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Christian Kreutzer
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Leo Eder
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Früh raus und ranklotzen – dann über Mittag schlafen und am frühen Abend nochmal ran: So arbeiten viele Menschen in Südeuropa. Würde das auch bei uns funktionieren? Was denkt ihr darüber?

Hitze am Arbeitsplatz: Die Amtsärzte regen angesichts hoher Temperaturen die Einführung einer Siesta-Arbeitsweise im Sommer in Deutschland an: „Wir sollten uns bei Hitze an den Arbeitsweisen südlicher Länder orientieren: Früh aufstehen, morgens produktiv arbeiten und mittags Siesta machen ist ein Konzept, das wir in den Sommermonaten übernehmen sollten.“ Das hat der Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) gesagt.

Dresscode, Wasser, Raumtemperatur Hitze am Arbeitsplatz – das sind deine Rechte

Die Temperaturen steigen, der Sommerurlaub ist noch ein paar Wochen entfernt und das Büro heizt sich immer weiter auf. Welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer, wenn man durch die Hitze kaum arbeiten kann?

Schlafforscher hält Siesta-Vorschlag für eine super Idee

Bei starker Hitze seien Menschen nicht so leistungsfähig wie sonst. Schlechter Schlaf bei fehlender Abkühlung in der Nacht führe zusätzlich zu Konzentrationsproblemen.

Constantin Zöller von SWR3 hat mit Schlafforscher Albrecht Vorster über den Vorschlag gesprochen. Er erklärt, warum das seiner Meinung nach sehr gut funktionieren würde:

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Schlafforscher Vorster über die Vorteile der Siesta.

Amtsarztvertreter rät auch zu kalten Fußbädern im Büro

Komplexe Arbeitsanforderungen sollte man lieber in die frühen Morgenstunden verschieben, so Amtsarzt Nießen. „Zudem braucht es ausreichend Ventilatoren und leichtere Kleidung, auch wenn die Kleiderordnung im Büro das nicht erlaubt.“

Wichtig sei auch, grundsätzlich viel mehr zu trinken und leichtes Essen in mehreren kleineren Portionen zu sich zu nehmen. „Ein kaltes Fußbad unter dem Schreibtisch wäre eine weitere Möglichkeit, um im Homeoffice für Abkühlung zu sorgen“, sagte Nießen.

Siesta in Deutschland – das sagt ihr dazu

Über Whatsapp und die Mail ins Studio habt ihr uns eure Meinung zum Thema Siesta gesagt. Manche sind geteilter Meinung:

Siesta finde ich auch generell gut. Klingt aber nach mehr Leistung. Meiner Meinung nach sollten wir uns aufgrund von Klimawandel, Ressourcenverbrauch und Krisen auf weniger einstellen. Da ist die Zeitenwende aber in den Köpfen noch nicht angekommen.

Ich denke, es kommt darauf an, wo man arbeitet und wie es sich umsetzen lässt. Zudem sollte das immer noch jeder für sich selbst entscheiden können, wenn der Arbeitgeber sich für eine Siesta entscheiden kann. Eine Aufweichung der Arbeitszeiten, dass man beispielsweise früh anfangen kann und auch abends noch mal arbeiten könnte, ist prinzipiell nicht schlecht, sollte aber nicht mit Zwang verbunden sein. Zudem eben die Umsetzbarkeit. Man kann nicht für jeden Betrieb eine Siesta anordnen, Stichwort Einzelhandel usw.

Bei uns eher schwierig, sagen viele. Büros und andere Arbeitsplätze seien ja gar nicht darauf ausgerichtet, dort Siesta zu machen:

Zuerst möchte ich das Klischee bedienen: Eine Siesta – das würde als Beamtin meinen eh vorhandenen Schlaf-Rhythmus ganz schön stören… Die Büros sind doch gar nicht für eine Siesta gemacht: Es ist heiß – keine Klimaanlage – soll ich wieder nach Hause fahren (ein Weg 50 km)? Und wir sind derzeit in Portugal. Auch während der Siesta sind alle Geschäfte offen. Die Menschen arbeiten auch hier.

Die Idee ist in der Praxis nicht durchführbar. Zum Beispiel im Straßenbau. Wo sollen die Mitarbeiter die Siesta denn halten? Auf der Straße? Nach Hause fahren geht nicht, weil die Baustellen oft viele Kilometer von zu Hause entfernt sind.

In manchen Berufen ist Lärm nicht vermeidbar. Das könnte früh morgens und am Abend zu Problemen führen:

Wir sind Inhaber einer Zimmerei und Dachdeckerei. Kein Privatkunde würde es dulden, dass wir morgens bereits um 5 oder 6 Uhr anfangen bei ihm zu arbeiten, da die meisten Tätigkeiten bzw. Arbeitsschritte auch mit Lärm verbunden sind. Das Gleiche gilt auch für das Arbeiten bis in den Abend hinein. Bereits jetzt ist es für uns nicht möglich, an oder auf bewohnten Gebäuden um 6 Uhr in der Früh mit den Arbeiten zu beginnen. Selbst 7 Uhr empfinden sehr viele als ‚Belästigung‘. Was würden diese Kunden und Nachbarn dann erst zu der Geräuschkulisse bis abends 21 oder 22 Uhr sagen?

Und ob die Siesta wirklich so entspannend wäre?

Also ich halte nichts davon. Der Tag ist ja dann kaputt, man kann in der kurzen Zeit nichts erledigen und muss immer an die Wiederaufnahme der Arbeit denken, also nicht zu weit weg sein, von wegen an einen Baggersee fahren o.ä. Für mich als Triathlet wäre der Sport gestorben, wann soll man trainieren, in der Mittagshitze oder bei Nacht?

Schwierig, insbesondere mit Kindern. Ist ja so schon schwer, das klassische 9-5 betreuungstechnisch abzudecken, und das Ganze auch noch in bezahlbar. Und dann bis spät arbeiten und die Kids übern Mittag selbst betreuen? Erholungseffekt = kannste dir denken... 🤭

Es gibt aber auch Stimmen für die Siesta:

Wir haben Landwirtschaft und wir praktizieren das schon mehrere Jahre. Wenn es über Mittag sehr heiß ist, machen wir Pause und arbeiten lieber früh morgens und abends.

Ich finde die Anpassung an den Klimawandel sehr gut. Nur muss das dann auch flächendeckend sein. Sprich Schulen und Kitas müssen an diesem System auch teilnehmen, damit auch Eltern was davon haben. Sprich die gesamte Gesellschaft müsste sich umstellen. Für die Gesundheit allemal gut. Wenn wir den Klimawandel schon nicht wirklich aufhalten können, dann müssen wir uns anpassen, ob wir wollen oder nicht.

Ich habe jahrelang in Spanien gelebt und kann deshalb aus eigener Erfahrung berichten, dass das Siesta-Modell bestens ist. Klar, dadurch verschiebt sich der Tagesablauf, aber da gewöhnt man sich schnell dran... Aber ganz ehrlich?! Ich glaube dafür ist Deutschland viel zu spießig.

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