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Kira Urschinger
Kira Urschinger (Foto: SWR3)
Rebecca Rodrian
Rebecca Rodrian (Foto: SWR3)

Manche Träume wirken so echt, dass wir nach dem Aufwachen gar nicht genau wissen, ob es ein Traum war oder Wirklichkeit. Woran liegt das? Und ist es möglich, seine Träume – und vielleicht auch Albträume – richtig zu steuern?

Ein illegales Straßenrennen, direkt vor der Haustüre – Krachen, Quietschen, blutende Menschen und da ist einer, der schon auf einer Trage behandelt wird. Mit dieser Schilderung rief eine Frau im bayerischen Bad Wörishofen die Polizei. Die Streife fuhr zu ihr, und dort war: nichts. Die Polizei berichtet, dass sich herausstellte, die Frau habe geträumt und ihren Traum für derart real gehalten, dass sie die Beamten gerufen hatte.

Für Erwachsene und Kinder 4 Tipps gegen Albträume

Albträume sind unschön und sie können einen den ganzen Tag hindurch rädern. Wir zeigen Methoden, mit denen du besser schläfst. Und wir erklären, was Eltern tun können, wenn ihre Kinder unter Albträumen leiden.

Warum sind Träume oft so real?

Das ist ein extremer Fall natürlich, aber viele Menschen haben Träume, die sich sehr echt anfühlen. Wir haben für die SWR3-Nachmittagsshow mit Marcus Barsch mit einem Schlafexperten gesprochen. Prof. Michael Schredl, Chef des Schlaflabors am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, erklärt, dass vor allem Kinder sehr plastisch träumen und „erst lernen müssen, dass diese subjektiven, als real erlebten Erlebnisse während des Schlafes tatsächlich Träume sind.“

Im Traum fühlt es sich immer echt an

Bei Erwachsenen sei das einfacher: Wenn sie von Monstern träumen, dann sage uns unser logisches Verständnis, dass das nicht möglich ist. „Schwierig wird es, wenn die Träume in einer realistischen Umgebung stattfinden. Das heißt, wenn man träumt, es passiert irgendwas vor meiner Haustüre, dann wird die Unterscheidung zwischen wach und Traum deutlich schwieriger“, so der Experte.

Wenn wir träumen, denken wir, dass wir wach sind. Das heißt, das Traumerleben ist genau so wie das Wacherleben und erst, wenn man aufwacht und im Nachhinein auf den Traum schaut, weiß man, dass es ein Traum ist. Aber je realistischer ein Traum ist – wenn man irgendetwas träumt, das auch tatsächlich passieren kann – dann braucht man eine Weile und muss dann die Realität checken, ob das tatsächlich ein Traum war oder real passiert ist.

Realitätscheck: Wie merke ich, dass es ein Traum ist?

Man sagt ja immer „Kneife mich, damit ich weiß, dass ich nicht träume.“ Das ist eigentlich kein guter Tipp. Im Schlaflabor in Mannheim haben die Wissenschaftler Versuche gemacht, bei denen sich gezeigt habe, dass Menschen auch im Traum Schmerz erleben können – also kein Unterschied zur Realität. „Man muss es am Inhalt festmachen. Das heißt: Sind die Sachen, die im Traum vorgekommen sind, tatsächlich so möglich und wahrscheinlich? Und wenn es möglich ist und wahrscheinlich ist, würde ich trotzdem nochmal eine zweite Meinung einholen.“

Das kann durchaus auch einen Moment lang dauern. Denn das Gehirn schaltet sich beim Wegdösen in den Schlafmodus – und aus dem muss es erst einmal wieder rauskommen. Um wieder richtig wach zu werden, kann das laut Experten bis zu 15 Minuten dauern. Also: Erst einmal warten mit dem Realitätscheck und dann mit allen Sinnen rangehen.

SWR3-Audio: Beitrag anhören (Foto: SWR3)

SWR3-Nachmittagsshow Interview mit Schlafforscher Dr. Schredl

Dauer

Reale Träume – Interview Dr. Schredl, Mannheim

Können wir Träume steuern?

Im sogenannten Klartraum – Experten nennen das luzider Traum – sind wir uns bewusst, dass wir träumen. Hier ist es auch möglich, zu beeinflussen, was im Traum passiert. Die Hälfte der Menschen hat das auch schon einmal erlebt, sagen Wissenschaftler der Uni Nijmegen. Die erforschen nämlich genau diese Steuerung der Träume.

