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Kira Urschinger
Kira Urschinger (Foto: SWR3)

Was ist eine toxische Beziehung? Es gibt bestimmte Merkmale und Anzeichen. Wer sie erkennt, kann aus dem Muster leichter ausbrechen. Hier kannst du den Test machen!

Toxische Beziehung erkennen: Anzeichen und Merkmale

Auch wenn Beziehungen natürlich unterschiedlich sind, gibt es bestimmte Merkmale und Anzeichen für toxische Beziehungen sowie konkrete Beziehungsmuster, die häufig auftreten. Sie zu kennen kann dabei helfen, eine giftige Konstellation zu erkennen.

Was ist eine toxische Beziehung?

Es hat alles ganz großartig angefangen – er war quasi der Traummann oder sie die Traumfrau. Glücksgefühle und maximale Aufmerksamkeit zeichnen vermutlich viele Beziehungen zu Beginn aus, Experten sehen bei toxischen Beziehungen aber bereits zum Start der Partnerschaft einen deutlichen Überschwang an Liebesbekundungen und rosaroter Brille. Love-Bombing ist der Fachbegriff dafür, wenn ein neuer Partner oder eine Partnerin den anderen direkt am Anfang einer Beziehung mit extremer Zuwendung überschüttet. Und plötzlich, scheinbar grundlos, entzieht der andere einem diese maßlose Liebe.

Typische Merkmale: Schuld, Manipulation und Gaslighting

Es folgen Phasen manipulativer Schuldzuweisungen und Streit, der andere wird niedergemacht und in seinem Selbstwert massiv gekränkt. Oft reagiert der toxische Partner oder die Partnerin auf Auseinandersetzungen oder Kritik mit massivem Liebesentzug. Auch Eifersucht ist häufig ein Thema. Diese negativen Phasen überwiegen dauerhaft, statt einer Entschuldigung wird die Schuld grundsätzlich beim anderen gesucht. Auffällig ist, dass der toxische Partner hier stark die Realität verdreht, um den anderen zu verunsichern, ihm ein schlechtes Gefühl zu geben – so lange, bis man sich nicht mehr ganz sicher ist, was die Wahrheit ist oder was man glauben soll. Dieses Phänomen nennen Experten Gaslighting.

Oft gibt es aber durchaus intensiv glückliche Momente in der toxischen Beziehung – typisch ist, dass der toxische Partner oder die Partnerin dies dem anderen auch als 'Belohnung für gutes Verhalten' gönnt. Das punktuell starke Hochgefühl kann die Abhängigkeit von der Beziehung noch verstärken und Betroffene davon abhalten, die Partnerschaft zu beenden, obwohl sie eigentlich unglücklich sind.

Eine Falle ist vor allem das Online-Dating. Warum das so ist, erfährst du bei SWR Wissen.

Nehmer und Geber in toxischen Beziehungen

Mit der Zeit fühlen sich Betroffene in einer toxischen Beziehung so schlecht und minderwertig, dass sie es möglicherweise sogar als gerechtfertigt empfinden, von ihrem Partner beschimpft zu werden. Experten beschreiben diese Art von Partnerschaften oft als eine strikte Aufteilung zwischen Nehmer und Geber – also einem Teil, der vom anderen alles einfordert und dafür aber wenig zurückgibt und einem Teil, der sich aufopfert und dessen Bedürfnisse in der Partnerschaft nicht wichtig sind. Auch körperliche Gewalt kann in toxischen Beziehungen eine Rolle spielen.

Definition für eine toxische Beziehung

Eine eindeutige Definition von toxischen Beziehungen gibt es nicht. Es ist eher ein Bündel von Verhaltensmustern, das in sogenannten destruktiven Beziehungen langfristig zu finden ist. Der relevanteste Punkt ist, dass verschiedene Verhaltensmuster dazu führen, dass ein Partner dauerhaft das Gefühl hat, dass ihm oder ihr die Beziehung eher schadet als guttut.

In Stuttgart macht ein Frauen-Netzwerk aufmerksam auf toxische Beziehungen, mehr zu dem regionalen Angebot findet ihr bei SWR Aktuell.

SWR3-Test: Ist meine Beziehung toxisch?

Wichtig: Unser Selbsttest ist kein psychologisches Gutachten, sondern dient dir als Orientierungshilfe. Wir möchten es dir leichter machen, einzuschätzen und zu reflektieren, ob du dich möglicherweise in einer toxischen Beziehung befindest. Denn oft hat man gelernt, das zu verdrängen. Dies ersetzt aber kein Gespräch mit einem Experten. Wenn du das Gefühl hast, dass du soweit bist, solltest du dir professionellen Rat holen. Das gilt insbesondere, wenn auch körperliche Gewalt in deiner Beziehung eine Rolle spielt.

