Menschen ohne Kinder machen mich wahnsinnig. Sie wissen nichts von den wirklich wichtigen Dingen im Leben wie bedingungslose Liebe, ausgelassene Freude und das Farbschema von Babykacke. Menschen ohne Kinder sind nie übermüdet oder gestresst. Auch wenn sie das ständig behaupten. Ihr Leben ist einfach und bedeutungslos.
Hier könnt ihr das Audio noch zu Lehmanns Leben anhören!

Sebastian Lehmann - Lehmanns Leben Menschen ohne Kinder
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Lehmanns Leben: Menschen ohne Kinder
Bis vor Kurzem gehörte auch ich zu ihnen. An mein altes Leben davor kann ich mich kaum noch erinnern. Wahrscheinlich bin ich Menschen mit Kindern früher auch auf die Nerven gegangen, wenn ich von meinen Problemen erzählte: „Also, gestern lag ich auf dem Sofa und dann ging plötzlich Netflix nicht mehr.“
Die Augen des Menschen mit Kind blitzten bei den Worten Sofa und Netflix seltsam auf. Das kennt er seit Jahren nicht mehr. Doch das habe ich damals nicht gesehen. Ich war blind. Denn Menschen ohne Kinder verstehen nichts! Sie rufen zum Beispiel an und sagen: „Ey, Sebastian, hast du spontan Lust auf ein Bier heute Abend?“ „Spontan?“, rufe ich höhnisch. „Lust?“, rufe ich kopfschüttelnd. „Bier?“, rufe ich fassungslos.
Spontanität ist überschätzt. Ohne straffe Organisation ist ein Familienleben nicht zu schaffen. Und ob ich auf etwas Lust habe, ist nicht relevant. Schließlich handle ich als Vater nach der Maxime: Frage nicht, was dein Kind für dich tun kann, sondern frage, was du für dein Kind tun kannst. Und Alkohol trinke ich natürlich nicht mehr einfach so aus Spaß. Höchstens ext man als Mensch mit Kind mal ein Glas Rotwein heimlich in der Küche, während der Spross gerade die Kindersicherung von den Steckdosen pult.
Was soll man überhaupt mit Menschen ohne Kindern reden? Sie machen ja nur so langweilige Dinge wie arbeiten, schlafen, sich besaufen, Sex haben (natürlich geschützt), einen 500 Seiten Roman lesen, einen 500 Seiten Roman schreiben oder ein Jahr Work & Travel in Neuseeland. Das kann man übrigens auch alles mit Kind machen, aber man will es nicht (außer schlafen). Man will nur seinem Kind zugucken wie es langsam, immer und immer wieder versucht, einen viereckigen Klotz in die Öffnung mit dem Kreis zu stecken. Das ist pures Glück!
Neulich fragte mich jemand, ob ich Kinder hätte. Ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Ja, klar! Eins.“
Da bemerkte ich erst den Doppelkinderwagen mit den Zwillingen und das kleine Neugeborene in der Trage auf seiner Brust. Und in seinem leicht abfälligen Blick las ich: „Menschen mit nur einem Kind verstehen wirklich gar nichts!“
Ich befürchte, er hat recht.