Viele Menschen in den Nachbargemeinden von Blatten hätten keine Lust gehabt, mit Kathrin zu sprechen. Ihnen sei der Schock und Schmerz über die unfassbare Katastrophe anzusehen. Doch zwei erklärten sich bereit, ihr ihre Geschichte zu erzählen.
Blatten: Ohnmacht und Hoffnung bei den Menschen vor Ort
Lukas Kalbermatten hat alles verloren. Ihm hat ein Hotel mit 15 Mitarbeitern in Blatten gehört. Und nicht nur das: Viele Jahre war er Gemeindepräsident und hat die Begeisterung für seine Heimat bei Dorfführungen mit den Touristen geteilt. Das alles gehört nun der Vergangenheit an. Lukas Kalbermatten konnte den Gletschersturz mit eigenen Augen beobachten:
Das ganze Gestein, es ist nicht gerutscht, es ist fast nach vorne geflogen. Und dann das Tal hinunter. Und deshalb kamen diese riesigen Explosionen. Mein Auto stand drei Kilometer entfernt. Das ist Abbruch, wir können es nicht mehr benutzen.
Der Hotelier, der jetzt bei seinen Schwiegereltern untergekommen ist, sprach mit Kathrin unglaublich gefasst und reflektiert über die brutale Zerstörung seiner Existenz:
Ich denke, wie die meisten Menschen funktioniert man zu Beginn. Es gibt einige, die in Stockstarre fallen, die anderen funktionieren.
Bauer Anton Rieder lebt in einem Nachbarort von Blatten. Ein guter Freund von ihm ist die Person, die immer noch als vermisst gilt und die sehr wahrscheinlich nicht mehr am Leben ist. Der Vermisste ist Schafbauer und war zum Zeitpunkt des Gletscherabbruchs im Stall bei seinen Schafen. Dieser lag außerhalb der Evakuierungszone.
So enorm, das konnte niemand erwarten. Er hatte null Chancen. Es ist so schnell gegangen. Es hat geknallt, ein Luftdruck, der Schlamm. Ich glaube, er hat den Schlamm nicht erlebt. Der Luftdruck allein hat ihn schon getötet. Und jetzt muss ich gleich weinen.
Matthias Bellwald, der jetzige Bürgermeister von Blatten, hat bereits am Abend nach dem vernichtenden Gletschersturz den Wiederaufbau des Dorfs angekündigt – doch das wird eine gigantische Herausforderung.
An Solidarität vor Ort mangele es zum Glück nicht. Der erste Schritt sei nun, erstmal Wohnungen im Lötschental zu finden für die Menschen, die in Blatten alles verloren haben.
Die komplette Reportage vor Ort könnt ihr euch hier anhören⬇️

Reportage Nach Bergsturz über Blatten – Hoffnung und Ohnmacht
- Dauer
Eine Reportage aus dem Katastrophengebiet.
Schweiz: Lage bleibt weiter angespannt
Die Gefahr im Bergsturzgebiet bleibt hoch. Am Kleinen Nesthorn sei erneut eine sehr hohe Aktivität registriert worden. Es seien noch immer mehrere hunderttausend Kubikmeter Fels instabil. Weil von oben weiter Gefahr droht, können die Helferinnen und Helfer nicht ins Tal, um den Ort vom Schutt zu befreien.
Etwas Entspannung gibt es dagegen beim Pegel des aufgestauten Sees der Lonza: Das Wasser fließt langsam durch die Schutt- und Geröllmassen ab. Die Überschwemmung geht zurück, wodurch die befürchtete Flutwelle immer unwahrscheinlicher wird.
Das eigentliche Flussbett der Lonza ist bei dem Gletscherabbruch am vergangenen Mittwoch verschüttet worden:





Bilder aus Blatten: See war kurz vorm Überlaufen
Letzten Mittwoch hatte der erwartete Bergsturz das Dorf Blatten in der Schweiz großteils verschüttet. Weil immer mehr Felsbrocken und Geröll 500 Meter weiter unten auf den Birchgletscher gestürzt waren, brach dieser am Nachmittag ab und stürzte samt Geröll und Steinen ins Tal.
Was von Blatten noch übrig war, wurde dann nach und nach von dem neuen See bedeckt. Er entstand, weil der Fluss Lonza weiterhin nach Blatten hineinfließt, sein Bett aber ebenfalls verschüttet ist. Dadurch staute sich das Wasser.
Der „Damm“ dieses Sees sind immer noch die drei Millionen Kubikmeter Geröll, die der Bergsturz vom rund 3.800 Meter hohen Kleinen Nesthorn ins Tal befördert hat. Experten befürchteten, der See könne sich seinen Weg mit Gewalt bahnen und eine Mure auslösen – eine Lawine aus Schlamm und Geröll. Die hätte sich dann über die tiefer liegenden Talgemeinden wälzen können. Hier Bilder vom Donnerstag:





Lötschental: Gletschereis in Geröll und Schutt schmilzt
Auch der Schutt im Tal selbst ist instabil, weil das Gletschereis darin immer weiter schmilzt. Ein anderer Stausee weiter unten im Tal wurde schon entleert, um als Auffangbecken zu dienen. Am Donnerstag waren bereits 16 Menschen aus Wiler und Kippel weggebracht worden, zwei von Blatten aus flussabwärts im Lötschental gelegenen Ortschaften.
Diese zwei Bilder zeigen den schnellen Wasseranstieg zwischen Mittwochnachmittag und Donnerstagmorgen:
Mittwochnachmittag: Der Berg stürzt auf Blatten herab
Auf Videos war am Mittwochnachmittag eine riesige Staubwolke über dem Lötschental im Wallis zu sehen. Gigantische Schuttmassen donnerten da vom Gletscher ins Tal und verschütteten das Dorf:
Die Erschütterungen durch den Gletscherabbruch sind laut ETH Zürich in der ganzen Schweiz zu spüren gewesen. Nach Angaben des Erdbebendienstes an der ETH war es eine der größten je aufgezeichneten Massenbewegungen.
Gletschersturz trifft Bergdorf Blatten – keine Verletzten, aber ein Vermisster
Der regionale Führungsstab meldete nach dem Bergsturz keine Verletzten. Weil das Ereignis erwartet wurde, waren die Einwohner von Blatten im Kanton Wallis schon Tage vorher in Sicherheit gebracht worden. Ein Mensch wird jedoch vermisst.
In Blatten lebten etwa 300 Menschen. Die Einwohner mussten vergangene Woche von jetzt auf gleich aus ihrem Dorf raus. Wie Schweizer Medien berichteten, sind sie bei Verwandten, Freunden oder in Hotels untergekommen.
Schweiz: Blatten im Lötschental – erst Felssturz, dann Gletschersturz
Vor rund einer Woche gab es in Blatten bereits einen Felssturz am Kleinen Nesthorn. Der traf auf den Birchgletscher und riss einen Teil davon mit sich. Dadurch entstand ein Murgang – also eine Schlammlawine –, die außerhalb des Dorfes zum Stehen kam. Jetzt kam es zum großen befürchteten Gletscherabbruch.

Lawinen-Unfall: Deutscher Skifahrer überlebt unter 2,5 Metern Schnee
Bergsturz und Evakuierung in Blatten und Brienz – das sind die Unterschiede
Erst im November hat es in Brienz in Graubünden ebenfalls einen massiven Bergsturz gegeben – seitdem wohnen dort keine Menschen. Nur stundenweise können sie in ihre Häuser zurück.
Wenn das Risiko zu hoch bleibt Schweizer Dorf Brienz ist menschenleer – für immer?
Auf dem Hang oberhalb von Brienz sind wieder riesige Schuttmassen in Bewegung geraten. Das Dorf wurde für unbestimmte Zeit evakuiert.
Der Unterschied zu dem aktuellen Bergsturz in Blatten: In Brienz war den Menschen schon seit mehreren hunderten Jahren klar, dass es irgendwann zu einem großen Erdrutsch kommen würde.
Im Interview mit dem SRF erklärte ein ehemaliger Professor für Ingenieurgeologie von der ETH Zürich, dass auch die Steilheit der Berghänge einen Unterschied machte. So sei Blatten nicht so flach wie Brienz, was die Geschwindigkeit der Prozesse im Lötschental beeinflusse.
Höchster Berg der Welt hat Wachstumsschub Mount Everest wächst schneller als er sollte: Das steckt dahinter!
8.848 Meter und 86 Zentimeter – so hoch ist der Mount Everest im Moment. Er wächst schneller als die anderen Berge im Himalaja-Gebirge. Warum? Das haben Forschende jetzt herausgefunden.