SWR3-Selbsttest: Ist meine Beziehung möglicherweise toxisch?

In unserem Selbsttest stellen wir dir mehrere typische Verhaltensmuster vor. Versuche möglichst ehrlich zu dir zu sein und wähle aus, welche davon deiner Meinung nach auf deine Beziehung zutreffen.

Toxische Partnerschaften können krank machen

Für Betroffene ist die Beziehung irgendwann ein Horrortrip und langfristig erfolgt oft der Verlust des kompletten Selbstwerts. Deshalb ist es besonders wichtig, frühzeitig zu erkennen, wann es sich in eine falsche Richtung entwickelt – denn wenn man früh Grenzen setzt und gegensteuert, ist es durchaus möglich, die Beziehung wieder hinzukriegen. Eine Trennung ist also nicht der einzige Ausweg. Aber der ständige Stress in der Beziehung kann mit der Zeit tiefsitzende seelische und auch ernste körperliche Schäden anrichten. Studien des University College London zeigen, dass eine solche destruktive Beziehung langfristig zu Depressionen führen kann und sogar dazu, dass Betroffene psychosomatische Beschwerden wie Herzprobleme entwickeln.

Junges Paar sitzt auf der Couch, er versucht mit ihr zu reden, sie schaut weg (Foto: Adobe Stock/SHOTPRIME STUDIO)
Eine toxische Beziehung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie energieraubend ist. Dies gaben rund 86 Prozent der Befragten an. Als zweitwichtigstes Merkmal wurde Manipulation genannt.

Wie oft kommen toxische Beziehungen vor?

Laut einer Umfrage, die im Auftrag der Online-Partnervermittlung Parship im Jahr 2021 durchgeführt wurde, waren nach Selbsteinschätzung rund 36 Prozent der Befragten bereits in einer toxischen Beziehung. Etwas stärker betroffen sind laut dieser Studie Frauen: 41 Prozent der weiblichen Befragten bejahten die Frage nach eigenen Erfahrungen mit einer toxischen Beziehung und 31 Prozent der Männer. Befragt wurden Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren.

Wer ist stärker betroffen: Männer oder Frauen?

Paartherapeutin Jessica Ritschel-Klück bestätigt, dass die Geschlechter gleichermaßen betroffen sind. Sie hält es sogar für nahezu ausgeglichen, ordnet aber ein, dass Männer häufiger ein Problem damit hätten, öffentlich zu den Demütigungen einer Partnerin zu stehen.

Weil wir lernen ja als Männer: 'stark sein, ich darf keine Schwäche zeigen'. Es gibt genauso viele Männer wie Frauen in toxischen Beziehungen.

Video: Toxische Beziehung – das steckt dahinter

Ein ausführliches Gespräch mit Paartherapeutin Jessica Ritschel-Klück kannst du hier anschauen. Für das Youtube-Format Psychologeek hat Pia Kabitzsch, selbst Psychologin, mit ihr gesprochen:

„Du Narzisst!“ – Vorsicht mit Laien-Diagnosen

Streit, Lügen und Schuldzuweisungen – das ist nicht schön und das muss auch niemand dauerhaft ertragen. Trotzdem: Einzelne Anzeichen toxischer Partnerschaften können auch auftreten, wenn das Problem in der Beziehung ein ganz anderes ist. Und ein Mensch kann sich auch rücksichtslos verhalten, ohne gleich eine ernsthafte Narzissmus-Störung zu haben. Vorschnelle Schlüsse oder gegenseitige Beschuldigungen könnten daher sogar mehr Probleme machen als lösen, warnen Experten.

„Um als betroffene Person einschätzen zu können, was in der Beziehung schiefläuft, ist vorschnelles Diagnostizieren nicht sehr konstruktiv“, sagt beispielsweise Psychotherapeutin und Paartherapeutin Aline Vater, die an der FU Berlin über Narzissmus promoviert hat, in Psychologie heute. Sie habe häufiger erlebt, dass vorwurfsvolle Laien-Diagnosen dazu geführt hätten, die Chance zu vergeben, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Beziehung gemeinsam konstruktiv zu verändern. Wichtig ist also, dass der Begriff der toxischen Beziehung nicht leichtfertig genutzt oder gar als Waffe gegen den anderen verwendet wird.

