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Kira Urschinger
Kira Urschinger (Foto: SWR3)

Verlustangst kann eine Beziehung belasten. Wenn die Angst, vom Partner verlassen zu werden, zum Beispiel zu Eifersucht führt oder zu übermäßigem Klammern. Wir zeigen Auswege.

Menschen sind unterschiedlich, Beziehungen auch – wenn wir bei SWR3 über Beziehungstipps sprechen, dann ist uns eines wichtig: Wenn du und ihr beide glücklich seid in der Beziehung und kein Problem habt, dann lasst euch bitte keins machen! Wir wollen hier nicht das Haar in der Suppe suchen oder etwas heraufbeschwören – wir möchten dir aber gerne Tipps an die Hand geben, wenn du das Gefühl hast, dass da etwas nicht stimmt und es dich, euch oder eure Partnerschaft belastet.

Wenn das nicht der Fall ist, freu dich einfach, seid glücklich miteinander und lass dich nicht von Ratgebern verwirren!

Junges Paar sitzt nebeneinander auf der Couch. Sie sehen unglücklich aus und schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Symbolbild für Verlustangst in einer Beziehung. (Foto: Adobe Stock, JesusVDR | generiert mit KI)

SWR3 NOW Keine Angst vor Verlustangst in der Beziehung – Paar-Therapeutin gibt Tipps

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Nikola Müntefering in SWR3 NOW

Verlustangst in der Beziehung überwinden – nachgefragt bei einer Expertin

In einem gewissen Rahmen ist es auch normal, dass man jemanden, den man liebt, nicht verlieren möchte. Wir haben bei Beziehungsexpertin Julia Henchen nachgefragt, ab wann Verlustangst ein Problem wird und was wir dagegen tun können, wenn uns die Angst quält, unseren Partner oder unsere Partnerin zu verlieren.

3 Tipps bei Verlustangst – der Angst, vom Partner verlassen zu werden

Wenn ich Angst habe, meinen Partner zu verlieren – bis wohin ist das normal, wo handelt es sich um eine Verlustangst? Wie erkenne ich den Unterschied? Das sind die wichtigsten Fragen zu Beginn und vielleicht bist du mit deiner Beziehung damit auch schon raus.

1. Frage dich, ob es rationale Gründe für die Verlustangst gibt

Beziehungsexpertin Julia Henchen gibt zunächst Entwarnung: „Verlustangst ist manchmal sehr schmerzhaft und häufig auch unangenehm, ist evolutionär gesehen jedoch eine sinnvolle Emotion, denn Menschen können ohne soziale Bindungen nicht überleben. Ein gewisses Maß an Verlustangst ist biologisch also normal, wenn wir andere Menschen schätzen oder lieben.“

Stellt sich die Frage, wann es zu extrem wird und die Beziehung belastet.

Ihr Tipp: Immer dann, wenn es unser Denken und Handeln bestimmt und nicht begründet ist, sollten wir aufhorchen. Wenn es also keinen Grund gibt und wir nur noch darüber nachdenken.

Kreisen die Gedanken ständig darum, dass ich meinen Partner oder meine Partnerin verlieren könnte, sollte ich mich damit beschäftigen. Professionelle Hilfe in Form von Psychotherapie kann ein Weg sein – muss aber natürlich nicht gleich als erster Schritt in Erwägung gezogen werden.

2. Checke die Merkmale von gesteigerter Verlustangst

Die Psychologie kennt für Verlustangst laut Expertin mehrere Ursachen. Oft stecken Erfahrungen aus der Kindheit hinter den Emotionen und Gefühle von Zurückweisung oder sogar Liebesentzug. Für starke Verlustangst gibt es ein paar charakteristische Merkmale, die du checken kannst für dich und deine Beziehung:

