Kristin Harila wehrt sich nun gegen Kritik, sie sei über den sterbenden Sherpa hinweggestiegen, um ihren Rekord nicht zu gefährden. Auf Instagram und ihrer Website veröffentlichte sie am Donnerstag ein ausführliches Statement. Sie, ihr Kameramann und ihr Sherpa hätten für den verunglückten Mohammad Hassan „alles getan, was wir zu der Zeit tun konnten“. Gleichzeitig nahm sie die anderen Tourengeher in Schutz:
Ich glaube nicht, dass den Leuten der Ernst der Lage bewusst war, in der sich Hassan befand, während sie kletterten, und deshalb sehen wir, wie sie über ihn rübersteigen, um auf der anderen Seite in Sicherheit zu sein.
K2-Gipfel bescherte Harila Bergsteiger-Rekord
Die 37-jährige Norwegerin und ihr nepalesischer Bergführer Tenjen Lama Sherpa haben am 27. Juli einen neuen Rekord für die schnellste Besteigung der 14 höchsten Berge der Welt aufgestellt. Mit Erreichen des K2-Gipfels hatten sie alle Achttausender innerhalb von 92 Tagen bestiegen. Wegen der Umstände des Todes von Mohammad Hassan wurde Harila auf Social Media aber scharf für das Feiern ihres Rekordes kritisiert – nach eigenen Angaben schlugen ihr Hass und Todesdrohungen entgegen. Aufgrund der kursierenden „Falschinformationen“ habe sie das Gefühl, sie müsse das Geschehene nun aus ihrer Perspektive erzählen.
So schildert Kristin Harila den Vorfall am K2
Ihr Kameramann Gabriel und sie hätten mit zwei Sherpas zusammen rund 1,5 Stunden versucht, den Gestürzten wieder hochzuziehen. Das Ganze fand an einem besonders gefährlichen Abschnitt, einem als Bottleneck bezeichneten Engpass statt. Während Gabriel bei ihm geblieben sei und ihn mit Sauerstoff und heißem Wasser versorgt habe, habe Harila den Aufstieg fortgesetzt, da sie nach einem vorangegangenen Team sehen wollte, das wegen einer Lawine Probleme gehabt habe. Nach einer Weile sei ihr Gabriel gefolgt, weil ihm selbst der Sauerstoff knapp geworden sei und er sich Nachschub habe holen müssen.
Auf dem Rückweg hätten sie dann festgestellt, dass Hassan mittlerweile gestorben sei. Sie seien aber zu wenige gewesen, um ihn sicher zum Basiscamp transportieren zu können.
Man braucht sechs Leute, um jemanden hinunterzutragen, besonders in gefährlichen Gegenden. Das Bottleneck ist aber so schmal, dass nur einer vor und einer hinter die zu tragende Person passt. In diesem Fall war es unmöglich, Hassan sicher hinunterzutragen.
Zurück im Basiscamp hätten sie gehört, dass die Leute dachten, niemand hätte ihm geholfen. „Aber das haben wir. Wir haben unser Bestes gegeben, besonders Gabriel.“ Harila weist in ihrem Statement auch darauf hin, dass der verunglückte Sherpa nicht ausreichend ausgerüstet gewesen sei. Er habe keine Handschuhe getragen und keinen entsprechenden Anzug gehabt. Außerdem schreibt sie: „Das passierte an der gefährlichsten Stelle auf einem der tödlichsten Berge der Welt.“
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Drama am K2: 50 Menschen steigen offenbar über Sterbenden und lassen ihn liegen
In einem Video sieht man, wie Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel des K2 über den Körper eines Verunglückten steigen. Nachdem der 27-jährige pakistanische Hochträger im vorderen Teil der Gruppe abgestürzt war, seien demnach etwa 50 Menschen an ihm vorbei gestiegen, die sich hinter ihm auf der Strecke befanden.
