Polizei in Bayern „zieht blank“ – so heißt das Video, das die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPoIG) am 1. April auf ihren Social-Media-Kanälen gepostet hat und das gerade für einige Schlagzeilen sorgt. Weiter heißt es: „Der schlechteste Aprilscherz aller Zeiten“.
Noch im Streifenwagen gibt es ein kurzes Gespräch zwischen der Polizistin und dem Polizisten (die beide sind keine Polizeibeamten, sondern Schauspieler):
„Und, wie lang wartest du schon?“
„Vier Monate, du?“
„Sechs Monate. Ich hab's so satt.“
„Man könnte meinen, es wär' ein Aprilscherz!“
Dann steigen beide aus dem Auto aus, setzen ihre Uniformmützen auf und treten hinter den Autotüren hervor ... statt einer Uniformhose tragen die beiden lediglich Unterhosen.
Video: Warum war die Polizei ohne Hose unterwegs?
Warum die ganze Aktion? Die Polizeigewerkschaft will damit auf die Lieferengpässe bei der Dienstkleidung der bayerischen Polizei aufmerksam machen. Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft Bayern, Jürgen Köhnlein, sagte dazu: „Leider kein Aprilscherz und uns ist auch gar nicht zum Lachen.“ Mittlerweile könne die Polizei in Bayern nicht mehr „mit einer anständigen Uniform“ ausrücken. Ihm zufolge seien derzeit 21 Uniformteile nur mit Wartezeiten von mehreren Monaten lieferbar – oder gar nicht.
Jürgen Köhnlein: Mussten zum Glück noch niemanden „blank“ auf die Straße schicken
Vor allem Hemden und Hosen würden fehlen, sagt Jürgen Köhnlein im SWR3-Interview. Es habe bisher zwar noch niemand ohne Hose auf Streife gehen mussen, die Lage sei aber durchaus ernst. Zudem würde es niemandem nutzen, wenn im Sommer die Wollmützen geliefert werden, die die Polizei im Winter dringend gebraucht hätte.
Als Grund für den Lieferengpass heißt es aus dem bayerischen Innenministerium: Fachkräfte- und Materialmangel bei den Herstellern. Der habe in der Corona-Krise angefangen, durch den Ukraine-Krieg sei es aber schlimmer geworden.
Zudem gebe es sehr große Bestellmengen, erklärt Köhnlein im Interview. Denn die Polizei in Bayern habe knapp 45.000 Beschäftigte – 37.000 seien davon Uniform-Träger.
Fehlende Uniformen bei der Polizei: Tauschen, flicken, reparieren
Um nicht in absehbarer Zeit ohne Hosen dazustehen, musste sich die Polizei kreative Lösungen einfallen lassen, erzählt Köhnlein bei SWR3. Die Kolleginnen und Kollegen würden innerhalb der Dienststellen in Bayern tauschen, oder selbst flicken und reparieren. Was nicht gehe: Tausch der Uniformen zwischen verschiedenen Bundesländern. Da die Polizei Ländersache sei, habe die Polizei in Bayern andere Uniformen als beispielsweise in Bremen.
Das könne alles aber keine Dauerlösung sein, so Köhnlein. Gerade für neue Polizistinnen und Polizisten sei die Situation schwierig, da diese noch keine kompletten Uniform haben. Eine Uniform sei auch ein Zeichen der Wertschätzung – für die Neueingestellten, aber auch für Wechsler beispielsweise von der Kriminal- zur Schutzpolizei.
Weitere Lösung: Neues Logistikzentrum für Polizei in Bayern
Das bayerische Innenministerium will bis 2030 ein neues Logistikzentrum in der Stadt Hof bauen lassen, damit sich die Polizei wieder selbst um ihre Uniformen und deren Beschaffung kümmern kann. Aktuell beziehe die bayerische Polizei ihre Dienstkleidung noch über das Logistikzentrum Niedersachsen, ab frühestens 2027 soll sich das ändern.
Für das Innenministerium seien die Lieferengpässe bei Uniformteilen „ein großes Ärgernis“. Und doch heißt es von dort: Die Lieferrückstände seien bei einzelnen Teilen „weitestgehend abgebaut“.
Polizeigewerkschaft fordert schnelle Lösung, keine Verwaltung
Die DPoIG sieht das anders: Das Innenministerium würde den Mangel bei der Dienstkleidung nur verwalten und immer wieder beschwichtigen. Köhnlein von der Polizeigewerkschaft sagt daher klar: „Wir fordern hier eine schnelle Abhilfe und nicht nur eine Verwaltung.“ Köhnlein gibt zu bedenken, was gerade bei Berufsanfängern für ein Eindruck entsteht, wenn man sie nicht vollständig einkleiden könne und sie in „Räuberzivil“ ihre Ausbildung absolvieren müssten.