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Kira Urschinger
Kira Urschinger (Foto: SWR3)

Am Anfang dreht sich für junge Eltern natürlich alles ums Kind und das ist auch okay. Aber wie schaffen wir es, da noch ein Liebespaar zu bleiben und auch für uns selbst zu sorgen?

Die Geburt verändert die Partnerschaft der Eltern

Eine Schwangerschaft ist schon eine sehr intensive Zeit für ein Paar – und dann ist der Nachwuchs endlich da. Natürlich dreht sich für Eltern da erst einmal alles um das Baby – und das ist auch völlig okay! Als Paar muss man sich jetzt ja auch erst einmal auf eine völlig neue Lebenssituation einstellen – von den Anstrengungen und Herausforderungen einer Geburt mal ganz abgesehen, von der sich beide ja auch erholen müssen.

Ganz wichtig ist in dieser Phase also auch, dass keiner zu viel vom anderen oder sich selbst erwartet – bitte nicht unter Druck setzen lassen. Es ist, wie es ist. Und das ist vermutlich in den meisten Fällen genau so auch richtig.

Keine Lust auf Sex nach der Geburt? Das ist normal!

Ein Thema, von dem sich viele unter Druck setzen lassen, ist Sex – und die Tatsache, dass es sich oft auch völlig unbegründet gleich nach einem Problem anfühlt, wenn der zu lange ausbleibt. Paar- und Sexualterapeutin Julia Henchen hat eine Praxis in Tiefenbronn in Baden-Württemberg und würde insbesondere das Thema Sex nach der Geburt erst einmal ganz beruhigt nach hinten zu schieben. Denn keine Lust zu haben, ist erst einmal total normal und auch sinnvoll. Der Körper der Frau ist auch erst einmal mit der Rückbildung beschäftigt – ein Kind auf die Welt gebracht zu haben, hinterlässt schließlich auch Spuren.

Mehr dazu gibt es hier bei uns:

Das kennen übrigens auch Stars wie Ed Sheeran und sprechen offen darüber:

Wie lange bleibt die Lust auf Sex bei Eltern aus?

Die Zeit, in der schlicht gar keine Lust auf Sex da ist, kann unterschiedlich lang sein – da ist es also auch nicht gut, sich zu fragen, wie es eigentlich sein müsste oder sollte.

Es ist normal, dass nach der Geburt ein bis zwei Jahre keine Lust besteht“, beruhigt Henchen im SWR3-Interview. Studien belegen, dass dies auf die Mehrheit der Eltern zutrifft. Interessanterweise gibt es sogar Forschungsergebnisse, die nahelegen, dass insbesondere glückliche Paare nach einer Geburt sehr wenig Sex haben. Vielleicht also darüber auch einfach mal freuen – es könnte tatsächlich ein gutes Zeichen sein.

Beziehungskrise nach der Geburt? Nicht vergleichen!

Wenn zu wenig Sex aber ein großes Thema wird und zu einer Beziehungskrise führt, solltet ihr euch am besten nicht mit anderen Paaren vergleichen oder zu viele Ratgeber zu lesen. Denn tatsächlich ist es sehr individuell, wie sich die Leidenschaft entwickelt, wenn man gerade eine kleine Familie geworden ist. Die Expertin rät: „darüber sprechen und sich gegebenenfalls professionelle Hilfe in Form von Paar- und Sexualtherapie holen.

Die Paarbeziehung als Eltern zu pflegen, ist aktive Arbeit

Wichtig sei, dass sich Mama und Papa auf andere gemeinsame Aspekte des Paarseins konzentrieren:

  • gemeinsame Zeit
  • 💋
    generell Zärtlichkeit
  • ❤️
    ein liebevoller und wertschätzender Umgang miteinander
  • 🗨️
    Komplimente machen
  • 🎁
    dem anderen zwischendurch mal eine kleine Freude bereiten

... und auch das ist tatsächlich harte Arbeit in diesem neuen Alltag als frischgebackene Familie, in dem gemeinsame Zeit oder auch nur ausgeruhter Schlaf oft Mangelware sind. Die Expertin hält das dennoch für meist machbar und vor allem wichtig, um Beziehungskrisen vorzubeugen:

Eltern sein und Paar bleiben. Gar nicht so einfach, aber machbar. Das Wichtigste ist, dass ihr als Paar aktiv daran arbeiten, euch um eure Beziehung zu sorgen.

