Stand

Von Autor/in Sebastian Lehmann, Steffen Auer

Das eigene fortgeschrittene Alter bemerkt man zuverlässig, wenn man sich über neue Dinge aufregt, die eigentlich gar nicht mehr so neu sind.

Zum Beispiel beschweren sich immer noch Menschen über Facebook. Oder sogar über das Internet an sich. Wahrscheinlich trifft sich irgendwo in der Sächsischen Schweiz sogar noch eine Widerstandsgruppe gegen Festnetztelefone: „Wir brauchen hier nicht diese modernen Telefone der Bill-Gates-Weltverschwörung. Wenn wir mit jemanden Kontakt aufnehmen wollen, verbrennen wir im Vorgarten ein paar Autoreifen und senden ein Rauchsignal.“

Leider bin ich inzwischen auch alt und rege mich über TikTok auf. Was ist das überhaupt? Ich habe keine Ahnung. Kinder, leicht bekleidete Jugendliche und leider meistens noch leichter bekleidete Erwachsene laden Tanzvideos von sich hoch, glaube ich. Und es kommt aus China. Deswegen machen sich viele Sorgen, weil die TikTok-Nutzer ausspioniert und zensiert werden könnten. Das wäre ja ein Skandal! Überwachung im Internet. Datensammlung und Löschen unliebsamer Inhalte. Das kommt ja sonst auf allen anderen Websites und bei Google oder so gar nicht vor! Das müssen diese Chinesen erfunden haben. Wahrscheinlich zusammen mit dem russischen Geheimdienst NSA. Oder kam der aus einem anderen Land?

Einmal habe ich versucht bei TikTok ein Tanzvideo zu „Für Elise“ hochzuladen. Im Video stand ich einfach bewegungslos vor der Kamera rum. Aber irgendwie klappte es nicht. Plötzlich kam ich mir wie mein Vater vor, damals in den 90er Jahren, als er vergeblich versuchte, den Videorekorder zu programmieren, um „Wetten, dass…“ aufzunehmen. Ich gab auf und postete auf Facebook, dass TikTok voll blöd ist. Das erste Like kam von meinem Vater. Ich weiß, dass ich nicht alles schlecht machen sollte, was die junge Generation gut findet. Schließlich war ich auch mal jung. Damals protestierte ich lautstark als jugend- und trommelfellschädliche Walkmans beim Landschulaufenthalt verboten waren. Ich setzte außerdem zuhause bei meinen Eltern durch, dass das Festnetztelefon ein längeres Kabel bekam, damit ich ungestört in meinem Zimmer telefonieren konnte.

Moderne Technik. Aber ich kann nicht anders, ich muss rummotzen. TikTok macht mich wahnsinnig. Beschäftigt euch mal mit was Sinnvollem! Lest ein Buch. Am besten eins von meinen. Und hört auf in der Öffentlichkeit zu tanzen. Das stört mich. Ich kann mich nicht mehr so geschmeidig bewegen und möchte nicht ständig an mein fortgeschrittenes Alter erinnert werden. Danke! Jetzt gehe ich erstmal in meinen Vorgarten und verbrenne ein paar Autoreifen. Mal sehen, ob heute endlich mal jemand antwortet.

Podcast-Kolumne Sebastian Lehmann – Elternzeit

Sebastian Lehmann, in Freiburg geboren, lebt in Berlin. Seit über zehn Jahren schreibt er Kurzgeschichten über Themen wie Langeweile, Apokalypse, Jugendkulturen, Kapitalismus und Elche (!!!). Er liest sehr erfolgreich auf Poetry Slams in ganz Deutschland und bei der Lesebühne Lesedüne in Kreuzberg. Hauptthema: Seine Jugend und die Beziehung zu seinen Eltern.

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