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Dominik Bartoschek
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Björn Widmann
Björn Widmann (Foto: SWR3)

Ein Preisaufschlag auf Wiener Würstchen von 88 Prozent – aber nur in dieser Woche. Das steckt hinter der Strategie des Discounters.

Der Discounter Penny experimentiert in dieser Woche mit seinen Preisen: Für neun Produkte werden die „wahren Kosten“ angeben, also die Preise inklusive der Umweltfolgekosten, hat der Mutterkonzern Rewe mitgeteilt. Und diese Kosten rechnet der Discounter bei bestimmten Artikeln auf die Ladenpreise.

An der Aktionswoche nehmen alle 2.150 Filialen in Deutschland teil – also auch die mehr als 300 Filialen in Baden-Württemberg und mehr als 100 in Rheinland-Pfalz. Und das wird nicht etwa verheimlicht, sondern die Kundinnen und Kunden werden am Regal auch noch mit der Nase darauf gestoßen.

Penny bietet neun Produkte eine Woche lang viel teurer an (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Oliver Berg)

Nachrichten SWR3 Topthema: Das steckt hinter den „wahren Kosten“ bei Penny

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Dominik Bartoschek aus der SWR-Umweltredaktion erklärt, warum die Produkte zum Teil bis zu 88 Prozent mehr kosten.

Penny gibt „wahre Kosten“ aus: Was sind die Folgen?

Zumindest für die neun Produkte, die Penny in dieser Woche teurer gemacht hat, ist das Prinzip des Discounters ausgehebelt. Discounter wollen Lebensmittel günstig verkaufen, möglichst günstiger als die Konkurrenz, das ist das Geschäftsmodell.

Dominik Bartoschek aus der SWR-Umweltredaktion nennt ein Beispiel: 6,01 Euro für Wiener Würstchen, statt bisher 3,19 Euro. Damit will das Unternehmen auf die seiner Meinung nach „wahren Kosten“ der Produkte aufmerksam machen.

Satte Preise beim Discounter: Das steckt dahinter

Der ursprüngliche Preis ist durchgestrichen, direkt daneben steht der neue Preis. Macht eine satte Preiserhöhung bei den Wiener Würstchen von 88 Prozent. Damit will sich der Discounter jedoch nicht etwa die Kassen füllen, sondern möchte eine Woche lang zeigen, dass jedes Lebensmittel neben dem Ladenpreis noch einen anderen Preis hat. Nach eigenen Angaben will Penny die Mehreinnahmen aus den teurer gewordenen Produkten spenden.

Dieser Preisaufschlag ergibt sich aus den Umweltfolgekosten, auch aus den sozialen Kosten, die aktuell zwar bei der Lebensmittelproduktion entstehen, nicht aber in den Preis einbezogen sind.

Das sagt Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg. Er ist einer der Wissenschaftler, der die Aktionswoche wissenschaftlich begleiten. Die ganze Aktion wird von der Technischen Hochschule Nürnberg und der Universität Greifswald begleitet.

Was halten die Kunden von dem Versuch? Wir haben uns umgehört:

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Nachrichten Umfrage zum Experiment der „wahren Kosten“

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Was halten die Kunden von dem Versuch? Wir haben uns umgehört.

Verborgene Kosten: Das steckt hinter den „wahren Kosten“

Aber was bedeuten die „wahren Kosten“ denn nun? Im Fall der Wiener Würstchen beinhaltet er jetzt auch die Kosten, die durch die Tierhaltung entstanden sind. Zum Beispiel dafür, dass Trinkwasser vielerorts aufwendig aufbereitet werden muss, weil es durch Güllerückstände belastet ist. Bisher zahlt das die Allgemeinheit, beim Konzept der „wahren Kosten“ übernimmt das der Käufer.

Neben den Wiener Würstchen sind auch Joghurt und Käse bei Penny von den wissenschaftlichen Preiserhöhungen betroffen – bio und konventionell – und auch ein pflanzliches Schnitzel. Der jeweilige Aufschlag für die Umweltfolgekosten wird nach einem wissenschaftlichen Modell errechnet und fällt bei pflanzlichen und Bio-Produkten niedriger aus als bei tierischen und konventionellen Produkten, sagt Tobias Gaugler.

Von daher: Je pflanzenbasierter eine Ernährung ist und je mehr Bio-Anteil dabei ist, desto besser ist es für Umwelt, Klima und sonstige negative Umweltfolgen.

Die Rechnung: Welche Produkte bei Penny wie teuer werden

So sind es bei den Wiener Würstchen 88 Prozent Aufschlag für die konventionelle, aber nur 63 Prozent für die Bio-Variante. Und beim veganen Schnitzel sind es gerade mal 5 Prozent Aufschlag. Und wie setzt sich der Preis zusammen? Bleiben wir bei den Würstchen:

So setzen sich die „wahren Kosten“ zusammen
Alter Preis3,19 €
+ Klima0,94 €
+ Wasser0,09 €
+ Boden1,17 €
+ Gesundheit0,62 €
= „Wahrer Preis“6,01 €

So entstehen für neun Produkte des Discounters ganz neue Preise:

Das sind die neun Produkte mit den „wahren Kosten“
ProduktAlter Preis„Wahrer Preis“
Fruchtjoghurt (Naturgut Bio)1,19 €1,56 €
Fruchtjoghurt (Penny Zukunftsbauer)1,19 €1,64 €
Käsescheiben (Naturgut, Bio)2,19 €3,70 €
Maasdamer (Lindenhof)2,49 €4,84 €
Mozzarella (Naturgut Bio)1,29 €1,92 €
Mozzarella (San Fabio)0,89 €1,55 €
Schnitzel (Food for Future)2,69 €2,83 €
Würstchen (Naturgut Bio)3,29 €5,39 €
Wiener (Mühlenhof)3,19 €6,01 €

Die Verkaufszahlen, die Penny den Wissenschaftlern nach einer Woche zur Verfügung stellen wird, könnten also zum Beispiel zeigen, ob es eine Lenkungswirkung gibt – ob Verbraucher also mehr Bio und mehr vegane Produkte kaufen, wenn der Preisunterschied zu konventioneller Ware gar nicht mehr so groß ist.

Vor allem aber ist man gespannt, ob überhaupt eine relevante Anzahl von Kunden die erhöhten Preise akzeptiert oder nicht einfach zu einem anderen Artikel greift. Auch das ist eine wichtige Erkenntnis für die Wissenschaft und bei Penny heißt es, ein deutlicher Einbruch der Verkaufszahlen sei durchaus einkalkuliert.

Deshalb hat man sicherheitshalber auch nur solche Produkte für die Aktion ausgewählt, die ein langes Mindesthaltbarkeitsdatum haben – wie die Wiener Würstchen. Wenn der Versuch nämlich in einer Woche vorbei ist, werden die dann einfach wieder zum alten Preis verkauft.

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