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Björn Widmann
Björn Widmann (Foto: SWR3)

Die EU will auf die neuen Anforderungen im Straßenverkehr reagieren und plant Verkehrsregeln, die auf die heutige Zeit zugeschnitten sind. Wie sollen die neuen Regeln aussehen?

Die Bild titelt eine Geschichte mit der Schlagzeile „EU plant Führerschein-Hammer!“. Auch andere Medien haben das schon aufgeschnappt. Was erst einmal nach einer Schocknachricht klingt, entpuppt sich aber schnell als Mogelpackung. Wie so oft bei solchen Horror-Titeln ist die Geschichte dahinter als zwar nicht falsch – aber eben auch nicht ganz richtig.

Fakt ist, dass die EU-Kommission tatsächlich plant, die Führerscheinregeln zu aktualisieren. Im Moment ist noch die Führerscheinrichtlinie 2006/126/EG in Kraft – die ist aber fast 20 Jahre alt und nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die EU-Kommission schreibt dazu auf ihrer Homepage:

Die Kommission wird die derzeitige Führerscheinrichtlinie, die 2006 angenommen wurde, überarbeiten, um die Straßenverkehrssicherheit zu verbessern und die Freizügigkeit zu erleichtern. Die Initiative wird den neuen Herausforderungen für die Mobilität, insbesondere im digitalen Bereich, Rechnung tragen und zu den Zielen der EU beitragen, die in der Strategie für intelligente und nachhaltige Mobilität von 2020 festgelegt sind.

Übersetzt heißt das: Die EU-Kommission will die Sicherheit auf den Straßen verbessern und dafür sorgen, dass die Regeln in allen Ländern gleich sind. So wie das in der Strategie für intelligente und nachhaltige Mobilität festgelegt ist.

Französische Grünen-Politikerin stellt Führerschein-Ideen vor

Hintergrund der Berichterstattung ist der Änderungs-Entwurf einer EU-Politikerin. Und darin liegt der feine Unterschied: Nicht die EU plant einen „Führerschein-Hammer“, sondern eine französische Grünen-Politikerin. Karima Delli hat ihre Ideen vorgestellt, wie sie sich eine Neuregelung der Führerscheinregeln vorstellt. In einem 119-seitigen Papier hat sie einige sehr kontroverse Vorschläge unterbreitet.

Am Montag, den 18. September, schrieb Delli auf der Plattform X, dem ehemaligen Twitter, dass sie an diesem Tag ihren „Berichtsentwurf zur Überarbeitung der Führerscheinregeln in der EU“ vorstellen werde. Ihre wichtigsten Punkte seien die allgemeine Einführung des Punkteführerscheins in Europa, ein spezifischer Führerschein für SUVs und Geschwindigkeitsbegrenzungen. „Was zählt, ist die Rettung weiterer Leben.

Aujourd’hui, je présente mon projet de rapport sur la révision des règles sur le permis de conduire dans l’UE : instauration généralisée du permis à points en Europe, d’un permis spécifique pour les SUV, limitations de vitesse…Ce qui compte c’est de sauver plus de vies.#Thread pic.twitter.com/PenJQMX0Pf

Delli-Pläne: Heftiger Gegenwind aus Österreich

Karima Delli weht der Wind kalt um die Nase, seit sie ihre Pläne vorgestellt hat. Vor allem aus Österreich kommt heftiger Widerstand gegen ihre Pläne. ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger wetterte: „Klar ist, dass es sich hierbei um den Vorschlag einer einzelnen Abgeordneten handelt, der für uns als Volkspartei nicht nur indiskutabel ist, sondern einem Anschlag auf die Mobilität der Menschen gleichkommt.

Natürlich sei es der Wunsch aller, den Verkehr im allgemeinen sicherer zu machen – vor allem beim Autofahren, sagt der ÖPV-Mann, „aber mit Sicherheit nicht durch diskriminierende Maßnahmen“. Ottenschläger zeigt sich hart: „Mit uns wird es so etwas nicht geben. Nicht in Österreich und wir bekämpfen das auch auf europäischer Ebene.

Neue Führerscheinregeln: Das plant die EU

Die EU hat ein ehrgeiziges Projekt ausgegeben, zu dem Delli mit ihren Vorschlägen einen Teil dazu beitragen will. Bis 2050 soll die Zahl der Verkehrstoten nach Vorstellungen der EU auf null sinken – das Programm dazu nennt sich Vision Zero. Ob das Ziel wirklich machbar ist? 2022 starben im Straßenverkehr EU-weit immer noch 20.000 Menschen.

Der größte Teil der Opfer sei dabei zu Fuß, mit dem Rad, mit Rollern und mit Motorrädern unterwegs gewesen. Deshalb sei es ein zentrales Anliegen der neuen Vorschriften, die Verkehrssicherheit in der EU zu erhöhen.

Dazu will die EU-Kommission unter anderem durchsetzen, dass Fahranfänger eine Probezeit von mindestens zwei Jahren bekommen. Denn Führerscheinneulinge seien an zwei von fünf tödlichen Zusammenstößen beteiligt, schreibt die Kommission. Bei uns in Deutschland ist das ohnehin schon so. Bei den EU-Plänen geht es aber darum, das europaweit gleich zu machen.

Begleitetes Fahren soll in der ganzen EU kommen

So sollen Jugendliche in ganz Europa schon ab 17 Jahren begleitet fahren dürfen und so Erfahrung im Straßenverkehr sammeln. Zudem sollen Fahrausbildung und Führerscheinprüfung so angepasst werden, dass Fahrer besser darauf vorbereitet sind, sich die Straße mit verletzlichen Nutzern zu teilen – darunter explizit auch Fahrer von E-Scootern und E-Bikes.

Schließlich soll auch die Fahrtauglichkeit besser bewertet werden, unter anderem sollen Fortschritte bei chronischen Krankheiten wie Diabetes mit einbezogen werden. Und um Führerscheine zwischen den EU-Mitgliedsstaaten besser anzuerkennen, soll ein digitaler Führerschein eingeführt werden.

Was aber bei den ganzen Ideen nicht untergehen darf: Es ist noch nichts beschlossen. Alle Vorschläge der EU-Kommission müssen von den Mitgliedsländern abgesegnet werden, bevor sie in Kraft treten können.

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