Wer sich in einer Liebesbeziehung unwohl fühlt, sollte nicht grob verallgemeinern, sondern möglichst ganz konkret anschauen, welche Verhaltensweisen des anderen und welche Situationen dazu führen, dass man an der Beziehung zweifelt oder sich verletzt, abgewertet und geschwächt fühlt.

Wo bleibt das „Ich“ im „Wir“? 5 Tipps, um dir selbst in der Beziehung treu zu bleiben

Wenn die Verliebtheitsphase vorbei ist, beginnt das Setzen von Grenzen. Wie schaffe ich es da, mir in einer Partnerschaft selbst treu zu bleiben?

Sommerradio SWR3

SWR3-Beziehungsshow zu toxischen Beziehungen

In unserer Beziehungsshow haben wir uns bei SWR3 bereits ausführlich mit dem Thema toxische Beziehungen beschäftigt. Gemeinsam mit Tanja Grundmann, Sozialpädagogin aus Siegen, haben wir viele Fragen beantwortet und Einzelfälle besprochen. Ihr Fazit zur zerstörerischen Macht toxischer Beziehungen:

Die Selbstachtung schwindet, wenn man auf irgendeine Art und Weise instrumentalisiert oder missbraucht wird. Weil man gezwungen ist, die Belange und Befindlichkeiten des anderen viel stärker wahrzunehmen als die eigenen.

Hier kannst du dir die ganze Sendung noch einmal anhören:

SWR3-Podcast zu toxischen Beziehungen

SWR3 Moderatoren Sabrina Kemmer und Max Oehl (Foto: SWR3)

Doktorspiele Toxische Beziehung – Teil 1

Dauer

Zu Gast bei Sabrina ist Kirsten Schierbaum, Expertin und Coach für toxische Beziehungen und Narzissmus. Sie hat selbst mehrere toxische Beziehungen hinter sich. Zusammen erörtern die beiden: Woran erkennt man toxische Beziehungen? Wo liegt der Unterschied zu einer gesunden Beziehung auf Augenhöhe? Und welche Phasen einer toxischen Beziehung sind typisch?
Dass nach einer überwältigend positiven Kennenlernphase eine bedrückende Grundstimmung einsetzt, Schuldzuweisungen und Abwertungen durch einen Partner zunehmen, bis der andere in Isolation und Abhängigkeit gerät.
Mehr Infos und einen Selbsttest findet ihr unter:
https://www.swr3.de/aktuell/magazin/toxische-beziehung-test-100.html.
Kirsten erzählt von ihrer Familie und weshalb der tyrannische Großvater sie für eine „vergiftete Liebe“ empfänglich machte. Und sie gibt Antworten auf Fragen wie: Welche Rolle spielen Extreme? Wie verhält sich ein Narzisst oder eine Narzisstin und warum? Weshalb taucht der Begriff „Toxische Beziehung“ seit 2019 so häufig auf?
In der nächsten Podcast-Folge geht es weiter mit den Themen: Welche Menschen geraten in toxische Beziehungen? Warum oft immer wieder? Und wie kommt man da raus?

SWR3 Moderatoren Sabrina Kemmer und Max Oehl (Foto: SWR3)

Doktorspiele Toxische Beziehung – Teil 2

Dauer

Zu Gast bei Sabrina ist noch einmal Kirsten Schierbaum, Expertin und Coach für toxische Beziehungen und Narzissmus. In dieser Folge geht es darum, wie man sich aus einer toxischen Beziehung befreien kann und welche Schritte dafür notwendig sind.
Sabrina möchte wissen, was Kirsten erlebt hat, die 10 lange Jahre mit einem narzisstischen Mann verheiratet war. Wie konnte die anfangs starke und beruflich erfolgreiche Frau in solch extreme emotionale Abhängigkeit geraten, die am Ende zum völligen körperlichen und seelischen Zusammenbruch führte?
Kirsten gibt nachvollziehbare Antworten auf schwierige Fragen: Warum ist es so schwer, sich aus einer Beziehung mit einem narzisstischen Menschen zu lösen? Kann es jedem passieren, in eine toxische Beziehung zu geraten? Welche Menschen sind besonders gefährdet? Warum werden so viele Betroffene rückfällig, sogar mehrfach? Wir erfahren, welche Rolle Scham und Schuld spielt, wie Freunde oder Verwandte richtig reagieren können und wie wichtig therapeutische Hilfe ist.

Kann ich eine toxische Beziehung noch retten?

