Am vergangenen Mittwoch wurde Lina E. vom Oberlandesgericht Dresden wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Auch drei Männer wurden verurteilt. Jetzt haben sie Revision gegen das Urteil eingelegt. Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts Dresden sagte, die Akten werden dem Bundesgerichtshof übergeben, allerdings müsse das Urteil der Kammer erst schriftlich vorliegen. Wie lange das Revisionsverfahren dauert, ist noch nicht klar.
Aktuell ist die Studentin gegen Auflagen auf freiem Fuß. Lina E. muss sich aber zweimal pro Woche bei der Polizei melden. Außerdem muss sie ihren Personalausweis und ihren Reisepass abgeben. Den Rest ihrer Haftstrafe muss sie erst absitzen, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Rund zweieinhalb Jahre saß die 28-jährige Studentin bereits in Untersuchungshaft.
Ausschreitungen im Gerichtssaal nach Urteilsverkündung
Die Unterstützer von Lina E. waren am vergangenen Mittwoch im Gerichtssaal in Jubel ausgebrochen, als der Vorsitzende Richter Hans Schlüter-Staats verkündete, dass der Haftbefehl ausgesetzt werde. „Fünf Jahre drei Monate ist für jemanden in Ihrem Alter und auch sonst heftig und gravierend“, sagte Schlüter-Staats zu Lina E. in seiner Begründung. Die „größte Hypothek des Verfahrens ist der Status, den Sie hier erlangt haben“, fügte er hinzu.
Bei der Verkündung des Strafmaßes war die Stimmung noch ganz anders gewesen. Während der Urteilsbegründung, die mehr als neun Stunden dauerte, kam es im Gerichtssaal immer wieder zu Tumulten und Zwischenrufen. Unterstützer von Lina E. bezeichneten die Richter und den Senat als „Fascho-Versteher“ und riefen „Scheiß-Klassenjustiz“. Zwischendurch musste die Sitzung unterbrochen werden.
Caren Miosga hat in den ARD-Tagesthemen mit Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) über den Fall Lina E. gesprochen:
Darum geht es im Fall Lina E.
Neben der Hauptangeklagten Lina E. wurden noch drei weitere mutmaßliche Linksextremisten zu Haftstrafen verurteilt. Die Vorwürfe: Bildung einer kriminellen Vereinigung und schwere Angriffe auf Rechtsextreme. Der Generalbundesanwalt warf der Gruppe vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche Neonazis oder vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Leipzig, Wurzen und Eisenach brutal zusammengeschlagen zu haben.
Lina E. soll laut Anklage die Anführerin der Gruppe gewesen sein. „Rechtsextremisten entgegenzutreten ist ein achtenswertes Motiv“, sagte Richter Schlüter-Staats in seiner Urteilsbegründung. Die Angriffe aber blieben „schwere Straftaten“. Er betonte, von rechter Gewalt gehe die größte Gefahr aus. Bei aller nachvollziehbaren Kritik an Defiziten bei der Verfolgung rechter Taten liege das Gewaltmonopol jedoch beim Staat.
Eine ganze Folge des SWR3-Podcasts Dark Matters widmet sich dem Fall um Lina E.:
Einer der größten Linksextremismus-Prozesse
Der Prozess gegen Lina E. und die Mitangeklagten gilt als einer der größten Linksextremismus-Prozesse seit Jahren. Prozessauftakt war im September 2021. Die Ermittler sahen den Prozess als essenziell im Kampf gegen Linksextremismus. Die Beschuldigten hätten den demokratischen Rechtsstaat ebenso abgelehnt wie das staatliche Gewaltmonopol, lautete eine Anschuldigung der Anklage. Die Verteidigung hielt die Anklage dagegen für überzogen und hatte in fast allen Punkten Freispruch gefordert.
Demonstrationen nach Verurteilung von Studentin Lina E.
Nach der Urteilsverkündung hatte es Proteste und Demonstrationen gegeben. Nach Behördenangaben bewarfen Demonstranten in Leipzig und Bremen Polizisten mit Flaschen und Pyros. Ausschreitungen wurden auch aus Hamburg und Berlin gemeldet.