Reicht es nicht langsam mal mit Impfungen? Nachdem Impfungen gegen das Corona-Virus seit vielen Monaten präsent sind, steht nun, alle Jahre wieder, auch noch die Grippeschutzimpfung im Raum. „Das Ding für die Senioren“ – so der Ruf bei vielen. Aber ist das so? Warum dieser Ruf der Impfung nicht unbedingt gerecht wird, erklärt Lothar Zimmermann. Er ist Gesundheitsexperte im SWR.
Wie gut wirkt der Impfstoff gegen die Grippeviren?
Da sich das Grippevirus verändert und Impfstoffproduzenten sich schon vor einem halben Jahr festlegen mussten, wie dieser Impfstoff aussieht, hängt die Wirksamkeit des Impfstoffes davon ab, wie gut dieser zu den Grippeviren passt, die aktuell zirkulieren. Das kann auch mal weniger gut sein und bei einer Wirksamkeit von 20 bis 60 Prozent liegen.
Dieses Jahr sei es gelungen, einen besonders effektiven Grippeimfschutz rauszubringen, erzählt Anja Braun aus der SWR Wissensredaktion im SWR3-Interview. In Versuchen mit Frettchen wurde getestet, wie gut der Impfstoff auf die aktuellen Influenzastämme angepasst ist. Das Ergebnis war eine Übereinstimmung von ganzen 96 Prozent! Umgerechnet bedeutet das eine ungefähre Wirksamkeit von bis zu 80 Prozent – deutlich mehr, als in anderen Jahren. Damit könnte sie in diesem Jahr tatsächlich weitaus besser vor einer Grippe schützen, als wir das vielleicht gewohnt sind.
Darum geht es ja. Ich will ja nicht schwer erkranken und ich will vor allem nicht lebensgefährlich erkranken.
Kleiner Piecks gegen Grippe Warum die Grippeschutzimpfung diesmal besonders effektiv ist
Ein gutes Argument sich jetzt noch gegen die Grippe impfen zu lassen ist, denn der Grippeimpfstoff ist in diesem Jahr offenbar besonders wirksam.
Grippeschutzimpfung: Für wen ist sie geeignet?
„Ich würde die Grippeimpfung eigentlich jedem empfehlen, denn dieser Piks, der tut nicht sonderlich weh“, sagt Lothar Zimmermann deutlich. Besonders wichtig sei die Impfung für Menschen, die viel Kontakt mit anderen hätten, also zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Aber auch für Menschen, die Grundkrankheiten an Lunge und Herz oder Diabetes haben, sei sie wichtig. Denn wenn Vorerkrankte ein Grippe bekommen, sei der Krankheitsverlauf in der Regel heftiger und könne schnell lebensgefährlich werden. Eine Gefahr, die häufig unterschätzt wird:
Wir dürfen nicht vergessen: Wir hatten 2017/2018 eine Grippewelle, bei der allein in Deutschland 25 000 aufgrund der Grippe verstorben sind. Da muss man sich überlegen: Soll ich nicht einmal zur Grippeimpfung gehen, oder soll ich ein Risiko eingehen?
Diese Entscheidung bleibt jedem selbst überlassen: Eine Pflicht gibt es nicht. Ein Argument dafür oder dagegen kann die Wirksamkeit der Impfung sein. Sie sei in dieser Saison besonders hoch. Nur für Senioren ist de Impfung aber auf jeden Fall nicht hilfreich. Nochmehr Mythen rund um die Grippeschutzimpfung gibt es hier:
Halbwissen und Mythen Das musst du zur Grippeschutzimpfung wissen
Die Grippeschutzimpfung! Die einen machen es nie – die andren haben schon einen Termin bei ihrem Hausarzt. Wir klären Halbwissen und Mythen.
Geschwächtes Immunsystem nach Hygiene-Maßnahmen
Anja Braun legt die Grippeschutzimpfung auch aus einem anderen Grund nahe: Durch die Hygienemaßnahmen während der Coronazeit – Masken, Abstand, regelmäßige Desinfektion – sei zwar die Verbreitung des Corona-Virus' eingeschränkt worden, gleichzeitig wurde aber auch unser Immunsystem geschwächt. Das hatte nämlich weniger mit Viren zu kämpfen und wurde deshalb nicht „trainiert“. Eine Unterstützung in Form der Impfung könne hier helfen.
Eine bewusste Infektion zum Training des Immunsystems ist übrigens nicht sinnvoll: Die Virenlast führt vielmehr zu einer Überforderung des Immunsystems. Es kann die Viren nicht mehr in Schach halten – und man erkrankt deshalb.