Wer eine toxische Beziehung frühzeitig erkennt, hat durchaus Möglichkeiten, alles noch in eine richtige Richtung zu lenken. Wichtig ist hier, dass beide Partner erkennen, dass sie einen Anteil an den Verhaltensmustern haben. Das kann bedeuten: Wenn ich das Gefühl habe, dass sich meine Beziehung toxisch entwickelt, kann mein Anteil sein, dass ich meinem Partner oder meiner Partnerin möglicherweise nicht klar genug Grenzen setze. Das sollte man tun, wenn man sich schlecht behandelt fühlt. Denn in einer Beziehung muss es möglich sein, zu kommunizieren und deutlich einzufordern: 'bis hierhin und nicht weiter'.

Das können Partner miteinander entwickeln. Voraussetzung ist, dass beide bereit sind, an sich zu arbeiten, um eine neue Art von Beziehung miteinander zu schaffen. Dies kann in einer Paarberatung betreut werden, sogenannte Glaubenssätze werden häufig von Experten als Methode angewandt sein.

Wie beende ich eine vergiftete Partnerschaft?

Wenn es keinen Weg gibt, die Beziehung so umzustrukturieren, dass beide Partner gut miteinander umgehen, kann eine Trennung die letzte Möglichkeit sein, um weiteren Schaden zu verhindern. Aber auch eine Trennung dauert ihre Zeit. Bei toxischen Beziehungen kann das – insbesondere wegen der typischen Abhängigkeit vom Partner – leider auch ein sehr schwieriger Weg sein, der oft auch Angst macht. Sozialpädagogin Tanja Grundmann rät im Gespräch für die SWR3-Beziehungsshow:

Irgendwann muss man an den Punkt kommen, dass man sagt: Schlecht geht es mir sowieso, viel schlechter kann es mir ohne den (toxischen Partner) nicht gehen, also nehme ich lieber das Schlechtgehen, dass mich da rausbringt.

Wichtig: Erkenne, dass du in einer Beziehung bist, die dich auf Dauer kaputt macht. Baue dein Selbstwertgefühl wieder auf – egal, ob du dich bereits entschieden hast, dich zu trennen oder noch Hoffnung hast, eine andere Lösung zu finden. Suche, wenn du es nicht alleine schaffen kannst, Hilfe bei Therapeuten in deiner Umgebung. Letztlich sei man selbst der Schlüssel, sagt auch Andrea Weidlich, die sich in einem Buch damit befasst hat, wie man es schafft, in einer toxischen Beziehung loszulassen. Für die SWR3-Vormittagsshow erklärt sie die wichtigsten Ansatzpunkte:

Es ist gut, sich anzusehen: Warum bin ich überhaupt in diese Verbindung geraten? Welches Muster könnte dahinter stecken und wie kann ich das auflösen, um wieder zu mir selbst zu finden?

Dabei sei das Thema Selbstliebe ganz wichtig. Man müsse sich klarmachen, dass man selbst Entscheidungen treffen und die Situation gestalten kann, dass man selbst Bedürfnisse haben und auch Grenzen setzen darf. Das sei zwar oft nicht so leicht zu verinnerlichen, aber schließlich erleichternd, wenn man es so weit geschafft hat, so die Autorin.

Interview zu toxischen Beziehungen: Andrea Weidlich – Autorin

Logo SWR3 (Foto: SWR, SWR)

SWR3-Vormittagsshow Tipps, eine toxische Beziehung zu beenden

Dauer

Was ist eine toxische Beziehung und wie wird man toxische Menschen los?

Negative Glaubenssätze auflösen, um den Selbstwert zu steigern

Viele Experten raten, hier mit Glaubenssätzen zu arbeiten. Das sind Überzeugungen und Meinungen, die unseren Blick auf uns selbst und die Welt prägen. Oft kommen sie aus der Kindheit, aber auch aus früheren Partnerschaften. Überzeugungen wie „ich bin nicht gut genug“ oder „ich habe die Liebe nicht verdient“ können sich tief eingeprägt haben und die positive Selbstwahrnehmung behindern. Wichtig ist, diese Glaubenssätze für sich selbst zu identifizieren und in positive Glaubenssätze umzuformulieren. Gerade bei tiefsitzenden Selbstzweifeln gelingt das am besten, wenn man sich professionell begleiten lässt.

