Bei dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind mindestens fünf Menschen gestorben, darunter auch ein 9-jähriger Junge. 299 Menschen wurden verletzt, diese Zahl hat das Innenministerium von Sachsen-Anhalt zwei Wochen nach der Tat veröffentlicht. Vorher war immer von 235 Verletzten die Rede gewesen. Einige Menschen hätten sich erst später gemeldet oder seien falsch zugeordnet gewesen, so die Erklärung. Nach dem Anschlag wurden viele Menschen mit schweren oder schwersten Verletzungen in Krankenhäusern behandelt.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gedachte der Opfer in seiner Weihnachtsansprache und rief zu Zusammenhalt auf:
Strafanzeigen gegen Stadt Magdeburg und Polizei
Fünf Tage nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind Strafanzeigen gegen die Stadt und die Polizei erstattet worden. Nach MDR-Informationen wirft ihnen eine Gruppe von Kriminalisten unterlassene Hilfeleistung vor – sie hätten den Markt nicht ausreichend abgesichert. So soll ein Polizeieinsatzfahrzeug rund 30 Meter von seinem vorgesehenen Standort entfernt gestanden haben – es sollte eigentlich die Zufahrt zum Weihnachtsmarkt versperren.
Anschlag auf Weihnachtsmarkt in Magdeburg: Ein Überblick
- Was bisher zum Täter bekannt ist
- Klinikum bedankt sich für freiwillige Hilfe
- Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg: Mehr Sicherheit und weniger Reflex
- Das ist auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg passiert
- Trauerfeier am Samstag nach dem Anschlag
Gedenken an Opfer in Magdeburg mit Menschenkette
Mit einer Menschenkette haben in Magdeburg am Montagabend mehr als 4.000 an die Opfer des Anschlags erinnert. Sie positionierten sich gleichzeitig gegen die politische Vereinnahmung durch Rechtsextremisten. Zu der Aktion hatte die Initiative mit dem Titel „Gib Hass keine Chance“ aufgerufen. Zur gleichen Zeit nahmen rund 3.500 Menschen an einer Kundgebung der AfD teil, die der sachsen-anhaltinischen Landespolitik Versagen vorwirft und den Rücktritt von Landesinnenministerin Zieschang fordert.
Die Stadt teilte mit, innerhalb einer Woche seien mehr als 600.000 Euro auf dem Spendenkonto der Stadtverwaltung zusammengekommen. Das Geld soll helfen, Opfern und Angehörigen möglichst schnell Unterstützung zu sichern.
Was zum Täter bisher bekannt ist
Der Name des Mannes, der für den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg verantwortlich ist, ist mittlerweile bekannt: Taleb A.
- Er stammt offenbar aus Saudi-Arabien und lebe seit 2006 in Deutschland, wie sein Arbeitgeber bestätigt.
- Vor acht Jahren wurde er als politischer Flüchtling anerkannt.
- Zuletzt soll der 50-Jährige als Arzt im Fachbereich Psychotherapie in einer Klinik für Suchtkranke in Bernburg gearbeitet haben.
- Es verdichten sich die Hinweise auf eine gravierende psychische Erkrankung des Täters. Das berichtet die Deutsche Presse-Agentur und beruft sich auf Sicherheitskreise.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat Medienberichte bestätigt, nach denen im Auto des Täters ein Testament gefunden wurde. Dieses sei auf den Tag der Tat datiert, sagte der Sprecher. Ob der Mann das Testament selbst geschrieben habe, sei Gegenstand der Ermittlungen. Nach Informationen des Spiegel soll Taleb A. in dem Testament geschrieben haben, dass nach seinem Tod sein Vermögen an das Deutsche Rote Kreuz übergehen soll. Politische Botschaften waren laut Spiegel nicht in dem Dokument.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte, er passe in kein bisheriges Raster: „Dieser Täter hat unfassbar grausam und brutal gehandelt – in der Begehungsweise wie ein islamistischer Terrorist, obwohl er ideologisch offenbar ein Islamfeind war.“ Auch für Behörden und Sicherheitsexperten passt er in kein gängiges Schema. Denn: Taleb A. soll sich Ende der 1990er-Jahre vom Islam losgesagt haben. Er habe sich immer wieder kritisch zum Islam und zu Saudi-Arabien geäußert und gesagt, er wolle unterdrückten Frauen helfen.
