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Matthias Kugler
SWR3-Musikredakteur Matthias Kugler
Daniela Hilpp
SWR3 Moderatorin Daniela Hilpp
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Vanessa Valkovic
Vanessa Valkovic

Seine Gedanken zur Tour-Absage hat Die Ärzte Schlagzeuger Bela B. im SWR3 Interview mit uns genauso geteilt, wie die extremsten Ärzte Fan-Aktionen. Und ihr erfahrt, was es mit dem Video-Gastspiel seines Hosen-Kollegen auf sich hat.

Wo soll das noch enden zwischen Die Ärzte und die Toten Hosen? Einen recht deutlichen Ausblick hat Ärzte Drummer Bela B. jetzt im SWR3-Sonntagsshow Interview mit Nicola Müntefering gegeben.

Video-Gastspiel der Toten Hosen

Im neusten Ärzte Video zu Noise übernimmt Hosen-Schlagzeuger Vom Ritchie sogar kurz das Schlagzeug von Bela, der schubst ihn aber direkt wieder raus aus dem Clip.

Und dieses kurze Gastspiel zeigt ganz deutlich: Die ehemalige Band -Rivalität der beiden großen deutschen Punk-Rock Institutionen ist mittlerweile in einen charmanten Kuschelkurs umgeschlagen.

„Insgesamt ist diese große Feindschaft der Hosen und der Ärzte schon sehr lange ad acta gelegt, es gibt zwar immer noch Frotzeleien aber wir freuen uns auch immer über Erfolge der jeweils anderen Band, besuchen uns auch. Und zwischen Vom und mir gibt es schon länger eine engere Bindung. Wir mögen uns sehr, haben viel Spaß und regelmäßig Kontakt, gehen gemeinsam auf Konzerte und nachdem Rod ja schon in einem Hosen Video mitgemacht hat, war´s jetzt mal an der Zeit, dass einer der Hosen auch mal bei uns im Video auftaucht. Das hat einfach gepasst. Ein gemeinsames Album oder eine Single ist allerdings nicht geplant.“

Schockierende Fan-Momente

Über die Jahrzehnte bleibt so einiges hängen in einem bewegten Musikerleben – bei Bela sind es v.a. auch Erinnerungen an ziemlich schräge Begegnungen mit Die Ärzte-Fans.

Damals, in den 80ern, war ich etwas schockiert: Ich hab eine Zigarette auf der Straße ausgedrückt und ein Mädchen das hinter mir lief, hat die Kippe tatsächlich aufgehoben und in ihr Portemonnaie gesteckt. Das war schon ganz schön krass.

Eine andere schockierende Sache war, dass ein Typ meine Unterschrift auf seinen Rippen wollte, um sie tätowieren zu lassen. Und dabei meinte er so: „Meine Freundin hat das schon“. Sie hebt also ihr Shirt, um das Autogramm-Tattoo zu zeigen und ich… hab das wirklich nicht erkannt als meine Unterschrift. Das tat mir so leid, weil sie da jetzt irgend so einen Krickelscheiß aufm Körper hatte.

Tour-Absage im Herbst

Auch zur wiederholten Absage und der von den Fans langersehnten Ärzte-Tour ab dem 30. Oktober hat sich Bela im SWR3 Interview nochmal ausführlich geäußert.

Wir haben zum Impfen aufgerufen. Es wäre sicherlich Alles mit einer deutlich höheren Impfquote machbar gewesen. Dann hätten wir die Tour spielen können.
…da können jetzt Leute zetern und sonst wie, aber es ist nun mal so. Wir können Corona nicht einfach so Ignorieren, dass wissen wir jetzt mittlerweile auch seit 16 Monaten und dementsprechend ist die Entscheidung so ausgefallen.

Diese Entscheidung sei der Band aber extrem schwer gefallen. Mit der Absage zu warten, sei aber keine Option mehr gewesen: Weil Fans mit Tickets ihre Anreise zum Konzert planen müssten und weil sich viele Tour-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Herbst einen anderen Job suchen müssten: „Das noch weiter hinauszuzögern wäre unverantwortlich gewesen.“ Es gab für die Bands aber noch mehr Gründe:

Wie stehen wir da auf der Bühne? Schauen da runter und denken, wir gefährden die Gesundheit dieser Leute da unten dafür, dass wir gerne live spielen wollen. Aber aufgrund von wirklich sehr, sehr vagen Tatsachen [...].

