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Stefan Scheurer
Stefan Scheurer (Foto: SWR3)
SWR3.online

Es sind die tiefsten Verletzungen der Seele, die es gibt: Eltern trennen sich, die Kinder werden zur Waffe gegen den anderen. Der Unterhalt wird zum Druckmittel. Das Kölner Tatort-Team hat am Sonntag in der bitteren Kälte des Rosenkriegs ermittelt.

Ein Tatort über Familienstreit und Hass

Es ist mal wieder Nacht im Tatort, wie so oft. Unter einer Brücke liegt die Leiche einer Frau. Sie war Sozialarbeiterin und hatte die schweren Trennungsfälle auf dem Tisch: Ehemalige Familien streiten um die Kinder, den Unterhalt, die blanke Existenz. Es ist ein Milieu, in dem sich alle gegenseitig hassen – und die Frau vom Amt, die hassen sie natürlich auch. Die Kommissare Ballauf und Schenk ermitteln. Potenzielle Täter gibt es genug, denn alle getrennten Eltern mit gescheiterter Ehe hatten ein Motiv die Sozialarbeiterin umzubringen. Klar ist, dass manchen Ex-Familien reihenweise die Sicherungen durchknallen. Wir sehen Ermittlungen in einem Paralleluniversum, in dem es nur Verlierer gibt. 

Der Kampf auf dem Rücken der Kinder 

Zahlt der Papa oder die Mama genug Unterhalt? Betrügt hier wer das System? Und geht es immer nur ums Kindeswohl? Der Tatort lässt nichts aus, Instrumentalisierung der Kinder inklusive: „Los, sag der Mama mal, wie lieb du den Papa hast – auf einer Skala von 1 bis 10.“ Missbrauch, Trauer, Charme, enttäuschte Hoffnungen, tiefe Ungerechtigkeit.

Und genauso düster fühlt sich dieser Tatort dann auch an. Wir Zuschauer blicken 90 Minuten lang in all diese Abgründe ehemals glücklicher Familien. Selbst am Schluss wird eine heile Vorstadtidylle noch mal zerstört. Am Ende ist uns fast egal, wer wen umgebracht hat, denn all die Schicksale schlagen in unseren Magen, in unser Gesicht. 

90 Minuten schwere Kost

Den Tatort sollte man sich anschauen, wenn man eine wenigstens einigermaßen glückliche Familie zu Hause hat. Es ist wichtig zu sehen, welche Abrisse auf uns alle warten, wenn wir uns nicht anstrengen. Unglück aus Faulheit, aus Dummheit, aus Verantwortungslosigkeit – und schlicht und einfach in manchen Fällen auch einfach nur aus tragischem Pech heraus. „Niemals ohne mich“ wird jeden ganz tief frösteln lassen, der Kinder hat. Und zwar so sehr, dass es sich über 90 Minuten nur schwer ertragen lässt. Er ist kein sonderlich guter Krimi, aber eine Art Weckruf und eine Erinnerung an die Herausforderungen, eine glückliche Familie zu haben.  

Diese Wahrheit ist schwer anzuschauen inmitten der Corona-Krise, so viel ist klar. Drei traurige Elche.

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