5 Tipps für Eltern, die auch noch ein Liebespaar bleiben wollen

Was können wir ganz konkret tun, um als Paar nach der Geburt des Kindes auch noch wirklich ein Liebespaar zu bleiben oder vielleicht auch ein bisschen nachjustieren, wenn es sich kurzzeitig gerade nicht mehr so anfühlt? Das Wichtigste, wir alle ahnen es, aber man kann es nicht oft genug sagen und selbstverständlich ist es eben nicht:

1. Redet miteinander! Nicht nur übers Kind!

Aus meiner Praxis kann ich sagen, dass eine fehlende Kommunikation sehr häufig das Grundproblem ist“, so Therapeutin Julia Henchen. Offen und ehrlich miteinander zu sein, auch mit den eigenen Sorgen, Ängsten und Unzufriedenheiten, ist wichtig. Also nicht denken „gerade sind andere Dinge wichtiger“, nur weil man jetzt Eltern ist. Es muss nicht immer nur ums Kind gehen. Nein, die eigenen Bedürfnisse bleiben weiterhin ein Thema, über das beide sprechen dürfen und für das sich Zeit einzuräumen lohnt.

Ihr solltet über eure Bedürfnisse, Erwartungen und Herausforderungen sprechen. Ich empfehle: regelmäßig darüber zu sprechen, um Verbindungen aufzubauen und in dieser zu belieben und keine Wut anstauen zu lassen.

2. Zeit zu zweit – gerne auch mit Termin

Henchen rät zu einer wirklich regelmäßigen „Paar-Zeit“ oder Date-Nights: „Hier helfen feste Termine im Kalender, ohne Ablenkungen durch die Elternrolle. Das kann ein Abendessen, ein Spaziergang oder ein gemeinsames Hobby sein.“ Das klingt natürlich leichter, als es ist. Der Stress des neuen Alltags ist für viele eine Belastung. Und ein Baby lassen Eltern auch nicht gleich allein bei der Oma – mal ganz abgesehen davon, dass nicht jeder Großeltern in Reichweite hat, die das mitmachen können. Wer es aber hinbekommt, sich ein bisschen freizuschwimmen für die Partnerschaft, kann als Paar von der Zeit zu zweit profitieren.

3. Das Kind gehört beiden – die zugehörigen Aufgaben auch

Die Zeit, als ein Elternteil noch zuverlässig zu Hause blieb, um sich im Zweifel jahrelang rund um die Uhr ausschließlich um das Kind zu kümmern, ist in den meisten Fällen vorbei. Viele Eltern wollen weiterhin arbeiten oder müssen es. Das bedeutet aber auch eine Doppelbelastung, die gut organisiert sein will. Wer kümmert sich wann ums Kind, wer macht die Einkäufe oder den Termin beim Arzt? Der Tipp der Expertin lautet daher:

Verantwortung für die Kinderbetreuung aufteilen ist wichtig, damit es euch beiden gut geht.

Sich gleichberechtigt Aufgaben aufzuteilen, hilft außerdem nicht nur bei der tatsächlichen Entlastung, sondern gibt auch das gute Gefühl der Unterstützung in der gemeinsamen Elternschaft.

4. Versucht, Konflikte gemeinsam konstruktiv zu lösen

Ja, es wird krachen zwischendurch. Allein schon wegen des Schlafmangels liegen die Nerven von Eltern ganz sicher mal blank und dann kann es natürlich auch zum Streit kommen. Egal, wie gut die Beziehung auch sein mag.

Konflikte sind unvermeidlich, aber auch hier gilt zu lernen, diese auf eine respektvolle und konstruktive Weise zu lösen. Vor allem nicht in der Gegenwart der Kinder übermäßige Konflikte austragen.

5. Zeit für sich selbst zu haben ist auch wichtig für Eltern

Eltern sind nicht nur Mama und Papa und Paare sind aber auch nicht nur ein „Wir“. Das „Ich“ zu pflegen und auch Zeit für sich selbst zu haben, ist laut Experten im Rahmen der Möglichkeiten weiterhin wichtig. Niemand muss sich komplett in der neuen Familie selbst auflösen, auch wenn es phasenweise sicherlich nicht an erster Stelle stehen wird, sich um sich selbst zu kümmern. Wenn das Bedürfnis aber da ist, dürfen auch Eltern dem nachgehen. Abende alleine oder mit Freunde – „gebt euch diese Freiräume“, sagt Expertin Henchen. Weitere Tipps, um auch sich in einer Partnerschaft selbst treu zu bleiben, könnt ihr hier finden:

Wo bleibt das „Ich“ im „Wir“? 5 Tipps, um dir selbst in der Beziehung treu zu bleiben

Wenn die Verliebtheitsphase vorbei ist, beginnt das Setzen von Grenzen. Wie schaffe ich es da, mir in einer Partnerschaft selbst treu zu bleiben?

Sommerradio SWR3

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