Wie häufig diese besondere Phase des Träumens auftritt, darüber gibt es in der Wissenschaft viele Rechnungen, so richtig klar ist es aber nicht, weil man sich häufig einfach nicht mehr erinnert. Studien der Uni Wien weisen darauf hin, dass insbesondere Menschen, die häufig Albträume haben, zu Klarträumen neigen. Ein Grund könne aber auch sein, dass sich diese Leute besonders gut an Träume erinnern.

Klarträume kann man lernen

Das Besondere an Klarträumen: Unser Gehirn hat Zugriff auf Logik. „Genau das spiegelt sich auch an der Hirnaktivität wider. Insbesondere in den ganz frontalen Bereichen, direkt hinter der Stirn, sehen wir deutlich mehr Aktivität, im Grunde wie im Wachzustand“, erklärt der Neurowissenschaftler Professor Martin Dresler von der Uni Nijmegen gegenüber dem SWR. In diesen Klartraum zu kommen, könne man lernen:

Eine gängige Strategie ist, dass man sich tagsüber mehrfach fragt: Bin ich jetzt wach oder träume ich? Wenn man das insbesondere in ungewöhnlichen oder traumartigen Situationen häufig genug macht, dann überträgt sich das in den Traum und auch im Traum fange ich an, mich zu fragen: Bin ich jetzt wach oder träume ich?

Training im Schlaf

In dieser besonderen Form von Traum können wir sogar üben. Heidelberger Wissenschaftler haben das getestet. Sie ließen Probanden Münzen werfen. Eine Gruppe der Leute hat zusätzlich im Klartraum geübt – ihre Trefferquote beim Werfen war am nächsten Morgen besser.

„Ein Schlafender, der sich bewusst ist, dass er träumt, kann sich entscheiden aufzuwachen, die Handlung gezielt zu beobachten oder aber aktiv Einfluss auf das Traumgeschehen zu nehmen“, erläutert Dr. Daniel Erlacher vom Heidelberger Institut für Sport und Sportwissenschaft.

Warum denke ich manchmal, dass ich wach war, obwohl ich geschlafen habe?

Traum und Wachzustand sind also offenbar gar nicht so weit voneinander entfernt. Das gilt nicht nur dafür, wie realistisch Träume sein können oder wie bewusst wir in sie eingreifen können – umgekehrt denken wir manchmal, wir würden die ganze Nacht schon wachliegen, obwohl das gar nicht stimmt. Forscher der Universität Freiburger haben durch eine spezielle Weckstudie dieses Phänomen untersucht. Darauf kamen sie, weil Schlafforscher immer wieder angaben, dass die meisten ihrer Patienten, die angeblich unter Schlaflosigkeit leiden, bei Untersuchungen in einem Schlaflabor rund 80 Prozent der Nacht schlafen. Die Patienten selbst waren aber davon überzeugt, die Hälfte der Nacht wachgelegen zu haben.

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Um das genauer zu untersuchen, beobachteten die Wissenschaftler 27 Menschen mit Schlafstörungen und 27 Menschen ohne Schlafstörung für mehrere Nächte. Die Studienteilnehmer wurden im Schlaflabor unter Beobachtung immer wieder mit einem Signalton geweckt. Nach jedem Aufwachen wurde dann abgefragt, wer wach war und wer nach eigener Überzeugung gerade geschlafen hat. Außerdem mussten die Testschläfer erzählen, was sie geträumt haben.

Jeder Sechste träumt von der Schlaflosigkeit

Dabei kam etwas ganz Erstaunliches heraus: Obwohl alle nachweislich geschlafen hatten, war sich jeder sechste Studienteilnehmer mit Schlafproblemen sicher, dass er wach gelegen hat. Dadurch wurde den Wissenschaftlern klar, dass viele Betroffene die Sorge vor einer Schlafstörung in ihre Träume einbauen. Sie träumen also, dass sie nicht schlafen und gehen dann davon aus, dass sie in der Zeit wach waren.

Laut der Wissenschaftler gibt es für dieses Phänomen meist einen Auslöser. Das könnte zum Beispiel Stress sein oder ein starker Leistungsdruck – eine anstehende Prüfung zum Beispiel, und am Abend vorher die Angst, schlecht zu schlafen und dann im entscheidenden Moment nicht fit genug zu sein.

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Die Freiburger Forscher stellten auch fest, dass es für die Patienten keinen Unterschied macht, ob die Schlafstörung objektiv messbar war oder nur im Traum vorhanden.

Ihre Erkenntnisse wollen die Wissenschaftler dafür nutzen, um künftig bessere Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Zum Beispiel könnte eine Albtraum-Therapie helfen, wenn das Nicht-Schlafen nur geträumt wird.

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