Der Mann habe die ganze Zeit kopfüber und mit nackten Beinen in einem Sicherungsseil gehangen. Die österreichische Zeitung Der Standard berichtete, dass der Kameramann Philip Flaemig bei der Sichtung seiner Aufnahmen die „schreckliche“ Entdeckung machte: Man kann sehen, wie Bergsteiger über den Körper eines Mannes steigen, der offenbar ein unerfahrenen Helfer ist. Drei Stunden soll laut der Webseite Explorersweb der Überlebenskampf gedauert haben. Dieses Video soll den Vorfall zeigen:
Zunächst war zu sehen, wie ein Mann den Oberkörper des Helfers massiert, der zuvor abgestürzt war und an einem Seil gehangen hatte. Flaemig hatte die Aufnahmen mit seiner Drohne gemacht.
SWR3-Korrespondent Peter Hornung beschreibt das Video:

Nachrichten Unterlassene Hilfeleistung? Pakistanische Behörde untersucht Tod am K2
- Dauer
Unterlassene Hilfeleistung? Pakistanische Behörde untersucht Tod am K2
Drama am K2 – Teams steigen wohl über Sterbenden
In Pakistan wurde der Tod des Mannes offiziell bestätigt. Er sei von einer Lawine getroffen worden, hieß es. Nach Angaben der Webseite Explorersweb war er ein Träger, der für die Firma Lela Peak Expedition arbeitete. Zu seinen Aufgaben zählte unter anderem die Reparatur der Seile an der Aufstiegsroute.
Mehrere Lawinen seien am Unglückstag an einem Engpass am K2 ausgelöst worden, der schwierigsten und tödlichsten Stelle vor dem Gipfel. Vielleicht seien deshalb Bergsteiger selbst nicht zur Hilfe geeilt, sagte Abu Zafar Sadiq, Präsident des pakistanischen Alpinclubs.
„Einige der Bergsteiger wurden von den Lawinen getroffen, aber zum Glück wurde niemand mitgerissen“, sagte der Alpinclub-Präsident.
Ein weiterer Grund könnte sein, dass Menschen sich beeilen wollen, um ihren Traum zu erfüllen, wenn sie nur noch wenige Meter von ihrem Ziel entfernt sind. Wie auch immer die Umstände waren, jemand hätte dem armen Kerl helfen müssen.
Gleitschirmflieger drehen faszinierendes Video an zweithöchstem Berg der Welt
Messner: „Man kann nicht zuschauen, wenn da oben einer stirbt“
Am Donnerstagabend hat sich der frühere Bergsteiger Reinhold Messner im SWR zu den Vorfällen am K2 geäußert. Er glaubt zwar eher nicht, dass man den Verunglückten noch hätte retten können, geht aber mit den „Gipfelsüchtigen“ hart ins Gericht.

Nachrichten Reinhold Messner zum K2-Unglück
- Dauer
Donnerstagabend hat sich der frühere Bergsteiger Reinhold Messner im SWR zu den Vorfällen am K2 geäußert.
Augenzeugen berichten von offenbar Sterbendem am K2
Der österreichische Bergsteiger Wilhelm Steindl war an diesen Tagen am K2 und kehrte wieder um, weil die Verhältnisse zu gefährlich gewesen seien. In der österreichischen Zeitung Der Standard beschreibt er das Verhalten der Bergwanderer:
Aus der Erzählung von drei unterschiedlichen Augenzeugen kann ich berichten, dass dieser Mann noch gelebt hat, während etwa 50 Leute an ihm vorbei gestiegen sind.
Man habe einfach ein neues Seil installiert. Augenzeugen hätten berichtet, dass der Verunglückte wohl noch nach den Füßen der vorbeigehenden Bergsteiger griff, um Hilfe zu bekommen. Steindl sagt der österreichischen Zeitung: „Er ist dort elendig verreckt. Es hätte nur drei, vier Leute gebraucht, ihn runterzubringen.“
Nach dem Tod des Mannes hat die zuständige Regionalregierung eine Untersuchung angeordnet. Der Vorwurf: Europäische Bergsteigerteams sollen dem Pakistaner Hilfe verweigert haben.
Nach 36 Jahren Schmelzender Gletscher gibt Überreste von deutschem Bergsteiger frei
Das Schicksal des Mannes erinnert an den Gletschermann Ötzi – nur lag er nicht 5.300 Jahre im Eis, sondern 36. Der Klimawandel hat ihn nun zurückgebracht.