Im SWR3-Podcast „True Care – intensive Fälle mit Ricardo Lange“ erzählt Food-Journalistin Eva (34) von ihrem Weg raus aus der Alkoholsucht. Und warum das Thema nicht nur sie betrifft.
Hinweis: In diesem Text geht es unter anderem um das Thema Alkoholsucht. Falls du darauf sensibel reagierst, überspringe den Artikel lieber oder lies ihn nicht alleine. Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige findest du hier.
Eva Biringer ist 34 und arbeitet als Food-Journalistin für verschiedene deutschsprachige Medien. Und sie hatte lange Zeit ihres Lebens ein sehr problematisches Verhältnis zu Alkohol.
Eva ist so betrunken, dass einer der beiden anderen ihr seine Finger in den Hals stecken muss, damit sie sich übergibt. Danach flößen ihre Freunde ihr Kaffee ein, damit sie vor ihrer Mutter nicht auffliegt.
Alkohol: Exzesse am Dorf und der Großstadt
Eva wächst in einem schwäbischen Dorf auf. Dort gibt es einen mittelalterlichen Dorfplatz, viel Natur und noch mehr potenzielle Gelegenheiten zu trinken.
Als Eva mit 18 zum Studieren nach Berlin zieht, geht es in der Partymetropole für sie mit dem Alkohol erst so richtig los. Und auch beruflich hat Eva ständig mit Alkohol zu tun.
Wenn Eva von ihrem Leben mit Alkohol erzählt, fällt immer wieder der Begriff „Faszination“. Was genau fasziniert sie am Trinken?
Der tiefe Fall nach dem Rausch
Doch irgendwann überwiegt nach langen Nächten des Trinkens nicht das Hochgefühl bei Eva, sondern eine Reihe von negativen Erlebnissen.
Gedächtnislücken, Unfälle und ein sexueller Übergriff
Aber es bleibt nicht bei den Fahrradunfällen. Eva erzählt auch von einer Nacht, an die sie sich nur noch schemenhaft erinnert:
Als sie von einer Partynacht in Wien auf dem Heimweg zu einer Freundin ist bei der sie übernachtet, geht ihr ein fremder Mann nach – bis in die Wohnung – und bedrängt sie.
Ihre Freundin wird von dem Lärm geweckt und greift ein. Heute ist sich Eva sicher: Wäre ihre Freundin nicht eingeschritten, dann wäre sie in dieser Nacht vergewaltigt geworden.
Am nächsten Tag realisiert sie gar nicht richtig, was in dieser Situation hätte passieren können – und sie trifft eine Entscheidung, die sich als Wendepunkt herausstellen sollte: Sie trinkt weiter.
Schließlich erkennt Eva doch, dass sie ein Problem hat und Hilfe braucht. Angestoßen wird ihr Entschluss von einer Frage, die sie sich immer wieder stellt:
Das Problem mit dem Begriff „trockene Alkoholikerin“
Seit dreieinhalb Jahren ist Eva nun frei von Alkohol. Als „trockene Alkoholikerin“ will sie trotzdem nicht bezeichnet werden.
Ist Alkohol ein Frauenproblem?
Im Prozess ihrer Abstinenz recherchiert Eva zum Thema Alkohol und liest zahlreiche Studien zu dem Thema. Ihre Erkenntnisse hat sie gepaart mit eigenen Erfahrungen 2021 als Sachbuch veröffentlicht.
Eine Rezension über ihr Buch „Unabhängig. Vom Trinken und Loslassen“ hört ihr in SWR Kultur. 🎧
Studie: Alkoholkonsum von Frauen tendenziell steigend
Während ihrer Recherche stößt sie auf Studien, die ausweisen, dass der Alkoholkonsum zwar insgesamt leicht rückläufig ist, dass der Alkoholkonsum von jungen Frauen aber tendenziell steigt.
Diese Erkenntnis lieferte 2016 eine Forschergruppe der University of New South Wales in Australien. Dafür wurden 68 Alkoholkonsum-Studien aus verschiedenen Kontinenten ausgewertet, die einen Zeitraum von 100 Jahren abdecken.
Gebildete Frauen sind die riskanteren Trinkerinnen
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen gibt an, dass der riskante Alkoholkonsum bei Frauen mit hoher Bildung und besserem Einkommen sogar stärker ausgeprägt sei, als bei Frauen mit niedriger Bildung und niedrigem Einkommen.
Gründe dafür liefert beispielsweise der Suchtforscher Prof. Jürgen Rehm von der TU Dresden. Im Magazin „Psychologie Heute“ (Ausgabe 46 (2019) 12, S. 31-34) erklärt er: „Es gibt einen Zusammenhang von Trinkverhalten und sozioökonomischen Status.“
Eva ist eine von diesen gut gebildeten Frauen. Und sie hat es raus aus der Abhängigkeit geschafft.