Wie wichtig ist Lokalpatriotismus in Deutschland? Und was hat das mit den Nachbarn zu tun? Sebastian Lehmann liefert Antworten.
Die Deutschen sind sehr lokalpatriotisch. Neulich hatte ich einen Auftritt in Nürnberg. Ich kam auf die Bühne und rief: „Hallo Bayern!“ Der Abend war vorbei.
Patriotismus allgemein ist sowieso schwierig. „Ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau“, hatte ja schon zu recht Gustav Heinemann gesagt.
Patriotismus und Liebe sind schwierige Themen
Allerdings geht es auch in einer Beziehung manchmal nach hinten los, von Liebe zu sprechen. Zum Beispiel wenn der Partner nach 20 Jahren Ehe plötzlich am Frühstückstisch sagt: „Schatz, ich liebe dich.“
„Hä, warum? Hast du mich betrogen?“
„Nee, wie kommst du jetzt darauf?“
„Wir reden doch sonst nur über das Wetter. Und jetzt plötzlich Liebe.“
„Ich wollte nur mal was Nettes sagen...“
„Jaja, es reicht jetzt! Ich habe auch jemand Anderen kennengelernt. Schon vor 15 Jahren.“
Lokalpatriotismus ist hierzulande wirklich sehr wichtig. Vor allem muss sich man sich von den Menschen und Orten in der direkten Nachbarschaft abgrenzen. Exemplarisch: Köln und Düsseldorf. Zwei völlig identische Städte, in denen der gleiche Fluss fließt, jedes Frühjahr die gleichen Kostümpartys stattfinden und sogar das gleiche Bier aus diesen kleinen Schnapsgläsern getrunken wird.
Einmal besuchte ich eine dieser beiden Städte.
„Wo ist denn der Dom?“, fragte ich einen Einheimischen.
„Wir haben hier keinen Dom“, antwortete er.
Peinlich. Hatte ich wieder die zwei Städte verwechselt. „Oh, das tut mir leid, ich wollte Sie als Düsseldorfer nicht beleidigen.“
„Sie sind hier in Hannover!“
Lokalpatriotismus für Zugezogene
Schlimmer als Leute, die den Stolz auf ihren Geburtsort ausleben, sind nur noch Zugezogene. Die nerven wirklich. Ich bin übrigens auch sehr stolz darauf, ein echter Berliner aus Süddeutschland zu sein. Jeden Morgen stehe ich um 13:30 Uhr nach einer langen Kreuzberger Nacht auf und trinke erstmal einen Pfefferminzschnaps aus einem Kölsch-Glas. Schließlich trete ich auf meinen Balkon und deklamiere: „Ick bin ein Berliner.“
„Halt dit Maul, du Fliezpiepe, wa!“, ruft Herr Kaminiski aus dem zweiten Stock. Der ist noch ein krasserer Berliner als ich. Er kommt ursprünglich aus Ankara.