Gleichzeitig fiel er wohl immer wieder mit Gewaltdrohungen im Netz auf. Laut Ermittlerkreisen soll ein erster Drogentest nach der Festnahme positiv ausgefallen sein. Die Ermittlungen laufen und gegen Taleb A. wurde ein Haftbefehl erlassen. Der 50-Jährige müsse unter anderem wegen des Vorwurfs des fünffachen Mordes und mehrfach versuchten Mordes in Untersuchungshaft.
Mehr Informationen zum Täter hat ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt:
Auch die Kolleginnen und Kollegen von der Tagesschau haben zusammengefasst, was über den Täter bekannt ist:
Gewaltdrohungen und Islamhass Das wissen wir über den Tatverdächtigen von Magdeburg
Immer wieder fiel er im Netz mit Islamhass und Drohungen auf. Mehrfach waren die Behörden vor dem Mann gewarnt worden, der nun in Magdeburg festgenommen wurde. Noch ist unklar, wi…
Klinikum bedankt sich für freiwillige Hilfe
Das Klinikum in Magdeburg hat sich bei seinen Mitarbeitenden für die großartige Hilfe bedankt. Auf Facebook schrieb das Krankenhaus, dass „mehr als 120 Pflegefachpersonen und zwei Dutzend Ärztinnen und Ärzte“ des Krankenhauses freiwillig kamen und mitanpackten. Die vielen Helfer und Helferinnen kamen zusätzlich zu dem Personal, was im Krisenfall gerufen wird. Alle elf Schwerverletzten, die im Krankenhaus behandelt wurden, seien außer Lebensgefahr.
Geschäftsführer Willi Lamp bedankte sich bei seinem Team: „Wir erleben hier in dieser Ausnahmesituation eine grandiose Teamarbeit. Das berührt uns natürlich sehr, vor allem, weil wir so alle sehr schnell behandeln konnten. Ein riesengroßes Dankeschön an alle, die da waren.“
Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Magdeburg: Mehr Sicherheit und weniger Reflex
Noch während der Ermittlungen gab es zahlreiche Posts auf Social Media zu den vermeintlichen Hintergründen der Tat. Im SWR3 Topthema fordern Politiker und Fachleute mehr Sicherheit und Aufarbeitung:
Nach dem Angriff werden vermehrt Übergriffe auf Menschen mit ausländischen Wurzeln gemeldet. Das berichten Beratungsstellen aus dem Raum Magdeburg. Ein Netzwerk von Migrantenorganisationen aus Sachsen-Anhalt spricht von einer gefährlichen Lage. Es rät Menschen mit Migrationsgeschichte, nicht mehr abends oder allein durch Magdeburg zu gehen.
Nach Attacke in Magdeburg Auf diesen Weihnachtsmärkten in BW ist jetzt mehr Polizei unterwegs!
In Magdeburg ist ein Auto in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gerast. Wie darauf reagiert wird - hier checken.
Das ist auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg passiert:
- Ein Auto ist am Freitag gegen 19 Uhr in die Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt gefahren.
- Der Fahrer hat laut Augenzeugen absichtlich auf die Besucher des Weihnachtsmarktes gezielt.
- Der Weihnachtsmarkt in Magdeburg war von der Polizei offenbar nicht vorschriftsmäßig abgesichert. Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) hat laut MDR-Informationen bestätigt, dass das Polizeiauto, das den Rettungsweg hätte sichern sollen, an der falschen Stelle postiert war.
- In diesen Rettungsweg war der Taleb A. gerast.
- Er wurde anschließend noch in der Innenstadt festgenommen.
- Für die Tat soll er einen schwarzen BMW angemietet haben.
- Taleb A. ist nach bisherigen Erkenntnissen ein Einzeltäter und war den Behörden nicht als Islamist bekannt.
SWR3 hat mit Thomas Melchior gesprochen, der als Augenzeuge in Magdeburg vor Ort war, als das Auto in die Menschenmenge fuhr:
Trauerfeier am Samstag nach dem Anschlag
Vor der Johanniskirche in der Magdeburger Innenstadt liegen immer mehr Blumen, Kuscheltiere und brennende Kerzen. Am 4. Advent gab es eine Mahnwache, am Samstagabend nach dem Anschlag eine Gedenkstunde mit Hunderten Menschen. Zu der Trauerfeier im Dom waren unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und viele weitere Politiker gekommen.
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