Virenprusten, Tröpfchenschleudern, es wird gehustet und geschnupft. Ausnahmezustand im Gerichtssaal. Eine Urteilsverkündung macht so wenig Sinn. Kann man nachholen, wenn alle wieder gesund sind. Der Fall ist ohnehin klar. Der junge Russe war der Mörder. Eindeutig. Sauber ermittelt von Professor Karl-Friedrich Boerne, Frank Thiel und Nadeshda Krusenstern.
Einst Blechtrommler jetzt eiskalter Killer
Aber irgendetwas stimmt nicht. Oder warum taucht pünktlich zur Verhandlung ein kleiner Mann aus Südafrika in Münster auf, der ein Köfferchen mit tödlichem Inhalt mit sich trägt? Er ist ein guter Bekannter der Juwelierin, bei der wiederum die Schwester des Mordopfers arbeitet. Paraderolle für David Bennent übrigens, einst der kleine Oskar in der Verfilmung der „Blechtrommel“.










Nadeshda wird vom Weihnachtsmann entführt
Nadeshda bereitet sich währenddessen gut gelaunt auf Weihnachten bei der Familie in Russland vor. Kekse hat sie auch gebacken und von denen will sie vor ihrer Abreise noch schnell ein paar bei Kommissar Thiel vorbeibringen. Doch kurz vor der Weihnachtsgebäck-Übergabe wird sie entführt. Die Forderung des Entführers: Thiel und Boerne sollen im Mordfall um den jungen Abenteurer noch einmal neu ermitteln.
Ermittlungen statt weihnachtlicher Einsamkeit
Kein Problem für die beiden. Die Weihnachtsfeiertage drohen ohnehin wegen Freundes- und Verwandtschaftsmangels relativ einsam zu werden. Und dann kommen auch noch diese Alpträume dazu. Thiel träumt von Riesenbraunbären, von abgeschnittenen Frauenohren, alles unterlegt von russischer Musik. Bildlich sicher die Höhepunkte dieses Tatorts, dessen Stärke ja ohnehin nie die experimentelle Kameraführung oder die nervenzerfetzende Spannung ist.
Vorhersehbare Schenkelklopfer
Und hier liegt auch das Problem, denn der Humor, das wichtigste Münsteraner Tatortmerkmal, kränkelt diesmal auch so vor sich hin. Von Schenkelklopfern mit intellektuellem Anlauf (na denn Prost, nein Proust), bis hin zu Witzen, die man eigentlich gleich mitsprechen kann.
Boerne: „Ich werde ins Engadin reisen, Skifahren mit Freunden.“
Staatsanwältin Klemm: „Ich wusste gar nicht, dass Sie Skifahren.“
Und was kommt folgerichtig jetzt? Klar.
Kommissar Thiel: „Ich wusste gar nicht, dass Sie Freunde haben.“
Boernes Kommentar: „So erbärmlich vorhersehbar Thiel.“
Ja, da steckt viel Wahres drin.
Silvestervorsatz Humorarbeit
Wir hoffen jetzt auf die Selbsterkenntnis, vielleicht ein guter Vorsatz für das neue Jahr. Wieder mehr am Humor arbeiten und nicht allein auf die Sympathiewerte vertrauen. Der Tatort Väterchen Frost ist für mich ganz o.k. Aber Achtung! Das ist bekanntlich die Vorstufe von „sie haben sich sehr bemüht“.