Der Verband der Praxisärzte, der Virchowbund, hat seine Mitglieder zu der Aktion aufgerufen. Fast 20 weitere Ärzteverbände sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen haben sich angeschlossen. Der Virchowbund rechnet damit, dass deutschlandweit eine fünfstellige Zahl von Arztpraxen geschlossen sein wird.
Jeder Patient, der heute dringendsten Bedarf hat, Notfälle, werden natürlich versorgt.
Auf der Protest-Webseite des Verbands ist von „schmerzhaften Sparmaßnahmen“ die Rede, zu denen die Politik und die Krankenkassen die Praxen seit Jahrzehnten zwängen. Der Protest soll auf den Fachkräftemangel aufmerksam machen. Auch auf die aus Sicht der Mediziner ausufernde Bürokratie, auf die Inflation und die hohen Energiekosten, unter denen die Praxen litten, sowie auf die „Spar-Gesetze“ der Bundesregierung.
Der Virchowbund hat in einem Tweet angekündigt, dass der Streiktag am 2. Oktober nicht der einzige bleiben könnte: „Das ist erst der Anfang“, heißt es dort. In der Pressemitteilung des Verbandes wird es deutlicher: „Der erste bundesweite Protesttag ist der Auftakt zu weiteren Protestaktionen von ärztlichen Berufsverbänden und Kassenärztlichen Vereinigungen.“
Arztpraxen zu: Das steckt hinter dem Streik der Mediziner
Dirk Heinrich, der Bundesvorsitzende des Virchowbundes hat im Morgenmagazin von ARD und ZDF gesagt, dass die Praxen ihre Patientinnen und Patienten nicht mehr so versorgen könnten, wie sie wollten. Durch Sparmaßnahmen und Leistungskürzungen würden Termine für Patientinnen und Patienten „immer rarer“.
Zu Jahresbeginn wurde die Neupatientenregelung gestrichen – sie hatte Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize geboten, damit sie neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten. Dieser Schritt müsse zurückgenommen werden, forderte Heinrich.
Auch im SWR3-Topthema mit Jens Grotegut geht es um die Streiks. Was fordern die Ärzte genau und wie können Lösungen aussehen?

Topthema vom 02.10.2023 Protest auf Rezept
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Wer heute zum Arzt will, muss sich möglicherweise an den Notdienst wenden. Weil viele niedergelassene Haus- und Fachärzte einen Protest-Brückentag einlegen und ihre Praxis zu lassen. Wir können nicht mehr – heißt es auf der Seite des Verbandes der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Die Politik muss dringend was machen, sagen sie und warnen: Ändert sich nichts, werden gesetzlich Versicherte Patienten bald noch länger auf einen Termin warten müssen – als ohnehin schon.
Was sie genau fordern und wie Lösungen aussehen können. Protest auf Rezept – das ist das SWR3 Topthema mit Jens Grotegut.
Gesundheitsminister Lauterbach will Ärzten nicht mehr Geld geben
Unmittelbar vor dem Protesttag stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Forderungen nach mehr Geld infrage. „Am Brückentag schließen viele Praxen, wie die Apotheker wollen auch sie mehr Geld. Im Mittel (Median) verdienen sie aber nach Abzug aller Kosten um die 230.000 Euro pro Jahr“, schrieb er auf X. Und er fragte – offensichtlich rhetorisch gemeint: „Soll der Beitragssatz für Arbeitnehmer steigen, damit das Honorar weiter steigt?“
Der Virchowbund kritisiert Lauterbach vor allem dafür, dass er sich mehr für Krankenhäuser als für niedergelassene Ärzte interessiere. Der Verband nennt auch andere Summen als Lauterbach und spricht von einem Praxisüberschuss von 172.903 Euro im Jahr und einem Nettoeinkommen – nach Abzug von Altersvorsorge, Kranken- und Pflegeversicherung sowie Einkommenssteuer – von 85.555 Euro.
Ärzte-Streik: Kritik auch von Kassenärztlicher Vereinigung
„Der Bundesgesundheitsminister nimmt billigend in Kauf, dass die Praxen kollabieren und die ambulante Versorgung in Deutschland und Hessen mehr denn je ins Wanken gerät“, sagten die Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen, Frank Dastych und Armin Beck.
Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung soll es einen flächendeckenden Not- und Bereitschaftsdienst geben. Wer nicht bis zur Praxisöffnung am Mittwoch warten könne, solle den Patientenservice unter der Nummer 116 117 nutzen.