
Lehmanns Leben Schönen Tag noch!
- Dauer
Was meinen Menschen eigentlich, wenn sie „Schönen Tag noch!“ sagen? Sebastian Lehmann versteht darunter Beleidigungen. Ihr auch?
Was meinen Menschen eigentlich, wenn sie „Schönen Tag noch!“ oder „Du Karnickel!“ sagen? Sebastian klärt uns auf.
Immer wenn jemand zu mir sagt: „Schönen Tag noch!“ habe ich das Gefühl, er hasst mich.
Kann man diese Worte überhaupt noch positiv sagen? Eigentlich folgen sie doch immer einem Streit:
„Sie verblödete Arschgeige haben mir das letzte Schokocroissant vor der Nase weggekauft. Ich verfluche Sie, ihre Kinder und Kindeskinder. Mögen Sie alle einen qualvollen Tod erleiden. Schönen Tag noch!“
Wahrscheinlich hat meine Mutter doch recht: „Der Ton macht die Musik.“ Das hat sie früher schon als Jugendlicher immer zu mir gesagt.
„Oh, toll, Mama. Es gibt schon wieder total leckeren Broccoli zum Mittagessen!“
„Koch doch selber, du verwöhnter Bengel.“
„Das sagt man doch nicht zu seinem Sohn!“
„Ich hab das nicht böse gemeint“, flötete sie dann. „Mein kleiner, lieber Bengel. Der Ton macht die Musik.“
Weitere Beleidigungen
Kürzlich benutzte meine Tante die schönste Beleidigung, die ich je gehört habe: „Du Karnickel!“
Karnickel sind ja eigentlich total niedliche Häschen. Aber in dem Ton, wie meine Tante es sagte, noch dazu zu dem Herrn im Fernsehen – einem hoffentlich für immer ehemaligen Präsidenten mit orangenen Haaren – war es auf jeden Fall eine Beleidigung. Vor allem weil sie vollständig sagte: „Halt‘s Maul, du Karnickel!“
Nicht nur Ton macht die Musik, sondern auch Kontext. Sitzt du im Gefängnis und musst Tag und Nacht Beethovens Neunte hören, ist es Folter und nicht so schön wie im Konzerthaus mit drei, vier Sekt intus.
Wenn ich also zu meiner Freundin sage, mitten in der Nacht, als das Baby mal wieder schreit: „Ich liebe dich, du bist die beste Mutter, die es gibt – und dein Kind braucht dich jetzt.“ Dann heißt das in diesem Kontext eigentlich nur: „Ich will schlafen!“
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Aber wenn meine Freundin dann antwortet: „Steh jetzt auf, du fauler Arsch!“ Dann bedeutet das genau das.
„Du Karnickel“, sage ich zum Baby. Zärtlich und nett. Denn es sieht mit seinen zwei Zähnen wirklich aus wie ein kleines Häschen. Es lächelt kurz und weint dann wieder.
„Schöne Nacht noch“, ruft meine Freundin aus dem Schlafzimmer. Und das meint sie wiederum ganz anders.