AnzeichenBeispiele
Starke EifersuchtIst sie rational unbegründet? Oft kommen Kontrollzwang und Panik dazu. Also: Was macht die andere Person gerade? Wo ist sie, wenn ich nicht dabei bin? Mit wem ist er oder sie unterwegs? Eine starke Eifersucht zeigt sich zum Beispiel auch darin, dass ich das Handy des anderen kontrolliere.
Starkes MisstrauenIch glaube der anderen Person nicht, obwohl es nie einen Grund oder tatsächliche Lügen gab. Auch typisch: Man meldet sich ständig beim Partner und möchte wissen, wo er oder sie ist. Wenn man eine Weile nichts hört, geht das Kopfkino los.
KlammernMenschen mit Verlustangst versuchen oft, möglichst viel Zeit mit dem Partner oder der Partnerin zu verbringen und lassen ihm oder ihr kaum Freiraum beispielsweise für andere Freunde oder Hobbys.
Fehlendes VertrauenGlaube ich meinem Partner nicht, obwohl es eigentlich keinen Anlass dafür gibt, eine Lüge zu vermuten?
Angepasstheit und gleichzeitig übermäßiger Wunsch nach BestätigungDein Partner oder deine Partnerin sollte dir am besten ständig beweisen, dich zu lieben? Wenn das nicht ausreichend ausfällt, zweifelst du an der Beziehung? Typisch: Gleichzeitig tust du alles dafür, genau so zu sein, wie dein Partner oder deine Partnerin dich scheinbar möchte. Er hat zum Beispiel einmal gesagt, dass er braune Haare toll findet und schon färbst du sie dir dunkler.
Geringes Selbstbewusstsein und SelbstzweifelOft fühlen sich Betroffene minderwertig und denken, niemand würde sie oder ihn als Partner oder Partnerin schätzen. Du fühlst dich nicht geliebt und der sogenannte Glaubenssatz „Keiner liebt mich“ sitzt meist tief?
Übertriebene Sorge und StressVerlustangst kann auch mit ständigen Gedanken an Krankheit oder Tod nahestehender Menschen zusammenhängen, ohne dass es dafür medizinisch plausible Gründe gibt.

Wichtig ist, sich in einer Partnerschaft auch selbst treu zu bleiben und auch auf die eigenen Bedürfnisse und den Selbstwert zu achten – also sich nicht nur auf den Partner oder die Partnerin und die Beziehung zu fokussieren, sondern auch auf sich selbst. Wie du es besser hinbekommst, ein Gespür dafür zu entwickeln, kannst du hier lesen:

Wo bleibt das „Ich“ im „Wir“? 5 Tipps, um dir selbst in der Beziehung treu zu bleiben

Wenn die Verliebtheitsphase vorbei ist, beginnt das Setzen von Grenzen. Wie schaffe ich es da, mir in einer Partnerschaft selbst treu zu bleiben?

Sommerradio SWR3

3. Versuche, rational deine Ängste zu hinterfragen

Immer wieder geht es darum, zu unterscheiden, ob es nur das eigene Kopfkino ist oder ob es wirklich rationale Gründe für die Angst gibt, jemanden zu verlieren. Julia Henchen gibt dazu den Tipp, sich so ehrlich wie möglich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Entweder alleine oder vielleicht auch mit Unterstützung von guten Freunden. Dabei können folgende Gedanken hilfreich sein: Wurde ich schon einmal betrogen oder hat mein Partner mich wirklich schon einmal belogen?

Auch eine unerkannte und nicht behandelte Depression oder genetische Risikofaktoren können eine Rolle spielen. Wenn eine Person also das Gefühl hat, dass die Verlustangst stärker ausgeprägt ist, lohnt sich immer ein Gespräch mit einem Psychotherapeuten, um dies abzuklären.

Du kannst dich konkret fragen: Welche Folgen hat es, wenn ich eine übertriebene Verlustangst in einer Partnerschaft nicht in den Griff kriege? Freundschaften oder Partnerschaften können zerbrechen – vor allem, wenn Eifersucht und Kontrollzwang ins Spiel kommen.