Ärzte-Tour abgesagt: Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern

Das Problem: Die Corona-Pandemie und die damit verbundene Organisation von Veranstaltungen. Dazu gibt es einen Dschungel aus Regeln. Allerdings gibt es keine bundesweit einheitliche Regelung für Konzerte. Ein paar Bundesländer erlauben Konzerte ohne Abstand mit der 2G-Regel (geimpft oder genesen), andere nicht, oder noch nicht – aber eventuell später. Also: Es ist kompliziert. Das Problem für die Ärzte: Eine so große Tour wie diese ist mit derart viel Unsicherheit der Genehmigungslage nicht durchführbar. Aus logistischen und organisatorischen Gründen kann man auch nicht mal einfach zwei oder drei weitere Wochen warten, um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln – zum Beispiel die Corona-Politik nach der Bundestagswahl.

Und wenn schon die zuständigen Behörden und Politiker uneinig sind, was für alle sicher und gesund ist, woher sollen wir es dann wissen? Wollen wir wirklich das Risiko eingehen, auf Kosten Eurer Gesundheit herauszufinden, dass wir uns (oder die zuständigen Behörden sich) geirrt haben? Nein.

Außerdem müssten sie dann eventuell derart kurzfristig absagen, dass es noch unfairer gegenüber all denen wäre, die zu den Kosten für die Tickets noch eine „Hotelbuchung, eine Zugfahrt und/ oder den Babysitter stornieren müssten – ganz zu schweigen von unserer Crew und den lokalen Veranstaltern und Helfern“, schreibt die Band auf ihrer Homepage. Die Ärzte sind konsequent, weil sie sagen: Unsere Konzerte funktionieren nur ganz oder gar nicht. Ohne Abstand, ohne Masken. Wenn das nicht geht, sagen wir lieber komplett ab. Das Eintrittsgeld wird natürlich zurückerstattet. Dieser Prozess beginnt laut den Ärzten am 27. September, alle Ticketkäufer werden direkt angeschrieben.

Wie sieht es mit den Konzerten im nächsten Jahr aus?

Die werden – Stand jetzt – stattfinden. Die Ärzte gehen davon aus, dass sich bis dahin die 2G-Regel bundesweit einheitlich und flächendeckend durchgesetzt haben wird, wie es im benachbarten europäischen Ausland schon seit längerer Zeit der Fall ist. Außerdem sind die größeren Shows im nächsten Jahr Open-Air-Konzerte, bei denen an der frischen Luft getanzt wird – nochmal etwas ganz anderes als eine Halle im Winter. Und es werden bis dahin vielleicht auch noch deutlich mehr Menschen geimpft sein, wie zum Beispiel in Dänemark – dort geht das Leben jetzt schon ganz normal weiter.

Corona-Regeln: Eine Herausforderung bei Konzerten

Die Ärzte sind nicht die einzigen, die mit den unterschiedlichen Regelungen zu kämpfen haben. Es gibt dabei nämlich zwei Konzepte und Vorstellungen. Die einen sagen: '50 Prozent Kapazität, Maske tragen und einigermaßen Abstand halten ist okay für mich, besser als nichts, also lass uns spielen.' Viele haben aber tatsächlich auch schon ihre Tourneen vom Herbst ins Frühjahr geschoben, weil sie das nicht wollen, sondern wieder das echte Konzert-Erlebnis wie früher. Und das ist in Deutschland flächendeckend noch nicht möglich. Und ein weiterer Punkt, den man nicht außer Acht lassen darf: Rechnet sich das Ganze für die Veranstalter, die Bands, die Crews? Denn viele sind der Meinung: Bei zum Beispiel maximal 50 Prozent Kapazität zahlen wir drauf, also sagen wir lieber ganz ab. Das wird – in vielerlei Hinsicht – ein spannender Herbst und Winter für die Live-Branche und die Fans.

Wie geht es weiter mit der Ärzte-Tour?

Die Tour-Absage kommt kurz vor der Veröffentlichung des neuen Ärzte-Albums Dunkel am 24. September. Die Band hat für das kommende Jahr zwei weite Touren geplant: die Buffalo Bill in Rom Tour 2022 mit 14 Open-Air-Konzerten in Deutschland, der Schweiz und Österreich und die Berlin Tour MMXXII eine Tour durch Berlin mit 13 Auftritten.

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