Hinter diesen 90 Minuten Intervallen steht die theoretische Annahme, dass jeder Mensch einen so genannten Non-REM-Schlaf-Zyklus hat, der angeblich exakt 90 Minuten dauert. Das heißt: da folgen bestimmte Schlaf-Stadien aufeinander, die einen Schlaf-Zyklus ausmachen. Der Mensch hat, je nachdem wie viel er schläft, zwischen vier und sieben solcher Schlaf-Zyklen in der Nacht. „Jetzt kommt das große Aber“, sagt Weeß. Das sei ein theoretischer, ein statistischer Mittelwert. Niemand wisse, wie lange die tatsächliche Dauer seines Schlaf-Zyklus liege. Diese könne irgendwo zwischen 70 und 110 Minuten sein.

Aus diesem Grunde ist die Empfehlung des Intervall-Schlafens in 90-Minuten-Takten aus einer wissenschaftlichen, aber auch aus einer klinisch praktischen Sicht, nicht vertretbar und auf keinen Fall zu empfehlen.

Schläft Fußballstar Christiano Ronaldo falsch?

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Stimmt es, dass Intervall-Schlaf die Leistungsfähigkeit steigert? Schlaf-Coach Nick Littlehales hatte das unter anderem Christiano Ronaldo empfohlen. Weeß hat dazu eine ganz klare Meinung: „Das sind keine Berufsgruppen, die eine fundierte, qualifizierte Ausbildung in Schlafforschung oder Schlafmedizin haben.“ Häufig hätten solche Coaches nur angelesenes Wissen und das zeige sich gerade in diesem Fall sehr deutlich.

Ich gehe ganz fest davon aus, dass Ronaldo nie diese 90 Minuten Schlafzyklen angewandt hat, weil ansonsten wäre seine Leistungsfähigkeit, seine sportliche Leistungsfähigkeit, nicht die, wie wir sie eben in den letzten Jahren beobachten konnten.

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