Grenzen setzen und Abstand vom toxischen Ex gewinnen

In Bezug auf den Umgang mit dem ehemaligen Partner raten Experten, nach vollzogener Trennung konsequent auf Distanz zu gehen und sich nicht erneut in einen Kampf reinziehen zu lassen, etwa um Schuldfragen noch einmal zu diskutieren oder gar in die Beziehung zurückzukehren. Gerade toxische Beziehungen neigen dazu, On-Off-Beziehungen zu werden, weil man doch nicht ganz voneinander loskommt und es noch einmal versuchen will. Eine Studie der University of Missouri zeigt, dass ein 'immer wieder aufgewärmtes Bratkartoffel-Verhältnis' belastend und gesundheitsschädigend sein kann.

Hand hält eine Fußfessel, die bröselt (Foto: Adobe Stock/gearstd)
Für viele ist es auch ein Kampf mit sich selbst, sich aus einer toxischen Beziehung zu lösen. Wer es geschafft hat, sich von den Fesseln zu befreien, kann aber auch gestärkt daraus hervorgehen.

So können Freunde den Betroffenen helfen

Grundsätzlich gilt: Freunde sollen nichts tun, was neuen Druck erzeugt. Sozialpädagogin Tanja Grundmann erklärt für SWR3: „Menschen in toxischen Beziehungen stehen so unter Druck, die können nicht mehr. Und neuer Druck ist weder richtig noch ist er hilfreich.“ Sätze wie: ‚Du bist ja bescheuert, warum lässt du das mit dir machen?‘ oder ‚warum hast du das mit dir machen lassen?‘ seien kontraproduktiv. Wichtig für Freunde ist es zu verstehen:

Menschen in toxischer Beziehung haben gar nichts mit sich machen lassen. Das ist mit denen passiert.

Und diese Aussage sei extrem wichtig: Denn die Selbstbezichtigung „Ich bin schuld“ sei am allerschlimmsten für Betroffene. Grundmann empfiehlt:

Als Freund geht es erst mal darum, das Leiden des anderen zu verstehen und ihm dabei zu helfen, ehrlich zu sich zu sein. Alles was Druck nachlässt, gibt wieder Kraft. Alles, was neuen Druck erzeugt, laugt den Anderen neu und weiter aus und macht ihn noch fertiger und noch süchtiger nach dieser Beziehung.

Video: Wie toxische Beziehungen in Filmen romantisiert werden

After Love, Kissing Booth, Twilight, Fifty Shades of Grey, 365 Tage… Diese Filme haben alle etwas gemeinsam: Nicht nur, dass sie alle sehr erfolgreich sind, sie romantisieren auch toxische Beziehungen. Das, was in den Filmen eigentlich mega romantisch sein soll, wäre im echten Leben eher etwas creepy. Wie die Filme es schaffen, dass Dinge wie Entführung oder Stalking romantisch wirken, warum wir den „Bad Boys“ im Film quasi alles verzeihen und was die Beziehungen in diesen Geschichten so toxisch macht, darüber spricht Aurora im Youtube-Format Brust Raus.

Toxische Freundschaften – gibt es das auch?

Paartherapeut Christian Hemschemeier erläutert in einem Beitrag für das Redaktionsnetzwerk Deutschland, dass durchaus nicht nur Liebesbeziehungen toxisch sein können. Auch in Freundschaften kann es zu einem Ungleichgewicht kommen, das manipulative Züge hat und den gebenden Part massiv schädigen kann. Die Abläufe seien seiner Erfahrung nach allerdings etwas anders:

Ich würde behaupten, dass sich in Freundschaften toxische Muster erst sehr viel später zeigen als in Beziehungen. Durch die meist geringere Intensität verlangsamt sich die toxische Dynamik. Dennoch zeigt sich mit der Zeit, dass die freundschaftliche Beziehung ebenfalls nicht dazu beiträgt, sich gut zu fühlen.

Wie beende ich ein toxisches Verhältnis unter Freunden?

Er rät, Freunde direkt auf ihr Verhalten anzusprechen. Letztlich aber müsse man sich vermutlich selbst aus einer Freundschaft lösen, wenn Einseitigkeit, Manipulation oder auch emotionale Erpressung vorherrschten.

Wir müssen uns also auch in unseren Freundschaften fragen, worüber wir hinwegsehen können und was sich mit unserer Vorstellung von Freundschaft nicht vereinbaren lässt.