Aus der Praxis weiß die Beziehungsexpertin auch:Fremdgehen aus der Verlustangst ist nicht selten eine versuchter Ausweg – was ebenfalls zu Trennung führen kann. In schweren Fällen kann Verlustangst sogar zu Bindungsangst oder zu einer Bindungsstörung führen. Betroffene empfinden sich selbst als unfähig, Partnerschaften einzugehen.“

Stelle dich deiner Verlustangst – auch mit professioneller Hilfe

Wenn du für dich klargezogen hast, dass du mit Verlustangst kämpfst, ist schon mal ganz viel gewonnen! Jetzt gilt es, diese Angst zu bekämpfen. Das kann ein langer Prozess sein, weil die Ängste oft tiefsitzende Auslöser haben. Auch deshalb kann eine professionelle Begleitung durch einen Therapeuten oder eine Therapeutin hilfreich sein.

Es gibt aber auch schon ein paar Tipps von der Expertin, die du für dich neben einer Therapie angehen kannst:

Suche nach Auslösern deiner Angst

Verlustangst tritt selten ohne einen Grund auf. Beobachte dich selbst – wann spürst du Verlustangst? Notiere zum Beispiel die Situation. Die Suche nach diesen Auslösern innen erste Hinweise dafür sein, woher deine Verlustangst kommt. Hier geht es darum, deine Angst zu verstehen.

Junge Frau dreht sich vom Spiegel weg, aus dem sie ihr Spiegelbild anschaut. Symbolbild dafür, sich der Verlustangst zu stellen und ehrlich mit sich zu sein bei der angst, vom Partner verlassen zu werden. (Foto: Adobe Stock, kuzmichstudio)
Wichtig bei Verlustangst: ehrlich mit sich selbst zu sein. Wann kommt die Angst, vom Partner oder der Partnerin verlassen zu werden? Welche Auslöser gibt es? Versuche es herauszufinden!

Gedankenmuster auflösen mit dem Gedankenstopp

Fällt dir auf, dass du immer die gleichen Gedanken zu gewissen Themen hast und sie kreisen? Hier kann der sogenannte Gedankenstopp vielleicht helfen. Das ist eine Technik aus der Verhaltenstherapie, um Grübeln zu durchbrechen. Merkst du selbst, wie du in das Thema Verlustangst gerätst, sagst du dir selbst laut „Stopp!“ und fühlst dann in dich, wie es dir geht. Bist du traurig? Wütend? Durchbreche so das Grübeln.

Aber Achtung: Hilfreich auch hier eine professionelle Begleitung, denn therapeutische Übungen sind ohne Anleitung meist nicht so effektiv.

Arbeite an deinem Selbstwertgefühl und an deinen negativen Glaubenssätzen

Schreibe dir deine sogenannten Glaubenssätze auf, schau sie dir an arbeite an deiner Selbstakzeptanz. Überlege dir, wie du dich wahrnimmst und bewertest.

Lerne, über deine Verlustangst zu sprechen

Das Sprechen über deine Ängste führt zu mehr (Selbst-)Verständnis. Oft ist es auch etwas anderes, ob man Dinge nur denkt oder wirklich laut ausspricht, sich selbst also quasi wirklich die Worte sagen hört. Das kann sich auch direkt auf den Körper auswirken und führt oft zu Entspannung und einer regelrechten Entlastung.

Eine starke Verlustangst betrifft beide Partner in der Beziehung

Wichtig ist: Verlustangst kann oft nur derjenige lösen, der oder die selbst davon betroffen ist. Auf eine Beziehung wirkt sie sich aber aus. Je nachdem, wie viel Einfluss die Angst bereits auf die Partnerschaft genommen hat, ist es wichtig, auch den Partner oder die Partnerin einzubeziehen. Das kann heißen, dass ihr so offen wie möglich darüber sprecht oder auch, dass ihr gemeinsam einem Therapeuten erzählt, wie es euch geht. Denn das Ziel ist ja, dass es beiden miteinander besser geht, wenn die Angst nicht mehr zwischen euch steht. Dabei wünschen wir dir uns euch viel Erfolg!

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