6 Songs über toxische Liebe und Narzissmus

Wer unter einer toxischen Beziehung leidet, fühlt sich oft allein und einsam. Tatsache ist: Es gibt viele Menschen, die solche Situationen bereits erlebt haben. Und auch viele, die sie überwinden konnten. Wer noch nicht bereit ist, sich darüber auszutauschen und die nächsten Schritte zu gehen, findet Verständnis möglicherweise in der Musik. Auch hier gibt es viele Songs, in denen die zerstörerische Form der toxischen Beziehung eine Rolle spielt.

1. Selena Gomez – Lose You To Love Me

In Lose You To Love Me erzählt Selena Gomez die Geschichte einer Beziehung, die erst einmal traumhaft begann und in der sie sich schließlich selbst verlor. Sie muss sich freikämpfen, um wieder zu sich selbst zurückzukommen. Ein schwieriger Weg, den viele Menschen vor sich haben, sie in einer toxischen Beziehung leben. Aber am Ende kann es gelingen!

I saw the signs and I ignored it. Rose-colored glasses, all distorted. Set fire to my purpose. And I let it burn.

2. LEA – Leiser

Sängerin LEA hat in ihrem Song Leiser eine Beziehung verarbeitet, die dazu führte, dass sie sich selbst fremd und immer stiller wurde. In diesem Song sind es die Freunde, die auf die Veränderung aufmerksam gemacht haben. Ein wichtiges Warnsignal auch im echten Leben.

Alle meine Freunde fragen, ob ich glücklich bin. Weil ich leiser bin. Leiser, seit ich bei dir bin.

3. Casper feat. Haiyti – Mieses Leben / Wolken

Mit toxischen Beziehungen haben sich auch Casper und Haiyti befasst. Wie es sich für den Indie-Rapper gehört: ungeschönt und mit einer ordentlichen Portion „in-your-face“-Lyrics, die Menschen, die unter einer toxischen Beziehung leiden, vermutlich gut nachempfinden können:

Du bist mein Ketamin, mein Heroin. Immer zwischen Gift und Medizin.

4. Eminem feat. Rihanna – Love The Way You Lie

Eine auch von Gewalt geprägte Art der giftigen Beziehung, von der aber beide Partner dennoch nicht ablassen wollen, beschreiben Eminem und Rihanna in ihrem Duett Love The Way You Lie. Gleichermaßen feurig wie dramatisch.

„Wait! Where you going?“ – „I'm leaving you“ – „No you ain't, come back!“ We're running right back, here we go again.

5. Alanis Morissette – Narcissus

In ihrem eher unbekannten Song Narcissus erzählt Alanis Morissette von einem Mann, der sich nur für sich selbst interessiert und mit seinem Narzissmus einerseits Schaden anrichtet – andererseits aber doch eine besondere Anziehung auf sie hat.

Dear narcissus boy, I know you've never really apologized for anything. I know you've never really taken responsibility, I know you've never really listened to a woman.

6. Imagine Dragons – Next To Me

Eine große Liebesgeschichte, treu auch in den schlimmsten Zeiten – oder doch eher die Perspektive eines ziemlich kaputten Typen, der seiner Frau alles zumutet und die es nicht schafft, sich von ihm zu lösen? Das ist bei den Imagine Dragons in Next To Me nicht ganz klar. Dass es aber wohl nicht gerade beidseitig die große Lovestory ist, hat die Band auch im Video-Clip eindrucksvoll umgesetzt. Ein Stück Musik wie ein Kino-Drama in 11 Minuten:

Beratungsstellen und Hilfsangebote

  • Profamila bietet Beratung für schwierige Situationen in der Beziehung an. Du kannst dich online melden oder eine Beratungsstelle in deiner Nähe aufsuchen.
  • Familien- und Lebensberatung für Menschen, die in ihrer Beziehung verzweifeln, gibt es auch bei der Caritas. Es gibt Einzel- und Paarberatungen, online sowie vor Ort.
  • Beratungsangebote stellt auch die katholischen Kirche. Hier kannst du online eine Beratungsstelle in deiner Nähe finden.
  • Ehe- und Paarberatung bietet bundesweit auch die Diakonie.
  • Bei der Telefonseelsorge kannst du rund um die Uhr mit Experten sprechen, die dich fachkundig beraten.
  • Insbesondere, wenn auch körperliche Gewalt im Spiel ist, können sich Betroffene an den Weißen Ring wenden – hier gibt es ein umfassendes Angebot zur Beratung und Unterstützung speziell für Opfer häuslicher Gewalt.

Während der Pandemie sind soziale Kontakte stark eingeschränkt und einige Anlaufstellen für häusliche Gewalt eventuell...Posted by SWR3 on Monday, January 18, 2021

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